ADB:Roloff, Friedrich Heinrich

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Artikel „Roloff, Friedrich Heinrich“ von Otto Bollinger in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 94–95, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Roloff,_Friedrich_Heinrich&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 19:16 Uhr UTC)
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Roloff *): Dr. Friedrich Heinrich R., Geheimer Medicinalrath, Professor und Director an der k. Thierarzneischule in Berlin, Mitglied des Reichsgesundheitsamtes, geboren als Sohn eines Landwirthes und Mühlenbesitzers am 19. Mai 1830 in Badersleben in der preußischen Provinz Sachsen; † am 22. December 1885 in Berlin. R. studirte von 1847–1851 Thierheilkunde in Berlin und war zunächst 11 Jahre (1851–1862) an verschiedenen Orten in Preußen als praktischer und amtlicher Thierarzt thätig. Im J. 1862 wurde R. als Repetitor und klinischer Assistent an die Berliner Thierarzneischule berufen und blieb in dieser Stellung bis zum Jahre 1865. Diese Zeit benützte R. gleichzeitig zu gründlichen Studien und namentlich auch zum Besuche von Vorlesungen und Cursen an der Universität bei Frerichs und Virchow. – 1865 folgte R. einem Rufe als Docent an das landwirthschaftliche Institut der Universität Halle und promovirte auf Grund einer Dissertation: „Ueber den Instinct der Thiere“. Ende 1866 wurde R. zum außerordentlichen Professor an der Universität Halle ernannt und bekleidete nebenbei die Stelle eines Kreis- und Departementthierarztes daselbst.

Nach elfjähriger Thätigkeit in Halle, wo er als Vertreter der thierärztlichen [95] Fächer an dem blühenden landwirthschaftlichen Institut eine sehr fruchtbringende und allseitig anerkannte Thätigkeit entfaltet hatte, wurde R. im J. 1876 als Regierungsrath und ordentliches Mitglied des Reichsgesundheitsamtes nach Berlin berufen, nachdem er vorher mehrere Berufungen an verschiedene Thierarzneischulen und landwirthschaftliche Institute abgelehnt und beim Herrschen der Rinderpest in den Jahren 1870 und 1871 als Sachverständiger erfolgreich mitgewirkt hatte. Im J. 1878 wurde R. als Nachfolger Gerlach’s zum Director der Thierarzneischule in Berlin ernannt, in welcher Stellung er 7½ Jahre bis zu seinem Tode verblieb und sich durch eine Reihe zweckmäßiger Einrichtungen – namentlich neuer Laboratorien, eines pathologischen Institutes, Heranziehung tüchtiger Lehrkräfte – besondere Verdienste um die Hebung dieser Schule erwarb. – Mit größter Hingebung an die zahlreichen Pflichten seiner verschiedenen Aemter wie an die Wissenschaft verband er als Lehrer das zielbewußte Streben, die wissenschaftliche und praktische Ausbildung der Thierärzte auf ein höheres Niveau zu bringen. Seine Vorträge zeichneten sich durch Klarheit und Sachlichkeit aus und er leistete für die praktische Ausbildung der Thierärzte namentlich im Fache der gerichtlichen Thierheilkunde und der Veterinärpolizei Bedeutendes. Ebenso hat sich R. als Mitglied des kaiserlichen Gesundheitsamtes und der preußischen technischen Deputation für das Veterinärwesen große Verdienste erworben. In der ersteren Stellung hat R. an den vorbereitenden Berathungen über das Nahrungsmittelgesetz und über das Reichsgesetz, betreffend die Abwehr und Tilgung von Thierseuchen, einen hervorragenden Antheil genommen. In derselben Eigenschaft verfaßte er die allgemein anerkannten Denkschriften über die Wirksamkeit der Instruction zum Rinderpestgesetz und über die Ausbreitung der Rinderpest in Deutschland während der Jahre 1870–1878. – In all diesen Arbeiten wurde stets die Klarheit der Darlegungen, das Ueberzeugende der Motive und die Sicherheit seiner Erfahrungen bewundert. – Unter den zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten Roloff’s, die meist im „Magazin für die gesammte Thierheilkunde“ von Gurlt und Hertwig, im „Archiv für wissenschaftliche und praktische Thierheilkunde“ von Gerlach-Roloff, sowie in Virchow’s „Archiv für pathologische Anatomie“ veröffentlicht wurden, sind besonders hervorzuheben die werthvollen Publicationen über Osteomalacie und Rhachitis, über Fettdegeneration der Muskeln, über Rotz, Rinderpest und Milzbrand. Als selbständige Schriften erschienen von R.: „Ueber Impfung der Lungenseuche“ (Berlin 1868); „Beurtheilungslehre des Pferdes und des Zugochsen“ (Halle 1870); „Die Rinderpest“ (Halle 1871; 2. Aufl. 1877); „Die Schwindsucht der Schweine“ (Berlin 1875); „Der Milzbrand, seine Entstehung und Bekämpfung“ (Berlin 1883); „Thierärztliche Gutachten, Berichte und Protokolle“ (Berlin 1885).

R. war ein Mann von hervorragendem Talent und makellosem Charakter, voll von idealem Streben in der Wissenschaft, streng gegen sich selbst und neidlos die Leistungen anderer anerkennend. Unter den Männern, welche an der Umgestaltung der Thierarzneikunde in eine wissenschaftliche Thiermedicin im Verlaufe der letztverflossenen 25 Jahre in Deutschland mitwirkten, steht R. mit in erster Linie, obwol Kränklichkeit vielfach seine Thätigkeit behinderte. Die Verdienste Roloff’s um Staat und Wissenschaft wurden durch zahlreiche Anerkennungen des In- und Auslandes gebührend gewürdigt.

Friedrich Heinrich Roloff. Nekrolog von Müller und Schütz, Archiv für wissenschaftliche und praktische Thierheilkunde, Bd. XII, 1886 (mit Porträt und vollständigem Verzeichniß der litterarischen Leistungen). – F. Roloff. Nekrolog von Fricker, Deutsche Zeitschrift für Thiermedicin und vergleichende Pathologie, Bd. 12, 1886, S. 241.

[94] *) Zu Bd. XXIX, S. 99.