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Artikel „Maillard, Sebastian von“ von Adolf Schinzl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 105–107, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Maillard,_Sebastian_von&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 12:49 Uhr UTC)
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Maillard: Sebastian v. M., correspondirendes Mitglied der königlich böhmischen Akademie der Wissenschaften zu Prag und der kaiserlich russischen Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg, k. k. Feldmarschalllieutenant, war der Sohn eines Leibarztes in Diensten Stanislaus Lesczinski’s, Königs von Polen, Herzogs von Lothringen und Bar, kam den 30. Oktober 1746 zu Luneville zur Welt, starb den 22. Dezember 1822 zu Wien, und hatte das Glück, bis zum letzten Lebenshauche nutzreiches Wirken entfalten zu können, sowol als Militär sowie als Forscher auf dem Gebiete mathematisch-technischer Wissenschaften. Wahrscheinlich 1762 trat M. in großherzoglich-toscanische Militärdienste, worauf er 1772 aus diesen in der Charge eines Oberlieutenants des Ingenieurcorps in das kaiserliche Heer übernommen wurde. Die Ausdauer, mit welcher er sich hier dem gründlichen Studium der Militäringenieurkunst ergab, bahnte ihm den Weg zum Professor der Militärarchitektur an der Ingenieurakademie zu Wien. Er galt als tüchtige Lehrkraft. Doch auch als gediegener Schriftsteller machte sich schon damals M. bemerkbar, da seine 1784 verfaßte [106] Arbeit: „Mémoires sur la théorie des machines à feu“ der von der kaiserlich russischen Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg ausgesetzte Ehrenpreis zuerkannt wurde, und bald hierauf seine Ernennung zum correspondirenden Mitglied dieser Akademie erfolgte. Im Türkenkriege 1789 erhielt M., welcher seit 1785 in der Hauptmanncharge stand, seine Eintheilung beim Belagerungscorps von Belgrad, wo er auf der sogenannten Kriegsinsel solch’ rühmliche Anstrengungen, Umsicht und Tapferkeit entwickelte, daß er vom Feldzeugmeister Fürsten de Ligne dem Oberkommando besonders genannt wurde „als sich vorzüglich distinguirt“. Noch in selbem Jahre avancirte M. zum Major. Seine nächste einflußreiche Thätigkeit im Angesichte des Feindes fällt in das Jahr 1794; er leitete nämlich damals die Vertheidigungsarbeiten zu Mastricht, und hat hiebei sein Urtheil und seine unerschütterliche Todesverachtung nicht geringen Antheil daran genommen, daß sich der Platz erst ergab, als bei 2000 Häuser in Schutt und Asche lagen, die dritte Parallele ins Werk gesetzt wurde, die Hauptminen gesprengt waren und Mangel an Geld und Lebensmitteln eingetreten. Der Oberbefehlshaber Landgraf Friedrich von Hessen-Kassel empfahl denn auch M. ausnehmend der Gnade des Kaisers, „weil er nach Pflicht und Gewissen dem Eifer und der Wirksamkeit desselben während der Belagerung das beste Zeugniß auszustellen sich gedrängt sehe, dann anerkennen müsse, es habe ihm M. die größtmöglichsten Dienste geleistet und zu der nach Maßgabe der Mittel durchgeführten Vertheidigung beigetragen.“ Das nun folgende Jahr 1795 führte den 1794 zum Oberstlieutenant beförderten M. im Auftrage des Kaisers nach London; seine Aufgabe war, den britischen Kanalbau und alle hierauf bezugnehmenden Beobachtungen, Gesetze, Einrichtungen genauestenes zu studieren. Mit reichen Erfahrungen ausgerüstet kehrte M. zurück und entwarf vorerst den Ausführungsplan zu dem vom Grafen Anton Apponyi im Interesse leichterer Kohlenbeschaffung für Wien projectirten Wiener-Neustädter Schifffahrtskanal, dessen Bau meistentheils unter Maillard’s Leitung, 1797–1800, statthatte. Später schrieb M. über Kanalbauten überhaupt das 1817 zu Pest veröffentlichte Werk: „Anleitung zum Entwurf und zur Ausführung schiffbarer Kanäle“. Daß aber M., dessen Vorrückung zum Oberst 1797 angeordnet wurde, die vorerwähnte Periode 1797–1800 zeitlebens zu seinen schönsten Erinnerungen rechnete, dankte er namentlich dem Vertrauen, welches ihn zu gleicher Zeit zum Lehrer der Kriegswissenschaften bei mehreren Erzherzogen berufen hatte; stolz und freudig pflegte er der hierbei erreichten günstigen Erfolge zu gedenken. 1801 wurde M. zum Generalmajor, 1811 zum Feldmarschalllieutenant befördert und sein vielseitiges Wissen und unermüdlicher Schaffensdrang nunmehr theils als Fortificationsdirector in Ungarn, theils als Prodirector beim Hauptgenieamt zu Wien verwerthet. Seine Mußestunden widmete M. wie von Jugend an, ohne sich Ruhe zu gönnen, den Wissenschaften. Er schrieb die Werke: „Nouvelle méthode de traiter la méchanique“, Wien 1808; „Mechanik der Gewölbe in ihrem ganzen Umfange behandelt, begreifend die Brückenbögen und einfachen Gewölbe jeder üblichen Gestalt, aus Stein und Ziegeln sowol als aus Gußeisen etc.“ Mit 9 Plänen. Pest 1817; „Sammlung von Versuchen über die Eigenschaft und Zubereitung verschiedener Cemente und Cementmörtel“. Mit 1 Kupfer. 2. Aufl. Wien 1820, und dann noch viele kleinere Aufsätze, so: „Bemerkungen zu Carnots Befestigungskunst“, „Mémoires sur la poussée des voûtes“ etc., von welch’ letzteren einige in akademischen Publicationen Aufnahme fanden. Maillard’s schriftlicher Nachlaß fiel der Ingenieurakademie zu, für deren Gedeihen er jederzeit mit Wohlwollen zu sorgen bemüht gewesen.

Vollständige Gesch. d. Belagerung und Einnahme der Festung Belgrad etc. Prag 1789. (Gräffer), Kurze Gesch. d. k. k. Regimenter etc. 2. Bd. Wien [107] 1801. Ritter von Rittersberg, Biogr. d. ausgezeichnetsten Feldh. d. k. k. öst. Armee. Prag 1828. Schweigerd, Oesterreichs Helden etc. 3. Bd. Wien 1854.