ADB:Leopold IV. (Herzog von Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain)

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Artikel „Leopold IV., Herzog von Habsburg-Oesterreich“ von Franz von Krones in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 395–398, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Leopold_IV._(Herzog_von_%C3%96sterreich,_Steiermark,_K%C3%A4rnten_und_Krain)&oldid=- (Version vom 15. Oktober 2024, 14:52 Uhr UTC)
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Leopold IV., Herzog von Habsburg-Oesterreich, geb. 1371, † am 3. Juni 1411. Er war der zweitälteste Sohn Herzog Leopolds III., den das Verhängniß bei Sempach (1386) ereilte; beim Tode des Vaters somit kaum 15jährig. Zufolge des Hauptvertrages zwischen seinem Vater und dessen Bruder Albrecht III., als Gründern zweier habsburgischer Linien, vom 25. September 1379, gebührte dem letztgenannten als Ohme der vier Söhne Leopolds III. die Vormundschaft für so lange, bis der älteste der Neffen, Wilhelm, das 16. Lebensjahr erreicht haben würde. Obschon nun derselbe dies Alter nahezu erreicht hatte, so bequemte er sich dennoch dem Rathe seiner Umgebung zu folgen und mit Albrecht III. das Abkommen zu treffen, wonach Letzterer „mit Umgehung der früheren Theilung“ von 1379 die österreichischen Länder wieder „zusammenwerfen“ und bei ihm und den jüngeren Brüdern Leopold, Ernst und Friedrich Vaterstelle übernehmen möge“. Es lag darin die Einsicht von der Gemeinschädlichkeit einer solchen, früher nie stattgehabten Theilung ausgesprochen und diese sollte nur für den Fall, daß sich nach dem Tode Albrechts III. die Habsburger beider Linien (Albrechtiner und Leopoldiner) über die gemeinsame Innehabung der Länder nicht vergleichen ließen, Platz greifen. L. ertheilte zu Innsbruck am 8. October seine Zustimmung. Aber mit dem Tode Albrechts III. (24. August 1395) begann, wie dies am besten die anmaßenden Forderungen Herzog Wilhelms beweisen, der Zwist und das Partikularinteresse im Hause Habsburg immer bedenklicher Platz zu greifen. Zunächst sollte der Holenburger Vertrag vom 22. November 1395 zwischen dem Sohne Albrechts III. gleichen Namens und den Leopoldinern, durch Wilhelm vertreten, das Verhältniß beider Linien zu einander und unter den Leopoldinern selbst regeln. In letzterer Beziehung wurde zu Gunsten Leopolds IV. festgesetzt, daß er alle Nutzungen der Lande jenseits des Arlberges innehaben und einen ihm von Wilhelm und Albrecht IV. zu leistenden Zuschuß von 6000 Goldgulden jährlich erhalten sollte. Bald darauf verglichen sich Wilhelm und L. am 30. März 1396 über die väterliche Erbschaft dahin, daß die gesammten Länder ungetheilt bleiben, aber gesondert verwaltet werden sollten. L. erhielt Tirol (die Burggrafschaft), das Land an der Etsch, das Innthal und alles habsburgische Eigen in Schwaben, Elsaß und Burgund, d. i. die Herrschaften jenseits des Arlberges zugewiesen, überdies jährlich 6000 fl. (angewiesen auf die Görzer Schuld). Andererseits verpflichtete sich L., den jüngsten Bruder, Friedrich, das erste Jahr auszuhalten. Dieser, auch andere Verwaltungs- und Nutzungsrechte regelnde Vertrag wurde noch zweimal (9. Januar 1398 und 4. April 1400), jedesmal auf zwei Jahre verlängert. Auch der Vertrag vom 4. Mai 1396 zwischen den beiden Linien über die Theilung des Hausschatzes wurde unter persönlicher Theilnahme Leopolds IV. abgeschlossen, woran sich ein ergänzender Tractat vom 12. Januar 1398 schloß. Die tirolische und vorländische Regierungsepoche Herzog Leopolds IV. eröffnen Pfandschaftsverträge mit dem Grafen Hanns von Werdenberg über Sargans, Einigungen mit der schwäbischen Reichsritterschaft, mit dem Grafen von Württemberg, dem Markgrafen von Baden, Erneuerungen des Waffenstillstandes mit den Eidgenossen und die Austragung der Verwicklungen mit den Bischöfen von Chur (Hartmann Grafen von Werdenberg) und Trient (Georg von Liechtenstein). [396] Ersterer sah sich 1395 zum Abschlusse eines Bündnisses mit dem Hause Oesterreich gedrängt und 1399 (Januar) bewogen, die Stellung eines „Rathes und Dieners Herzog Leopold IV.