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Artikel „Riedel, Johann Friedrich“ von Adolf Bernhard Meyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 523–525, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Riedel,_Johann_Friedrich&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 14:21 Uhr UTC)
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Riedel: Johann Friedrich R. wurde in Erfurt gegen Ende des 18. Jahrhunderts geboren. Sein Urgroßvater war evangelischer Pastor dort gewesen. Sein Vater, ein Kaufmann, starb kurz nach seiner Geburt und er wuchs mit fünf Geschwistern, von der Mutter und deren Vater geleitet, auf. Trotz der Neigung, dem Berufe des Urgroßvaters zu folgen, mußte er, der knappen Verhältnisse wegen, ein Handwerk erlernen und kam deßhalb auf drei Jahre zu einem Schneider in die Lehre. Mit 18 Jahren begab er sich auf die Wanderschaft durch Franken, Schwaben, Baiern und Tirol nach Steiermark. In Graz traf er seinen dort in Arbeit stehenden Bruder und beide wanderten [524] zusammen nach Ungarn, da man sie in Graz zum Uebertritt zur katholischen Kirche überreden wollte. Krankheit zwang R., Ungarn zu verlassen, in Liegnitz in Schlesien kämpfte er lange mit Leben und Tod und that das Gelübde, wenn er genesen sollte, sich dem geistlichen Leben zu weihen. 1818 wendete er sich nach Breslau und trat dort einer Gesellschaft eifriger Christen bei, welche sich auch außer den kirchlichen Gottesdiensten zu ihrer Erbauung versammelten. Die Idee, sich dem Missionsdienste zu weihen, wurde hier geboren. 1821 ging er zu Jänicke nach Berlin, und 1822 trat er in die dortige Missionsschule ein, mit ihm zusammen J. G. Schwarz, Sohn eines Schuhmachers in Königsberg in Preußen; beide blieben fürs Leben eng verbunden. 1807 gingen sie nach Rotterdam zur niederländischen Missionsgesellschaft, welche bereits seit 1797 in Wirksamkeit war. 1829 bestanden sie dort das Examen, wurden ordinirt und für eine in Nordcelebes zu errichtende Mission bestimmt; im October erfolgte die Abreise. Nach längerem Aufenthalte auf Java traten beide im October 1830 die Reise nach Nordcelebes an, waren jedoch genöthigt, fast fünf Monate in Amboina auf weitere Schiffsgelegenheit zu warten. Vor der Abreise verheirathete R. sich mit einer Tochter eines früheren holländischen Residenten (Chefbeamten), deren Mutter eine Inländerin gewesen war. Im Juni 1831 langten sie in Menado, der Hauptstadt der Minahassa, d. i. des nördlichsten Theiles von Celebes, ihrem Bestimmungsorte, an.

Im 18. Jahrhunderte wurde die christliche Seelsorge in diesen Gegenden von Ternate aus besorgt, d. h. alle Jahre kam einmal der Prediger von dort hierher; die Minahassa zählte damals ca. 5400 sogenannte Christen; allein selbst dieser lockere Verband löste sich und als im Jahre 1817 der Prediger Kam von Amboina die Minahassa besuchte, war seit 28 Jahren kein christlicher Geistlicher dort gewesen. 1822 kamen die ersten Missionäre von der niederländischen Missionsgesellschaft in Rotterdam dorthin, Lammers und Müller, ersterer starb aber schon 1824, letzterer 1826. Ihnen folgte Hellendoorn, der Grundleger der neueren Mission in der Minahassa, welcher zur Zeit der Ankunft von R. und Schwarz nicht nur in diesem Districte allein wirkte, sondern auch auf den Sangiinseln und im südlich gelegenen Bolang-Mongondu. Nach einer von den drei Genannten gemeinsam vorgenommenen Orientirungsreise durch die Minahassa wurde R. das ca. 2000 Fuß hohe, am schönen gleichnamigen See gelegene Tondano als Wohnplatz angewiesen, und im October 1831 ließ er sich dort bleibend nieder; ein Europäer, Aufseher der Kaffeeculturen, wohnte schon