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Artikel „Schechner, Jörg“ von Gustav Roethe in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 653–654, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schechner,_J%C3%B6rg&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 04:50 Uhr UTC)
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Schechner: Jörg S., Nürnberger Meistersänger, über dessen bürgerlichen Beruf mir nichts bekannt ist; auch Schedner nennt ihn die Ueberlieferung, doch ist dieser Name schlechter bezeugt. Seine datirten Gedichte reichen vom 28. Februar 1535 bis zum 6. September 1548; der Höhepunkt seiner Fruchtbarkeit waren die Jahre 1543 und 1544. S. begann, wie so viele, mit religiösen Dichtungen, deren höchster Ehrgeiz es war, möglichst wörtliche Versificationen der Luther’schen Bibelübersetzung zu liefern; doch hat S. diesem Bestreben zu Liebe Vers und Sprache weniger mißhandelt, als die Mehrzahl seiner Genossen. Bald drängen weltliche Stoffe die engherzige Beschränkung auf die Bibel zurück; S. erzählt Novellen des Boccaccio, heimische Thierfabeln und Anekdoten aus der alten Geschichte, warnt vor Trunkenheit und lehrt Kindererziehung; er liebt für Lehre und Erzählung besonders die stilistische Form der Triaden, die seinen mit verschwindenden Ausnahmen dreistrophigen Baren trefflich gemäß war. Der [654] meisterlichen Neigung zu technischen Spielereien hat er in einer Equivoca gehuldigt. Den dreißigreimigen Meisterton, durch dessen Erfindung S. nach Schulbrauch die Meisterschaft bethätigen mußte, nannte er ‚rayfige Freudweiß‘; auch Hans Sachs hat diese Form nicht verschmäht.

Ms. germ., Berl., Fol. 23. – Dresdener Hs. M 8. – Gedichte Schechner’s sind abgedruckt von W. Grimm in der Zeitschrift f. deut. Alterth. X, 307, und in den Abhandlungen der königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 1855, S. 24.