ADB:Spaun, Claus
Mich. Lindeners Rastbüchlein stimmt in allem Wesentlichen genau dazu; aber die naive Unbefangenheit, mit der S. ganz gewandt, ohne starkes Betonen des Schlüpfrigen den gewählten Stoff behandelt, zeigt, daß er ohne Gefühl für seine sittliche Rohheit nur einen lustigen Schwank zu berichten meint; für die Ehrlosigkeit der Schwäche, mit der der betrogene Hahnrei seinem grundgemeinen Weibe verzeiht, fehlte den weiten Kreisen im 15. Jahrhundert wohl überhaupt die Empfindung.
Spaun: Claus S. oder Span (der Reim: stân entscheidet bei der Mundart des Dichter nicht), Reimnovellist des ausgehenden 15. Jahrhunderts, bekannt auch durch zwei Handschriften mit Spielen und Sprüchen, die er 1494 und 1516 zusammentrug, nennt sich selbst in der Schlußzeile der einzigen Dichtung, als deren Autor wir ihn kennen. Diese, „ain gar schöner Spruch von aim, der soltt ain Doctor werden, wie er sein Geltt verthett“ weist durch ihre Mundart mit Sicherheit in schwäbisches Gebiet, aber nahe an die bairische Grenze, etwa nach Augsburg, wozu die Ueberlieferung in Holl’s Handschrift stimmt. In vollgebauten, aber nicht lästig überladenen Reimpaaren von weit überwiegend stumpfem Ausgang erzählt S. eine widerwärtige, schmutzige Ehebruchsgeschichte, deren abstoßende Wirkung für uns durch den versöhnenden Schluß nur abscheulich gesteigert wird. Sie ist freilich gewiß nicht Spaun’s Erfindung, die vierte Geschichte in- Erzählungen aus altd. Handschriften, gesammelt durch Ad. v. Keller S. 334 ff.