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Artikel „Merian, Andreas“ von August Bernoulli in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 427–428, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Merian,_Andreas&oldid=- (Version vom 27. Dezember 2024, 01:49 Uhr UTC)
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Merian: Andreas M., geb. 1742 zu Buns (Baselland), wo sein Vater Pfarrer war, studirte in seiner Vaterstadt Basel die Rechte und widmete sich hierauf dem Staatsdienste. Durch langjährige Thätigkeit auf der Canzlei erwarb er sich große Geschäftskenntniß, so daß er 1783 zum Stadtschreiber ernannt wurde. 1790 zum Oberstzunftmeister gewählt, war er fortan eines der „vier Häupter“ (zwei Bürgermeister und zwei Oberstzunftmeister), welche an der Spitze des baselischen Gemeinwesens standen – bis zur Revolution von 1798, welche die alte Staatsform zertrümmerte, um der französischen Invasion Thür und Thor zu öffnen. In scharfem Gegensatze zu seinem Amtsgenossen, dem Oberstzunftmeister Peter Ochs, war M. ein entschiedener Gegner der Revolution, ein [428] warmer Anhänger des Alten. Er zog sich daher, so lange die Helvetik währte, vom öffentlichen Leben gänzlich zurück. Nichtsdestoweniger blieb er der Mann, auf welchen in Basel die zahlreichen Anhänger der alten Ordnung alle ihre Hoffnung setzten, und als solcher erschien er den Machthabern verdächtig; im April 1799 wurde er Nachts in seinem Hause verhaftet und nach der französischen Festung Bitsch geführt, wo er 10 Monate hindurch gefangen gehalten wurde. Diese Verfolgung erhöhte jedoch nur seine Popularität, und als er endlich seiner Haft entlassen wurde, da gestaltete sich seine Rückkehr nach Basel zu einem wahren Triumphzuge. Im September 1802 brach auch in Basel der offene Widerstand gegen die helvetische Regierung aus: ihre Beamten wurden vertrieben und M. im Triumph aus seinem Landgute in die Stadt geholt und als Vertreter Basel’s an die Tagsatzung nach Schwyz gesandt. Als jedoch, einen Monat später, französische Truppen in Basel einrückten, begab sich M., um einer neuen Verhaftung zu entgehen, ins Ausland und kehrte erst im folgenden März (1803) nach Basel zurück, als die von Napoleon dictirte Mediationsacte als neue Verfassung für die Schweiz verkündet wurde. Sofort wurde er zum Bürgermeister gewählt, um fortan an der Spitze des neu hergestellten Kantons Basel zu stehen. Laut der Mediationsacte gehörte Basel zu den 6 Directorialkantonen, welche der Reihe nach je ein Jahr die schweizerische Tagsatzung präsidiren und die gemeinsamen Angelegenheiten leiten sollten. Deshalb mußte M., als Bürgermeister von Basel, für das Jahr 1806 die Würde eines „Landammanns der Schweiz“ bekleiden. Diese Stellung, wo es galt, den Launen und der Willkür Napoleons gegenüber die Interessen der Schweiz zu vertreten, war für Niemanden beneidenswerth. Für M. aber war diese Würde um so dornenvoller, da er wußte, daß Basel überhaupt, und die ganze Familie M. noch insbesondere, bei Napoleon als franzosenfeindlich notirt war. Wie schwierig deshalb seine Stellung war, mag folgender Vorfall zeigen. Als zu Anfang des J. 1806 sich das Gerücht verbreitete, daß das von Preußen abgetretene Fürstenthum Neuchâtel zur Vereinigung mit Frankreich bestimmt sei, sandten verschiedene Kaufleute aus Basel und anderen Nachbarstädten englische und schweizerische Manufacturwaaren nach Neuchâtel, um dieselben von dort aus, nach erfolgter Annexion, zollfrei nach Frankreich verkaufen zu können. Diese Waaren wurden jedoch von den französischen Behörden als Schmuggelwaaren erklärt und mit Beschlag belegt. Während nun die Geschädigten beim Landammann klagten und ihn um seine Verwendung baten, verlangte umgekehrt Napoleon unter schweren Drohungen ihre strenge Bestrafung! Um noch Schlimmeres zu verhüten, sah sich M. genöthigt, nicht nur bei der Tagsatzung ein allgemeines Einfuhrverbot auf alle englischen Waaren zu befürworten, sondern auch jene geschädigten Kaufleute, unter denen sich auch zwei Merian befanden, in Haft zu setzen, bis sich der Zorn des Kaisers allmälig wieder legte. In dieser Weise, unter mancherlei Sorgen und Verdrießlichkeiten, verfloß für den Landammann sein Amtsjahr, nach dessen Ablauf er fortfuhr, dem Kanton Basel als Bürgermeister vorzustehen. Er starb 1811, noch ehe an Basel zum zweiten Mal die Reihe kam, der Schweiz einen Landammann zu geben.