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Artikel „Pfeiffer, Johann Philipp“ von Richard Hoche in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 639–641, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pfeiffer,_Johann_Philipp&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 12:04 Uhr UTC)
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Pfeiffer: Johann Philipp P., Philologe und Theologe, 1645–1695. Er ward in Nürnberg als der Sohn des kaiserlichen Notars und Raths-Secretarius Heinrich P., eines gelehrten und hochangesehenen Mannes, am 19. Februar 1645 geboren, besuchte vom 7. Lebensjahre an die St. Lorenzschule und später das Gymnasium seiner Vaterstadt und erwarb schon hier einen ungewöhnlichen Umfang von Kenntnissen, namentlich im Griechischen, Hebräischen und in der Geographie. In Altorf, wohin er sich 1663 wendete, zogen ihn vorzugsweise philosophische Studien an; er las Aristoteles und dessen Commentatoren, auch die mittelalterlichen; daneben beschäftigte er sich mit den Kirchenvätern eingehend. Nach nur einjährigem Aufenthalte in Altorf verweilte er 1664 einige Zeit in Regensburg, um dort die Reichsverfassung und -Verwaltung zu studiren, und in Nürnberg, verließ die Heimath aber bald wieder, um auf einer größeren Reise eine Anzahl anderer deutscher Universitäten kennen zu lernen. Er besuchte Erfurt, Jena, Leipzig, Wittenberg, Helmstädt und kam endlich 1665 „divino prorsus instinctu“ nach Königsberg, wo er blieb und sich nun eifrig wieder mit [640] Philosophie und Patristik beschäftigte. 1666 im September wurde er zum Magister der Philosophie promovirt und begann nun Vorlesungen, besonders philosophischen und philologischen Inhalts. Der Tod seines Vaters rief ihn 1669 nach Hause, aber die Anerbietungen, welche ihm dort gemacht wurden, ihn als Professor in Altorf oder in einem anderen Amte in Nürnberg selbst anzustellen, lehnte er trotz der Bitten der Mutter ab; er glaubte, nur in Königsberg leben zu können. 1671 ernannte ihn der Kurfürst Friedrich Wilhelm zum Professor der griechischen Sprache; er trat dieses Amt mit einer Disputation „de variis significationibus vocis οἰκονομίας apud veteres“an und hielt dann zahlreiche Vorlesungen, welche sich – den Anschauungen der Zeit entsprechend – vornehmlich auf Epictetus, Theophrastus, Phokylides und ähnliche Schriftsteller erstreckten; daneben las er auch grammatische Collegien und gab philologische Erklärungen schwieriger Stellen des Neuen Testamentes und ausgewählter Dichterstellen. Am bedeutendsten waren seine Vorträge über griechische Alterthümer, aus denen das Hauptwerk seines Lebens, die „Antiquitates graecae“, hervorgegangen ist. 1673 wurde ihm die Leitung der Wallenrode’schen Bibliothek übertragen, 1679 wurde er kurfürstlicher Bibliothekar. Im folgenden Jahre ernannte der Kurfürst ihn auch zum Professor der Theologie; aber der Widerstand, welchen die theologische Facultät dieser Ernennung entgegensetzte, war groß genug, die Uebernahme des neuen Amtes durch P. volle 4 Jahre hindurch zu verhindern. Man traute seiner Rechtgläubigkeit nicht, und als ihm bei der gelegentlich seiner Promotion zum Dr. theol. 