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Artikel „Schott, Theodor“ von Rudolf Krauß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 167–170, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schott,_Theodor&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 06:29 Uhr UTC)
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Schott: Theodor Friedrich Sch., Bibliothekar und Schriftsteller, geboren am 16. December 1835 zu Eßlingen in Württemberg. Sein Vater, Pupillenrath, und seine Mutter, geb. Kapff, stammten beide aus angesehenen [168] altwürttembergischen Beamten- und Theologenfamilien. Theodor erhielt seine erste humanistische Ausbildung durch das Pädagogium seiner Vaterstadt und wurde dann in das niedere evangelische Seminar Blaubeuren aufgenommen. Seit 1853 studirte er im Tübinger Stift Philosophie und dann Theologie. Die weltbekannte Anstalt drückte seinem Geist ihr Gepräge auf Lebenszeit auf. Er schloß sich als Student der in religiöser und politischer Hinsicht streng conservativen Verbindung „Staufia“ an. Nach glücklich bestandener Prüfung amtete er zwei Jahre als Vicar in Bopfingen (im württ. Oberamt Neresheim) und Köngen (im Oberamt Eßlingen) und wurde 1859 Lehrer an der damals hochgeachteten Erziehungsanstalt Hofwyl bei Bern. Hier erwachte der wissenschaftliche Sinn in ihm. 1861 hielt er sich drei Monate in Paris auf, wo er den Grund zu seinen Kenntnissen in der französischen Reformationsgeschichte legte. In die Heimath zurückgekehrt, versah er noch einmal vorübergehend ein Pfarrvicariat (zu Neuhausen a. d. Erms im Oberamt Urach), fand hierauf Verwendung als Religionslehrer am Stuttgarter Gymnasium und erhielt im Frühjahr 1867 die Pfarrei in der Stuttgarter Vorstadt Berg definitiv übertragen. Mit Hingabe lag er seinem geistlichen Berufe ob und widmete seine Fürsorge nicht zuletzt dem Volksschulwesen. Lange Jahre hatte er daneben die Großfürstin Wera von Rußland, die Adoptivtochter der Königin Olga von Württemberg, zu unterrichten. In das Berger Pfarrhaus führte er als Gattin Klotilde Elben, die Tochter eines Medicinalraths in Stuttgart; der Ehe ist ein Sohn entsprossen.

1873 wurde Sch. Bibliothekar an der kgl. öffentlichen Bibliothek (jetzt: Landesbibliothek) in Stuttgart mit dem Titel eines Professors, in welcher Stellung er den Rest seines Lebens verbrachte. Die beiden Hauptaufgaben, die er neben der Führung des Buchhändlerbuches hier bewältigte, waren die Revision der umfangreichen Bibelsammlung und die Anfertigung eines dreizehnbändigen Sachkatalogs der Kirchengeschichte. Nach der 1883 bewerkstelligten Uebersiedlung in den Neubau erhielt er die Berathung des Publicums im Katalogsaale übertragen. Jetzt war er so recht in seinem Elemente. Dieser Theil seines Amtes war ihm nicht sowohl Pflicht als Bedürfniß. Mit nie ermattendem Eifer, mit fabelhafter Zuvorkommenheit leistete er Tausenden wissenschaftliche Hülfe, wobei ihm seine umfassenden bibliographischen und allgemeinen Kenntnisse zu statten kamen.

Neben seiner Berufsthätigkeit fand der fleißige Mann noch Zeit zu ausgedehnter litterarischer Wirksamkeit. Seine Specialität war die französische Reformationsgeschichte, zu deren besten deutschen Kennern er gehörte. Daneben liefen sonstige kirchenhistorische Arbeiten, Publicationen aus dem Bereiche der württembergischen Landeskunde, der allgemeinen Geschichte und Geographie. Mit mehr wissenschaftlich gehaltenen Schriften wechselten solche, in denen er seine Kenntnisse in populärer Form weiteren Kreisen zu vermitteln suchte. Allen seinen Veröffentlichungen, so verschieden sie sonst an Bedeutung sein mögen, eignet Gemeinverständlichkeit und flüssige Darstellung. Doch war der künstlerische Sinn bei ihm nicht so stark wie der wissenschaftliche entwickelt.