dort. R. verkündete nun das Evangelium in malaiischer Sprache, nicht in einer der Sprachen der Minahassa, welche letztere dem Christenthum dort vielleicht noch schneller Eingang verschafft hätte. Schwarz ließ sich im nicht fernen Langowan nieder. Es begann nun die Missionsthätigkeit am Orte Tondano und in der Umgegend, das Einrichten von Schulen und die Beeinflussung der Eingebornen, mildere Sitten anzunehmen, denn es herrschten dort viele rohe Gebräuche, das Köpfeabschlagen z. B. und viel Unsittlichkeit. Fünf Kinder wurden dem Riedel’schen Ehepaare geboren, ein Sohn und vier Töchter. Der Sohn Fritz wurde nachmalig hoher niederländisch-indischer Beamter, zuletzt Resident von Amboina, und lebt als Gelehrter und Schriftsteller von Rang in Holland. 1836 kamen zwei neue Missionäre für die Minahassa den alten zu Hülfe: Herrmann und Mattern. 1837 konnte R. schon auf einen regelmäßigen sonntäglichen Kirchenbesuch von 2–300 Personen zählen, und er bediente sich nun in seinen Predigten zum Theil der einheimischen Sprache, und zwar des Dialektes von Tondano (in der Minahassa existiren viele sehr von einander verschiedene Dialekte oder Sprachen dicht neben einander). Riedel’s Gehalt, den er nicht von Holland, sondern von der Hülfsgesellschaft in Batavia bezog, betrug damals ca. 2400 Mark unseres [525] Geldes, eine Summe, welche aber den vielfachen Anforderungen der Missionsarbeit keineswegs gerecht wurde. 1838 wurde eine neue größere Kirche gebaut, denn schon 4–600 Personen nahmen an jedem Sonntage an dem Gottesdienste Theil, und es wurde Sonntagsruhe im ganzen Orte gehalten. 1841 wurde ihm seine geliebte Frau entrissen und er selbst von schwerer Krankheit angetastet. Riedel’s weitere große Erfolge im zweiten Jahrzehnt seiner Wirksamkeit in der Minahassa zogen ihm den Neid und die Angriffe der holländischen Regierungsbeamten zu, welche sich durch seinen Einfluß in ihrer Autorität geschädigt sahen; der unvermeidliche Kampf zwischen Staat und Kirche spielte sich auch in diesem Erdenwinkel ab. 2000 Personen besuchten jetzt jeden Sonntag die Kirche. 1846 heirathete R. in zweiter Ehe die Tochter eines holländischen Beamten; sein Sohn Fritz war nicht mehr im elterlichen Hause. Die ältere Tochter Maria heirathete 1850 einen Eingeborenen des Landes, den Major (Häuptling) von Kema, Palinkabu. Im selben Jahre hatte R. den Schmerz, auch seine zweite Gattin zu verlieren. Die Früchte der Wirksamkeit Riedel’s gingen nunmehr weit über Tondano und Umgegend hinaus, „dort aber war zuerst der Damm gebrochen, von da aus verbreiteten sich die Wellen der christlichen Bewegung nach und nach über das ganze Land“, und soll man einen Mann nennen, auf den die Ursache der Umwandlung des Volkes der Minahassa zurückzuführen ist, so kann man, unbeschadet der Anerkennung der treuen Arbeit anderer Missionäre, getrost sagen, es war R. 1850 erhielt R. endlich einen Gehülfen am Orte in Nooy (eine ganze Reihe Missionäre waren inzwischen über die Minahassa vertheilt worden), welcher seine zweite Tochter heirathete, aber im J. 1854 starb. Auch die dritte und vierte Tochter heiratheten Missionäre. Erst 1860 am 12. October starb R., die letzten Lebensjahre durch Krankheit unfähig, seinem Berufe nachzugehen. In ihm hatte die Minahassa ihre Hauptkraft bei der Einführung des nunmehr durchweg dort herrschenden Christenthums gehabt. Willenskraft und fester Charakter waren die Signatur des Wesens dieser bedeutenden Individualität.

Quelle: R. Grundemann, Johann Friedrich R., ein Lebensbild aus der Minahassa auf Celebes, mit Karten und Skizzen, 285 S., Gütersloh 1873. Ins Holl. übers. von Bange, Veendam, bei Mulder, s. a.