1685 gehaltenen Disputation einige scharfe Ausdrücke über die lutherische Kirchenlehre entfallen waren, begann damit eine zehnjährige Periode unerquicklichster Streitigkeiten mit seinen theologischen Collegen, die erst mit seinem Rücktritte endigte. Zwar hatte der Kurfürst ihn 1685 zum Hofprediger ernannt, er vermochte aber auch in dieser Stellung, da es ihm an Geschick zum Predigen gebrach, keinen rechten Boden zu finden; mehr und mehr trat bei ihm eine Neigung zum Katholicismus hervor, besonders nachdem er 1689 seine treffliche Gattin – seit 1672 – Dorothea Landenberg durch den Tod verloren hatte. Als er 1692 bei einem Aufenthalte in Danzig die Unvorsichtigkeit begangen hatte, den Abt des Klosters Oliva zu besuchen und sich von diesem festlich bewirthen zu lassen, brach in Königsberg ein Sturm der Entrüstung gegen ihn los; seine Stellung wurde ganz unhaltbar; im Mai 1694 enthielt er seine Entlassung als Hofprediger, Professor und Bibliothekar. Er begab sich nun, einer früheren Einladung des Bischofs von Ermland folgend, nach Heilsberg, dem Hauptorte des Bisthums, wurde hier mit besonderen Ehren empfangen und trat am 25. Juli 1694 mit seinem Sohne und seinen beiden erwachsenen Töchtern zum katholischen Glauben über. Bald darauf begleitete er den Bischof nach Warschau, wo er von König Johann überaus gnädig empfangen wurde, lehnte es aber nach seiner Rückkehr ab, eine Stellung in der Umgebung des Bischofs anzunehmen, nahm zuerst eine Pfarrstelle in Seyberswalde an, und zog sich dann, vom Bischofe mit einem Kanonikat ausgestattet, im Januar 1695 nach dem bischöflichen Städtchen Gutstadt zurück, wo er am 10. September 1695 starb. Seine Lebensgeschichte hat sein Schwiegersohn, der Arzt Dr. Christian Helwich geschrieben. – Von seinen zahlreichen Streitschriften theologischen Inhalts ist keine besonderer Erwähnung werth, auch die kleineren philosophischen und philologischen Arbeiten („an liber de mundo Aristotelis sit“; „de cura virginum dissertationes duae“; „de Poenice ave“ u. s. w.) bieten kaum noch ein Interesse dar; dagegen hat sich P. in der Geschichte der Philologie ein dauerndes Denkmal durch sein größtes Werk, die „Libri IV antiquitatum graecarum gentilium, sacrarum, politicarum, militarium et oeconomicarum“ (1689; 2. Auflage 1707) gegründet. In diesem aus seinen Vorlesungen [641] hervorgegangenen Werke wird zum ersten Male der Versuch gemacht, „ein vollständiges Lehrgebäude der griechischen Alterthümer zu construiren. P. spricht in der Vorrede seine Absicht über den Begriff, die Aufgabe und die Stellung der Philologie aus. Er erklärt sie als die Kenntniß der Sprachen und der alten Geschichte im weitesten Sinne („linguarum et ἁπάσης ἀρϰαιολογίας h. e. antiquitatis et historiarum verarum, fictarum notitia“) und betrachtet sie zunächst als Hilfswissenschaft für die verschiedensten anderen Wissenschaften, heilige wie profane, ist indessen nicht abgeneigt, ihr gewissermaßen auch die Bedeutung einer selbständigen Wissenschaft zuzugestehen („est namque et ipsa Philologia suo modo quaedam scientia“ und „quae omnia … argumento sunt, Philologiam esse in numero scientiarum reponendam, ad minimum earum, quae … adiumentum aliquod conferunt superioribus scientiis tum profanis tum sacris“). In dem Werke selbst behandelt er in erster Reihe die gottesdienstlichen Alterthümer (Opfer und Feste), im zweiten die Staats- und Rechts-Alterthümer mit Einschluß der Metrologie, im dritten das Kriegswesen, im vierten das häusliche Leben der alten Griechen, überall auf Grund selbständiger und umfassender Quellenstudien, besonders der alten Grammatiker und Lexikographen, aber in sehr ungelenker Darstellung, ohne alle Frische, ohne klare Anschauung des antiken griechischen Lebens und ohne Verständniß für den hellenischen Geist, nur an den Aeußerlichkeiten haftend“ (Bursian). – Die von P. handschriftlich hinterlassenen „Explicationes philologicae dictorum N. T.“ sind nicht zum Drucke gelangt.

Vita Joh. Phil. Pleifferi scr. Christ. de Helwich, Med. Dr. Abgedruckt in Christ. Gryphius, vitae selectae (1739), S. 581–600; daselbst befindet sich auch ein Verzeichniß der kleineren Schriften Pfeiffer’s. – Jöcher, Gel. Lex. III, Sp. 1493 ff. – Bursian, Gesch. d. Philol. S. 322.