ADB:Martin Truchseß von Wetzhausen

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Artikel „Truchseß von Wetzhausen, Martin“ von Karl Lohmeyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 682–683, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Martin_Truchse%C3%9F_von_Wetzhausen&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 13:27 Uhr UTC)
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Truchseß: Martin T. v. Wetzhausen, Hochmeister des Deutschen Ordens vom 4. August 1477 bis an seinen Tod, 5. Januar 1489. Die vom Vorgänger überkommene Erbschaft war, nicht ohne seine eigene Schuld, keine sonderlich schöne. Dieser, Heinrich v. Richtenberg, hatte zwar dem Polenkönige den Huldigungseid, welcher ihm durch den Thorner ewigen Frieden von 1466, der dem Orden den Verlust der Selbstständigkeit und der bessern Hälfte des Preußenlandes gebracht hatte, auferlegt war, seiner Zeit freiwillig geleistet, aber zuletzt hatte er sich doch verleiten lassen, mit dem ermländischen Bischof Nikolaus v. Tüngen, der gegen den Willen des polnischen Oberherrn erhoben worden war, gemeinsame Sache zu machen. Im Auftrage des Meisters, fast an demselben Tage, da dieser selbst starb, hatte T., damals Komtur von Osterode, nach dem Beispiele des Bischofs ein Schutzbündniß mit dem Ungarnkönige Matthias Corvinus, dem Hauptfeinde der Jagiellonen, abgeschlossen und führte, ein halbes Jahr später zum Meister erhoben, zunächst dieselbe Politik weiter fort. Der dadurch hervorgerufene „Pfaffenkrieg“ tobte zwar fast ausschließlich im Ermland, trieb aber zuletzt den Bischof selbst aus seinem Lande, zur Flucht nach Königsberg. Doch weder dieses Mißgeschick, noch die eigene Mittellosigkeit, selbst nicht der auf den Landtagen wiederholt hervortretende entschiedene Widerwille der eigenen Stände gegen den Krieg vermochten den Hochmeister von seinem Wege abzubringen. Hatten den Polenkönig eine Weile die von Süden, von den Ungarn drohenden Gefahren verhindert, den preußischen Krieg mit allem Nachdruck zu Ende zu führen, so brachte die weitere Entwicklung jener Verhältnisse auch hier die Sache zur Entscheidung, zur völligen Niederlage wie des Bischofs, so des Meisters und seines Ordens. Erst als König Matthias mit dem Kaiser und mit dem Könige von Böhmen, dem Sohne des Polenkönigs, seinen Frieden schloß und auch dem Polenkönige sich näherte, bald auch im Vertrage mit diesem die durch den Thorner Frieden [683] geschaffene Lage Preußens anerkannte, endlich als sich jede Hoffnung auf eine andere auswärtige Hülfe als nichtig erwies, dagegen der Polenkönig sehr energische Maßregeln ergriff, fanden es der Bischof und der Hochmeistet für gut, den polnischen Aufforderungen endlich nachzugeben und zu persönlichen Unterhandlungen nach Polen zu gehen, wenn auch noch mit dem gegenseitigen Versprechen, auf keinen Fall die Huldigung zu leisten. Sobald aber der Bischof dem Könige von Angesicht zu Angesicht gegenübertrat, ließ er seinen Verbündeten im Stich, that einen Kniefall und gewann durch diese Unterwerfung seine Anerkennung. Der Hochmeister dagegen, der sich früher verschworen hatte, „lieber in seinem eigenen Blute zu ertrinken“, verharrte in vergeblichem Hoffen auf den Ungarnkönig noch ein volles Vierteljahr bei seinem trotzigen Widerstande: erst sehr allmählich erkannte er seine Lage und leistete am 9. October 1479 zu Neustadt-Korczyn bei Krakau den Huldigungseid. Das Verhältniß zu Polen blieb weiterhin so freundschaftlich, wie es unter solchen Umständen, wo noch dazu Münzverhältnisse, Grenzirrungen, Räubereien, Handelsstörungen fortwährend Anlaß zu Klagen gaben, nur sein konnte; mehrmals kam der Meister mit dem Könige persönlich zusammen. Aber wie tief dennoch der Orden gedemüthigt war, zeigte sich bei der Türkenhülfe des Jahres 1485: als T. auf die dringende Aufforderung des Königs endlich trotz der Armuth des Landes wenigstens ein kleines Häuflein Truppen zusammengebracht hatte und damit an der Grenze erschien, wurde ihm zugemuthet, da sich die Gefahr vorläufig verzogen hatte, das Kriegsvolk bis zum nächsten Jahre unter den Waffen zu behalten. – Daß T. während der zwölf Jahre seines hochmeisterlichen „Stilllebens“ nicht den guten Willen und die nöthige Einsicht besessen und gezeigt hätte, um die noch andauernden schweren Schäden vom dreizehnjährigen Kriege her zu heilen, darf doch nicht gesagt werden: in den neun Friedensjahren begann das Land in der That schon allmählich wieder aufzuathmen. Aber nicht so einsichtsvoll will es erscheinen, wenn er vermeinte, seinen Orden, die stark verrottete, überlebte halbgeistliche Körperschaft, durch Erneuerung und Verschärfung von Regel und Gesetz noch länger lebensfähig zu erhalten; auch wenn die ohne Frage weniger von besserer Einsicht als von Selbstsucht geleiteten Meister von Livland und von Deutschland nicht gewußt hätten, seinen Plan eines Generalcapitels die ganze Zeit über zu hintertreiben, eine ernstliche Förderung in seinem Sinne war nicht mehr zu erreichen.

Joh. Voigt, Geschichte Preußens, IX (1839). – Caro, Geschichte Polens, V, 1 (1886). – Scriptores rerum Prussicarum, IV u. V (1870 u. 1874). – Acten der Ständetage Preußens, herausgeg. von Toeppen, V (1886).