ADB:Schultze, Christian Albert von
Schultze: Christian Albert v. S. (sen.), Forstmann, geb. am 23. März 1781 zu Harskirchen (im Fürstenthum Nassau-Saarbrücken), † am 20. Juli 1851 an einem Herzschlage zu Wildbad, wohin er sich zur Erholung begeben hatte. Seine Leiche wurde aber nach München übergeführt.
S. gehört mit zu den ausgezeichnetsten Forstbeamten des Königreichs Baiern. Unter den Stürmen der französischen Revolution als Sohn eines bürgerlichen Oberstlieutenants aufgewachsen, besuchte der reichbegabte und strebsame Knabe das Gymnasium zu Saarbrücken, worauf er sich dem Forstwesen widmete, in welchem er rasche und glänzende Carrière machte. Schon im 20. Lebensjahre (1801) wurde er als Förster zu St. Ingbert (in der bairischen Pfalz) angestellt; 1803 rückte er zum Oberförster und 1805 zum Forstinspector daselbst auf. Als 1807 das Königreich Westfalen ins Leben trat, verschafften ihm sein höheren Orts bald erkannter Scharfblick und seine Geschäftsgewandtheit eine Berufung als Unter-Generalinspector der Forste nach Kassel, um an der Ausarbeitung der dem neuen Königreiche zu gebenden Forstorganisation mitzuwirken. Diese Thätigkeit hatte sein Verbleiben in westfälischen Diensten – von 1808 ab als Generalforstinspector – zur Folge; 1811 wurde ihm zugleich das Amt eines Administrators der Kronjagden übertragen. Nach dem Zusammenbruche der Napoleon’schen Gewaltherrschaft (October 1813) berief ihn der Kurfürst von Hessen 1814 als Forst- und Kammerrath nach Hanau. S. trat jedoch diese Stelle gar nicht an, indem ihm das provisorische Generalgouvernement des Mittelrheins die Leitung der Forstverwaltung in den für Deutschland zurückeroberten Landestheilen jenseits des Rheins übertrug. Hierdurch kam er, da Baiern den damaligen Rheinkreis am 1. Mai 1816 in Besitz nahm, als Oberforstbeamter bestätigt, in bairische Dienste. Schon 1818 erfolgte seine Beförderung zum Regierungs- und Forstrathe bei der Regierung zu Speyer, aber nicht [732] lange sollte er hier verbleiben. Im December 1825 (oder Frühjahr 1826) berief ihn das Vertrauen des Königs zum Oberinspector der Forste und zugleich Ministerialrath in das Staatsministerium der Finanzen nach München, an die Seite des an der Spitze der bairischen Forstverwaltung stehenden Oberforstrathes v. Thoma. Er übernahm hier alsbald die Leitung des gesammten technischen Forstbetriebes, und nach Thoma’s Ableben (22. August 1849) trat er an dessen Stelle. Im J. 1832 war ihm – zugleich mit dem Kronenorden – der Adel verliehen worden, und an seinem 70. Geburtstage (1851) wurde er durch die Verleihung des Comthurkreuzes des Verdienstordens vom heiligen Michael geehrt.
Schon in seinen früheren dienstlichen Stellungen hatte sich S. durch hervorragende Leistungen auf forstpraktischem Gebiete ausgezeichnet. Seine Stärke lag namentlich in einem eminenten organisatorischen Talente. Er erkannte vermöge seines trefflichen Urtheils alsbald nach seinem Eintritte in ein neues Amt, wo es fehlte, wo etwas zu verbessern war und fand binnen kurzem auch die richtigen Mittel zur Abhülfe. Die größten Verdienste hat er sich aber während seiner langjährigen Thätigkeit als Directionsbeamter um die bairische Forstverwaltung erworben. Es ist nicht zu viel gesagt, wenn man ihn mit zu den Männern rechnet, welche den Grund zu der Blüthe des bairischen Forstwesens gelegt haben. Es würde zu weit führen, hier alle die segensreichen forstlichen Maßregeln zu verzeichnen und die vorzüglichen Einrichtungen einzeln aufzuführen, welche er ins Leben rief; zudem ist ja ein großer Theil der letzteren durch die neueste Forstorganisation überholt worden. Jedoch sollen wenigstens die Hauptrichtungen kurz angedeutet werden, auf welche sich seine großartige Thätigkeit erstreckt hat; diese sind das Forsteinrichtungs-, Cultur- und Rechnungswesen.
Der Forsteinrichtung gab er durch Aufstellung localer, den jeweiligen Verhältnissen angepaßter Wirthschaftsregeln eine von persönlichen Absichten unabhängige rationelle Grundlage und planmäßige Richtung. Der betreffenden Instruction vom 30. Juni 1830, welche das Verfahren (ein combinirtes Fachwerk) und den formellen Gang der Forsteinrichtungsgeschäfte feststellte, folgte behufs einheitlicher Durchführung derselben die Gründung eines besonderen Forsteinrichtungsbüreaus, welchem er mit unermüdlicher Thätigkeit bis an sein Lebensende vorstand. Durch die Aufstellung von Vorschriften über die Ausführung der periodischen Waldstandsrevisionen vom 20. April 1849 wurde diesen eine feste Basis gegeben, und die Aufstellung von Normen über die Führung der Wirthschaftskontrolbücher vom 5. Juli 1855 vervollständigte das treffliche Werk. Das Betriebsregulirungsgeschäft nahm unter seiner Aegide einen so erfreulichen Fortgang, daß bei seinem Tode die Vorarbeiten der Waldertragsregelung in sämmtlichen bairischen Staatswaldungen durchgeführt und nahezu zwei Drittheile derselben als vollständig eingerichtet zu betrachten waren. – Den Forstculturen verschaffte er einen geregelten und den Standortsverhältnissen entsprechenden Fortgang. Seine Fürsorge galt insbesondere der Erhaltung und Pflege der Laubhölzer, vor allem der Nachzucht der Eiche als der edelsten und gebrauchsfähigsten Holzart. Auch das Etats- und Forstrechnungswesen erhielt unter seiner Verwaltung eine zweckentsprechende Gestaltung. – Endlich muß er als der intellectuelle Urheber der bairischen Massentafeln bezeichnet werden, welchen Formzahlermittlungen an 40 220 Stämmen zu Grunde liegen.
- Monatschrift für das württembergische Forstwesen II. 1851, S. 247 (Todesfall). – Allgemeine Forst- und Jagdzeitung 1851, S. 345 (Nekrolog, aus München). – Monatschrift für das Forst- und Jagdwesen 1875, S. 366 (enthält kurze biographische Notizen bei Gelegenheit eines den Sohn betreffenden [733] Nekrologes). – Fraas, Geschichte der Landbau- und Forstwissenschaft, S. 598 und 616. – Fr. v. Löffelholz-Colberg, Forstl. Chrestomathie IV. S. 239, Bemerkung 974a. – Bernhardt, Geschichte des Waldeigenthums etc. II. S. 264, Bemerkung 40; III. S. 73 (Bemerkung 51), S. 266 und 293. – Heß, Lebensbilder hervorragender Forstmänner etc. 1885, S. 331.