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Artikel „Soldan, W. G.“ von Georg Winter in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 556–557, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Soldan,_Wilhelm&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 23:58 Uhr UTC)
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Band 34 (1892), S. 556–557 (Quelle).
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Soldan: W. G. S., tüchtiger Pädagog und Historiker, entstammt einer alten hessischen Gelehrtenfamilie, war seit den dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts Gymnasiallehrer an dem großherzoglichen Gymnasium in Gießen, an welchem er bis kurz vor seinem Tode wirkte. Neben seiner amtlichen Thätigkeit widmete er sich mit großem Eifer und Erfolge geschichtlichen Studien, deren Ergebnisse er in einer Anzahl hervorragenderer Werke veröffentlichte. Am bekanntesten und verbreitetsten unter denselben ist seine „Geschichte der Hexenprocesse“, die sich noch heute, fast ein halbes Jahrhundert nach ihrer Entstehung, allgemeinen Ansehens unter den Gelehrten, wie infolge ihrer anregenden und formgewandten Darstellung auch unter den Laien erfreut. (1. Auflage Stuttgart 1843. Eine zweite Auflage wurde nach Soldan’s Tode von dessen Schwiegersohn Heppe vorbereitet; allein auch er starb vor der Vollendung der Neubearbeitung, so daß die neue Auflage von seiner Frau, Soldan’s Tochter Henriette, veröffentlicht werden mußte. 2 Bände 1880.) Das Werk behandelt mit großer Sach- und Quellenkenntniß die traurigen Erscheinungen des menschlichen Aberglaubens von Zauberei und Hexenwesen und hat zum ersten Male die Ansicht quellenmäßig begründet, daß dieser Wahn im Abendlande aus orientalischen Quellen erwachsen sei. Diese Ansicht ist mit einer Belesenheit in den Quellen und überhaupt mit einer allgemeinen Gelehrsamkeit begründet, wie sie selten auf einen so speciellen Gegenstand verwendet worden ist. Auch die entlegensten Beweismittel hat der Verfasser herangezogen, und man wird sagen dürfen, daß trotz der massenhaften Veröffentlichungen archivalischen Stoffes, welche seit der ersten Auflage seines Werkes über diesen Gegenstand erschienen sind, dennoch die von ihm begründete Auffassung des Gegenstandes noch heute die Grundlage der weiteren Forschung bildet und nur in minder bedeutenden Einzelheiten widerlegt bezw. ergänzt worden ist. Zwei Jahre nach diesem Werke trat er mit einem anderen, zunächst in wesentlich polemischer Absicht verfaßten Werke („Dreißig Jahre des Proselytismus in Sachsen und Braunschweig. Mit einer Einleitung“. Leipzig 1845) hervor. Dasselbe war angeregt durch eine Arbeit Augustin Theiner’s, welcher aus der Geschichte einiger Bekehrungen deutscher protestantischer Fürsten zum Katholicismus, welche zu ihrer Zeit großes Aufsehen gemacht hatten, Capital schlug, um die Vorzüge der katholischen vor der evangelischen Kirche zu erweisen. Theiner war dabei in der Begründung seiner Ansicht mit den Quellen zum Theil sehr willkürlich umgesprungen, hatte z. B. eine 2 Jahre vor dem Uebertritt des Herzogs Anton Ulrich von Braunschweig-Lüneburg erschienene Schrift, in welcher die Vorzüge der katholischen Kirche vor jeder anderen dargethan wurden, dem Herzog selbst zugeschrieben, während sie nachweislich nicht von diesem stammte etc. In glänzender, zu einer neuen Darstellung des Gegenstandes auswachsender Polemik, bei der er sich namentlich auf eine von ihm im Wetzlarer Archiv gefundene neue Quelle stützte, widerlegte S. die Ansichten Theiner’s. Das Buch ist ein Muster der Verbindung einer schlagfertigen Polemik mit positiver Neuschöpfung. Nach der Vollendung dieser Arbeit widmete er sich 10 Jahre lang eindringenden Studien über die Geschichte des Protestantismus in Frankreich, aus denen sein im J. 1855 erschienenes Werk: „Geschichte des Protestantismus in Frankreich bis zum Tode Karls IX.“ 2 Bände, erwuchs. Endlich hat er noch in den Programmen des Gießener Gymnasiums eine Reihe localgeschichtlicher Forschungen, namentlich über die Geschichte des hessen-darmstädtischen Städtchens Alsfeld veröffentlicht. Auch an der politischen Entwickelung seines engeren Vaterlandes hat er sich als darmstädtischer Landtagsabgeordneter lebhaft betheiligt. Zur Ausübung seines Mandats wurde er zeitweilig, von Ostern 1867 an ständig von seiner amtlichen Thätigkeit beurlaubt. Am [557] 17. October 1868 in den Ruhestand versetzt, starb er am 16. Januar 1869 in Gießen.

Die biographischen Notizen nach Gießener Programmen.