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Artikel „Reuß, Johann August von“ von Ernst Landsberg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 309–310, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Reu%C3%9F,_Johann_August_von&oldid=- (Version vom 13. Oktober 2024, 07:21 Uhr UTC)
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Reuß: Johann August v. R., Staatsrechtslehrer, ist geboren am 5. December 1751 zu Horrheim, wo sein Vater August Amtmann war; als dieser sodann nach Marbach versetzt wurde, besuchte unser Johann August dort [310] bis zu seinem 12. Jahre die lateinische Schule und kam hierauf zu einem Freunde des Vaters, dem damaligen freiherrlich Halberstädtischen Consulenten und Amtmann Walter in Bischofsheim, unter dessen fünfjähriger Leitung er sich „in den wichtigsten Schreibereigeschäften übte“. An der Universität Tübingen absolvirte er sein Triennium und erwarb sich später dort, nachdem er inzwischen als Hofgerichtsadvocat zu Stuttgart zugelassen worden war, im Juli 1772 die Doctorwürde; 1776 wurde ihm die Professur des Staats- und Lehnrechtes an der damaligen herzoglichen Militärakademie übertragen; das Gehalt, welches er in dieser Stellung Georgi 1778–79 bezog, betrug 700 fl.; er war Mitglied der Commission, welche betraut war mit Bearbeitung der bei der Umwandlung der Anstalt in die hohe Karlsschule nothwendig werdenden neuen Statuten, und zeichnet in einem von dieser Commission dem Herzog erstatteten Bericht d. d. Stuttgart, den 7. Februar 1782 an erster Stelle, welche er überhaupt häufig unter den Lehrern (direct nach Intendant und Stallmeister) einnimmt; er blieb, unter Ablehnung einer Berufung nach Jena, in diesem seinem Amte, in welchem sich nach und nach sein Gehalt, hauptsächlich durch die aus seiner Nebenstellung als Lehnsreferent fließenden Bezüge auf 950 fl. erhöhte, bis zur Auflösung der hohen Karlsschule im J. 1794. Schon vorher aber, 1788 war sein Uebergang zum diplomatischen und Verwaltungsdienst durch die Ernennung zum wirklichen Regierungsrath vorbereitet worden; nunmehr widmete er sich demselben ganz, wohnte 1802 dem Reichsdeputationstag in Regensburg als Gesandtschaftsrath bei, wurde nach seiner Rückkehr zum geheimen Legationsrath befördert, 1806 in den Adelsstand erhoben, 1807 Oberregierungsdirector bei dem Regiminal- und Oberlehnsdepartement, 1811 Staatsrath und 1817 endlich Ministerialdirector bei dem königl. Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, welchen Posten er bis zu seinem am 6. Juni 1820 eingetretenen Tode ausfüllte. – Gerühmt wird von ihm, außer der großen Arbeitskraft, vor allem die Tiefe und Stetigkeit der selbst in den schlimmsten Tagen jener üblen Zeiten nicht erschütterten staatlich-monarchischen wie religiösen Ueberzeugungen; bekannt gemacht hat er sich hauptsächlich als Herausgeber der „Deutschen Staatskanzlei“, welche er von 1783 bis zum Ende des alten Deutschen Reiches in Ulm erscheinen ließ und welche eine reiche Fülle von Staatsschriften, Recursrechtfertigungen, Reichstagsverhandlungen, Beschwerdesachen, Proceß- und Visitationsacten vom Reichskammergericht u. dgl. m. bringt; um größere Schriften ganz abdrucken zu können, ließ er daneben noch 1785–1799 eine besondere „Deduktions- und Urkunden-Sammlung“ hergehen. Die so zusammengekommene stattliche Bändereihe bietet einen erschreckenden Einblick in die zopfigen Formalien, kleinlichen Auseinandersetzungen, unerquicklichen Zwistigkeiten, Mißbräuche und Jämmerlichkeiten der absterbenden Reichsverfassung, zugleich aber eine Menge historisch wichtigen Materials. In Sammlung und Anordnung desselben wie in den hin und wieder eingeschalteten eigenen Bemerkungen bewährt sich R. als genauer Kenner jener verwickelten Zustände und kann infolge dieser seiner Wirksamkeit wohl seinen Platz beanspruchen als der Letzte in der Reihe jener bedeutenden Staatsrechtslehrer der alten Schule, deren Thätigkeit hauptsächlich in Beobachtung, Sammlung und gelegentlicher Beleuchtung der reichsrechtlichen Praxis bestand. Außerdem hat er eine Reihe kleinerer Arbeiten, hauptsächlich Gelegenheitsschriften staatsrechtlich-cameralistischen Inhalts, verfaßt.

Leichenpredigt und derselben beigefügter Lebensabriß, anonym. – Heinrich Wagner, Geschichte der hohen Karlsschule, I, 602, 607, 635, 636; II, 148, 20; Ergänzungsband 19, 41 und mehrfach. – Gradmann, Das gelehrte Schwaben 490.