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Artikel „Morre, Karl“ von Franz Ilwof in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 484, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Morre,_Karl&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 13:10 Uhr UTC)
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Morre: Karl M., dramatischer Dichter. Er wurde am 8. November 1832 zu Klagenfurt in Kärnten geboren, absolvirte dort das Gymnasium, wurde 1857 als Kanzleiassistent im Staatsdienste angestellt, rückte allmählich zum Official vor, als welcher er 1883 wegen Augenleidens in den Ruhestand versetzt wurde.

Als dramatischer Dichter, als Verfasser von echten und wahren Volksstücken war er ungemein fruchtbar; es erschienen von ihm das Singspiel „Der Statthalter von Hochanger“ (1860), die Posse „Durch die Presse“ (1862), der Schwank „Schorl“ (1878), „Die Familie Schneck“ (1881), „Die Statuten der Ehe“ (1881), die Posse „Drei Drittel“ (1882), „Die Frau Räthin“ (1884), „s’ Nullerl“ (1884), „Der Glückselige“ (1885), „Ein Regimentsarzt“ (1887), „Der ganze Papa“ (1890), „A Räuscherl“ (1890), „Vorm Suppenessen“ (1890).

Seine Volksstücke sind durchaus aus dem vollen Leben gegriffen, beruhen stets auf tiefen sittlichen Grundlagen und zeugen von großem theatralischen Geschick; sie wurden auf vielen Bühnen aufgeführt und haben überall lebhaften Beifall errungen. Das bekannteste und bedeutendste ist „s’ Nullerl“, welches auf den meisten deutschen Theatern die Runde machte. Es schildert die bedauernswerthe Lage der den Landgemeinden zur Versorgung zugewiesenen Dürftigen in ebenso drastischer und wahrer als rührender Weise.

Die Zuneigung und Anhänglichkeit, welche M. bei seinen steirischen Landsleuten genoß, bewirkte, daß er von dem Wahlbezirke Leibnitz, wo er ein kleines Gut besaß, 1886 in den steiermärkischen Landtag und 1891 in das Abgeordnetenhaus des Reichsrathes gewählt wurde; dort suchte er in demselben humanen Geiste zu wirken, von welchem sein bestes Bühnenwerk getragen ist: er verlangte die Altersversorgung der landwirthschaftlichen Dienstboten; sodann nahm er lebhaften Antheil an der Berathung über die Ermäßigung der Viehsalzpreise, an der Organisation des Sanitätsdienstes, an der Frage der Entschädigung der Bauern für Wildschäden, stellte Anträge auf Unterstützung der durch Hochwasser beschädigten Bauern, und über mehrere andere volksthümliche Angelegenheiten, er war ein fleißiger und gewissenhafter Abgeordneter, wenn auch kein geschulter Parlamentarier; die Sache stand ihm immer höher als die Form, seine Ueberzeugung immer höher als das Fraktionsinteresse; er war auch kein parlamentarischer Redner, aber niemand konnte wirksamer sprechen als er, der ein gewandter Improvisator und schlagfertiger Polemiker war. Wie in seinen Bühnenstücken, so stellte er auch im parlamentarischen Wirken seinen köstlichen Humor und seinen schlagfertigen Witz in den Dienst eines edlen idealen Strebens, während er oft mit seinen Einfällen das ganze Haus in stürmische Heiterkeit versetzte, klang aus dem Grundton der Rede immer der sittliche Ernst und das tiefe Gemüth des Mannes heraus, der mit unerschütterlicher Liebe an seinem Volke hing. Er war ein Volksvertreter im besten Sinne des Wortes. Aus seiner politischen Bethätigung fanden die zwei Broschüren „Arbeiterpartei und Bauernstand“ und „Der Rückstandsausweis“ ihren Ursprung. Schon lange leidend, zog er sich durch die Anstrengungen bei der Wahlcampagne gegen einen clericalen Gegencandidaten eine schwere Krankheit zu, der er am 20. Februar 1897 erlag.

Seine Freunde und Verehrer in Graz ließen an dem Hause (in der Annenstraße), in dem M. die letzten Jahre seines Lebens wohnte und wo er starb, eine Gedenktafel anbringen.

Grazer Tagespost vom 9. November 1892, vom 21. Februar und vom 5. Mai 1897.