ADB:Schmidder, Martin
Schmidder: Martin S. (Fabricius) aus Holtzwyler war als Schulmeister zu Sittart (Limburg) und Düren angestellt und veröffentlichte 1582 eine niederdeutsche Komödie, die uns nur in einer 1585 zu Berlin bey Nickel Voltzen erschienenen hochdeutschen Uebersetzung erhalten ist: „Das New Morgens Fell. Von der Frawen herschung, vnd gebiet der Weiber vber jhre Man.“ Es ist der nachmals durch Shakespeare geadelte Schwank von der Zähmung eines bösen Weibes, den S. hier nach einer niederländischen Posse, oft mit wörtlicher Ausnutzung derselben, zu einer lustigen, aber auch mit lehrhaften Moralbrocken reichlich aufgeputzten fünfactigen Schulkomödie ausgebaut hat. In der Vorlage empfängt die junge Frau Geertgen auf Veranlassung ihrer Mutter den heimkehrenden Ehemann mit zänkischen Worten; dieser sucht bekümmert bei seinem Nachbar Rath und prügelt seiner Anweisung gemäß die angeblich Kranke und wickelt sie nackt in die frische, gesalzene Haut eines schwarzen Pferdes (Moorkens Vel, in der englischen Ballade Morels skin), was dann auch die gewünschte Heilung herbeiführt. Der deutsche Schulmeister zerstört die Einheit der Wirkung, indem er zugleich zu steigern und zu verfeinern sucht. Er verfügt über den derben und anschaulichen Volkston, aber er kann sichs nicht versagen, seine Personen mit griechischen Namen zu benennen und auf den Stier des Phalaris anzuspielen. Er glaubt die grobe Kur, die übrigens hier von einem Arzte verordnet wird, durch einen ähnlichen Anschlag der Frau, die den trunken aus dem Wirthshause kommenden Mann mit Hülfe der Magd bindet und durchwalkt, motiviren zu müssen, läßt jedoch die beiden Prügeleien hinter der Bühne vor sich gehen. Der bösen Schwiegermutter sind einige gleichgesinnte Weiber zur Seite gestellt, die in einem aristophanischen Auftritte die Emancipation ihres Geschlechtes beschließen, obschon eine besonnene Freundin in dürrem Predigtton abräth. Zwei Teufel leiten nach der Weise des protestantischen Dramas die Intrigue ein und müssen schließlich mit langer Nase abziehen. Wenn der zerbläute Ehemann verzweiflungsvoll klagt: „O Gott, o Himmel, o Sonn, o Mon! O spalt dich, Erd, lüß mich vergon!“ so wirkt dies komisch, aber schwerlich war dies die Absicht des Dichters. – Einige Jahre zuvor hatte S., wie er im Votworte erzählt, eine geistliche Comödie von den zwei Wegen, die zur Verdammniß und zum Leben führen, verfaßt und aufgeführt.
- [700] Seelmann, Mittelniederdeutsche Fastnachtspiele 1885 S. XIV f. – Kalff, Niederdeutsches Jahrbuch 11, 143 f. – Bolte und Seelmann, Niederdeutsche Schau- und Zwischenspiele 1891.