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Artikel „Scharnhorst, Wilhelm von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 597–598, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Scharnhorst,_Wilhelm_von&oldid=- (Version vom 25. April 2024, 00:14 Uhr UTC)
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Scharnhorst: Wilhelm v. S., preußischer General der Infanterie, der älteste Sohn des Generals Gerhard v. S., am 16. Februar 1786 zu Hannover geboren und nach seines Vaters Uebertritt in den preußischen Dienst auf dem Gymnasium zum Grauen Kloster zu Berlin unterrichtet, studirte die Rechte und brachte die Zeit der Kriegsjahre 1806 und 1807 auf Universitäten zu, entschloß sich dann Soldat zu werden, trat 1808 beim Brandenburgischen Husarenregiment ein, that auch bei der Artillerie Dienst, verließ aber 1809 die Reihen des preußischen Heeres und ging nach England, wo die Kameraden seines Vaters aus der hannoverschen Zeit in der englisch-deutschen Legion den Unterdrückern Deutschlands gegenüberstanden. Er wurde am 21. November 1809 zum Secondlieutenant in der Artillerie dieses Corps ernannt und nahm mit dieser, zu Anfang des Jahres 1811 in Lissabon eingetroffen, unter den Befehlen des späteren Generals Sir Julius Hartmann (s. A. D. B. X, 688) bis Anfang 1813 an den Kämpfen auf der Pyrenäischen Halbinsel theil, focht in der Schlacht bei Albuera (16. Mai 1811) und bei Salamanca, wo er durch eine am 20. Juli 1812 erhaltene Verwundung die Sehkraft eines seiner Augen verlor, und nahm an den Belagerungen von Ciudad-Rodrigo und von Badajoz theil. Er erwarb sich hier den Ruf eines tüchtigen und einsichtigen Officiers. Als der Befreiungskampf in Deutschland anfing, begab er sich auf den Wunsch seines Vaters und mit Genehmigung des Herzogs von Wellington, ohne aus der Legion auszuscheiden, nach dem dortigen Kriegsschauplatze, traf kurz vor der Schlacht von Groß-Görschen (2. Mai 1813) beim preußischen Heere ein und wurde dem Stabe Blücher’s zugetheilt, welchem er bis zum Friedensschlusse angehörte. Auch hier zeichnete er sich durch Umsicht, Zuverlässigkeit und ruhige Entschlossenheit vielfach rühmlichst aus. Dann kehrte er zu seinen Waffengefährten der Legion, welche inzwischen nach den Niederlanden gekommen war, zurück; bei Wiederausbruch der Feindseligkeiten im J. 1815 aber sandte ihn Wellington in das Hauptquartier von Blücher, „auf daß er mit seinen Landsleuten kämpfe“. Als Anfang 1816 die Legion aufgelöst war, trat S. in preußische Dienste, kam zum Generalstabe, zuerst nach Coblenz, dann nach Berlin und verheirathete sich im August 1818 mit der Tochter Gneisenau’s, Agnes, welche ihm 1822 durch den Tod entrissen ward. Er diente dann abwechselnd im Generalstabe und in der Artillerie; zweimal war ihm noch vergönnt, an kriegerischen Ereignissen theil zu nehmen. Zuerst 1831, wo er mit Erlaubniß König Friedrich Wilhelm’s III. nach den Niederlanden ging und in der Umgebung des Prinzen Friedrich von Oranien an dem Feldzuge gegen die Belgier theil nahm; dann 1849, wo er im Kampfe gegen die badischen Aufständischen die Artillerie befehligte. Dort griff er namentlich in dem Treffen bei Hasselt (6. August 1831) ein; hier war er besonders vor Rastatt thätig. 1850 nahm er aus Gesundheitsrücksichten den Abschied, verlegte seinen Wohnsitz von Coblenz, wo er zuletzt als Artillerieinspecteur in Garnison gestanden hatte, nach Berlin und starb infolge eines Schlaganfalles am 13. Juni 1854 im Bade Ems. Mit dem überlebenden seiner beiden Söhne erlosch der Mannesstamm seines Geschlechts. General v. S. hatte von seinem Aufenthalte im Auslande und aus seiner Dienstzeit in der Legion eine große Vorliebe für die englischen Verhältnisse und Eigenthümlichkeiten in die Heimath zurückgebracht, wodurch er in mannichfachen Gegensatz zu den hier herrschenden Anschauungen und zu seinen Kameraden gerieth; letztere tadelten den zu geringen Werth, welchen er auf äußere Formen legte und die Abneigung, welche er gegen schriftliche Dienstarbeiten äußerte. England sah er [598] noch einmal wieder, als ihn König Friedrich Wilhelm IV. 1852 zur Beisetzung des Herzogs v. Wellington dorthin sandte. S. hinterließ eine bedeutende Landkartensammlung, welche in den Besitz des preußischen Großen Generalstabes überging.

Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und Geschichte des Krieges, 91. Bd., 5. Heft, Berlin 1854.