Den Reigen seiner selbständigen Werke eröffnete „Savonarola. Ein Lebensbild aus Italien“ (Stuttgart 1871, Deutsche Jugend- und Volksbibliothek Nr. 33). 1875 gab er in Verbindung mit Ed. Kausler den Briefwechsel zwischen Christoph, Herzog von Württemberg, und Petrus Paulus Vergerius heraus (Bibliothek des Litterarischen Vereins in Stuttgart CXXIV). Im selben Jahre erschien aus seiner Feder „Das Jahrhundert der Entdeckungen in Biographien für die gebildete Jugend“. Zur Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge (Nr. 308) steuerte er „Columbus [169] und seine Weltanschauung“ bei. Zwei ähnliche Schriften folgten: „Blücher. Ein Charakterbild“ und „Elisabeth Charlotte, Herzogin von Orleans. Eine deutsche Prinzessin am französischen Hofe“ (Sammlung von Vorträgen, hrsg. von W. Frommel und Fr. Pfaff, IV, 5 und V, 5; Heidelberg 1880 bezw. 1881). Als Festgabe zum Lutherjubiläum am 10. November 1883 gab er im Auftrage der priv. württ. Bibelanstalt das wiederholt aufgelegte Buch: „Dr. Martin Luther und die deutsche Bibel“ heraus; 1884 ließ er den Vortrag: „Deutsche Fürsten im Zeitalter der Reformation“ drucken. Zu den Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte, unter dessen Begründer und Ausschußmitglieder Sch. gehörte, lieferte er zwei gewichtige Beiträge: „Die Aufhebung des Ediktes von Nantes im Oktober 1685“ (Nr. 10, Halle 1885) und „Die Kirche der Wüste 1715 bis 1787. Das Wiederaufleben des französischen Protestantismus im 18. Jahrhundert“ (Nr. 43/44, Halle 1893). Dazwischen fiel noch das volksthümliche Werkchen „Württemberg und die Franzosen im Jahre 1688“ (Württembergische Neujahrsblätter Nr. 5, Stuttgart 1888).

Außerdem stellte Sch. seine Feder in den Dienst der verschiedensten Sammel- und periodischen Druckwerke. Schon seit seiner Stuttgarter Lehrerzeit arbeitete er an der Herzog’schen Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche mit; er behandelte namentlich die Artikel zur französischen Reformationsgeschichte. Seine Forschungen zur württembergischen Geschichte und Culturgeschichte legte er in den Württembergischen Jahrbüchern für Statistik und Landeskunde, in den Württembergischen Vierteljahrsheften für Landesgeschichte und im Schwäbischen Merkur nieder, für welches Blatt er unter anderem bibliographische Uebersichten über die württembergische Litteratur jedes Jahres lieferte. Aus den Jahrbüchern ist die 1876 erschienene umfangreiche Untersuchung über die württembergische periodische Presse, aus den Vierteljahrsheften der im Jahrgang 1895 mitgetheilte Aufsatz „Württemberg und Gustav Adolf 1631 und 1632“ hervorzuheben. Die von der Stuttgarter Bibliothek der Universität Tübingen zu ihrer 4. Säcularfeier im J. 1877 dargebrachte Festschrift enthält eine Abhandlung Schott’s über „Herzog Ludwig von Württemberg und die französischen Protestanten in den Jahren 1568 bis 1570“. Ferner stattete er die Allgemeine Deutsche Biographie mit einer Anzahl Artikel aus. Auch zu dem „Daheim“ und andern Familienblättern steuerte er allerhand bei. Seit 1876 gab er das Allgemeine Kirchenblatt für das evangelische Deutschland heraus.

Wie Sch. als Schriftsteller ein entschiedener Vorkämpfer des Protestantismus war, so bethätigte er auch in mannichfacher öffentlicher Wirksamkeit seinen kirchlichen Sinn. Er war lange Zeit Mitglied des Pfarrgemeinderaths der Stuttgarter Hospitalkirche, gehörte 1888 als Abgeordneter von Sulz der vierten württembergischen Landessynode an. Für den Gustav-Adolf-Verein trat er mit dem regsten Eifer ein und saß im Ausschusse des württembergischen Zweigvereins. Auch bei der städtischen Armenpflege wirkte er mit und erwarb sich namentlich um den Verein für Knabenhorte Verdienste. Im Kriegsjahre 1870 hatte er in Berg einen Sanitätsverein gegründet. Ohne in das politische Leben aktiv einzugreifen, machte er doch keinen Hehl aus seinen conservativen Gesinnungen, die mit patriotischen Hand in Hand gingen; an nationalen Festtagen konnte man ihn wiederholt als Festredner hören.

An Ehrungen und Auszeichnungen hat es Schott’s Laufbahn nicht gefehlt. Er besaß württembergische und preußische Orden sowie mehrere Medaillen. 1894 ernannte ihn, der schon 1876 den philosophischen Doctorgrad erworben hatte, die Hallesche Theologenfacultät beim dortigen Universitätsjubiläum [170] zum Ehrendoctor. Im selben Jahre wurde er Ehrenmitglied des allgemeinen deutschen Hugenottenvereins. Endlich gehörte er der württembergischen Commission für Landesgeschichte als ordentliches Mitglied an.

Im Frühling 1897 wurde Sch. von einem scheinbar leichten Influenzaanfall heimgesucht. In der Folge stellte sich eine Blutzersetzung heraus, die zu qualvollem Leiden führte. Mit Pausen, die sogar zeitweise Wiederaufnahme des Amtes gestatteten, ging es langsam, aber unaufhaltsam dem Ende zu. Der Tod trat am 18. März 1899 ein.

Schwäbische Kronik vom 20. März 1899, Nr. 131 (Aug. Wintterlin). – Beilage zur Allgem. Zeitung 1899, Nr. 69. – Schwabenland 1899, Nr. 7. – Daheim 1899, Nr. 30, Beilage (mit Bild). – Biographisches Jahrbuch und Deutscher Nekrolog 4. Bd., S. 75–77 (R. Krauß). – Realencyklopädie für protestantische Theologie u. Kirche, 3. Aufl., 17. Bd. (Leipzig 1906), S. 751 f. (H. Hermelink).