“ anzunehmen, während der Trienter nach längerem Sträuben sich zu einem Vertrage mit dem Herzoge als Vogt des Hochstifts bequemte. Auch in den politischen Zeitfragen erscheint L. thätig. Als König Wenzel der Luxemburger in der Angelegenheit des päpstlichen Schisma zu Frankfurt a/M. und dann in Metz mit König Karl VI. von Frankreich unterhandelte, begab er sich an beide Orte als Vollmachtsträger seiner Brüder (21. Januar 1398). – Im Allgemeinen jedoch theilte er mit ihnen die mehr als indifferente Haltung zu dem genannten Luxemburger, dessen deutsche Thronentsetzung durch einen Willküract der maßgebenden Fürstenpartei im Reiche bereits 1399 entschieden war, am 20. August 1400 ihren formellen Abschluß fand und gleichzeitig mit der Ermordung des gleichfalls candidirten Friedrich von Braunschweig zur Wahl Ruprechts von der Pfalz führte (21. August). Mit diesem, noch als Pfalzgrafen, hatte sich L. (Pforzheim am 14. Januar 1400) zur Sicherheit ihrer Länder gegen Jedermann, ihre beiderseitigen Freunde ausgenommen, verbunden, und diese Beziehungen sollten bald den Charakter eines Waffenbündnisses annehmen, durch welches der Herzog sich von der neutralen Haltung seiner Verwandten in der deutschen Königsfrage trennte und überdies in einen Krieg mit den Viscontis gezogen wurde, beides mit wenig rühmlichem Ausgang. Letzteres Unternehmen im Dienste König Ruprechts war um so auffälliger, da kurz zuvor (4. Mai 1400) sämmtliche Leopoldiner mit ihrem mütterlichen Verwandten, Giovanni Galeazzo Visconti, demselben, der bei König Wenzel den Lehenskauf Mailands erlangt hatte, ein Bündniß auf fünf Jahre abgeschlossen hatten. König Ruprecht, dem Alles daran lag, L. als mächtigen Fürsten Süddeutschlands und Inhaber der Tiroler Pässe nach Italien auf seine Seite zu ziehen, hatte bereits (Januar 1401) einmal mit ihm unterhandeln lassen, aber ohne Erfolg. Dann nahm Herzog Ludwig von Baiern die Negotiation in die Hände (Mai, Juni) und diese führte den 2. Juli (1401) zu drei Verträgen zwischen König Ruprecht und den drei geistlichen Kurfürsten auf der einen, L. auf der anderen Seite, worin sich der Habsburger zur Anerkennung Ruprechts als römischen Königs, zur Oeffnung der welschen Pässe Tirols und zu feldmäßigem Aufgebote von 1000 Gleven nach der Lombardei verpflichtet, wogegen ihm Ruprecht Unterstützung gegen die Schweizer, die Visconti’s, Förderung der Ansprüche Leopolds auf sein mütterliches Erbe (als Sohn der Viridis Visconti), 100 000 Florentiner Ducaten zusagt und angesichts des Projectes einer Heirath der Tochter Ruprechts mit Herzog Friedrich, Leopolds jüngstem Bruder, ein Heirathsgut von 40 000 Ducaten oder eine entsprechende Rente in Aussicht stellt. Der welsche Heereszug König Ruprechts und Leopolds unter der Oberleitung Francescos von Carrara mißlang (October 1401) gänzlich und der genannte Habsburger wurde, wenngleich tapfer kämpfend, von Carlo Malatesta vom Pferde gestochen und Gefangener der Mailänder. Binnen drei Tagen freigelassen, denn offenbar hatte er dem Visconti das Aufgeben der Sache Ruprechts von der Pfalz verbürgt, – zog er alsbald heimwärts, ohne sich weiter um den König zu bekümmern. Der welsche Handel hatte ihn abgekühlt und die Einsicht von dem völligen Unvermögen Ruprechts verleidete ihm jene Verträge, zu deren Abschlusse ihn wol vorzugsweise nur das Geldbedürfniß vermocht hatte. Politisch charakterlos benahm er sich jedoch auch trotz der kostspieligen Schlappe und Kriegsgefahr, die er für Ruprecht bestanden, keineswegs; denn obschon er (24. April) heimgekehrt war „ohne Geld und Heer, ohne Kron’ und Ehr“ – wie es damals hieß –, so hielt er fest an Ruprechts Königthum, ließ seine Pässe dem projectirten Römerzuge König Wenzels, Ruprechts Rivalen, verschließen, drohte seinen Brüdern diesfalls sogar [397] mit Fehde und bemühte sich, dieselben zum Pfälzer herüberzuziehen, allerdings ohne Erfolg. Deshalb konnte Ruprecht noch später ihn seinen „sunderlichsten und liebsten Freund“ nennen, „zu dem er ein ganz lauteres Vertrauen habe“. Anbei suchte er bei ihm auch Gelddarlehen herauszuschlagen, wie dies eine Urkunde andeutet. Doch mußte sich dieses Verhältniß zwischen Beiden angesichts der kläglichen Lage Ruprechts bald gründlich lockern. Leopolds Geldmangel drängte diesen, das theilweise noch ausständige Heirathsgut seiner Gattin, Katharina, Tochter Herzog Philipps von Burgund, ernstlicher zu verlangen, wie dies die urkundliche Zusicherung des Burgunders (den 28. Juli 1403, Paris) andeutet, veranlaßte auch die Beschwerden seines jüngsten Bruders Friedrich IV. über Verkürzungen seines Unterhaltes und war auch die Hauptquelle jener leidigen Streitigkeiten zwischen den vier Leopoldinern, die sich an der Hand der Hausverträge von 1402–1404 verfolgen lassen und gleichzeitigen Abmachungen der Söhne Leopolds III. mit Albrecht IV. eingefügt zeigen. Eine der wichtigsten Uebereinkünfte ist die vom 22. März 1404. Die Leopoldiner verzichten insgesammt auf alle Geldforderungen und ebenso auf das Land Oesterreich ob der Enns zu Gunsten Albrecht IV. mit Wahrung ihres eventuellen Erbrechtes, und beide Theile regeln die Verhältnisse für den Fall des Ablebens Wilhelms oder Albrechts IV. Gleichzeitig fällte der letztgenannte seinen Schiedsspruch, wonach L. Steiermark und Tirol mit dem Sitze in Graz zugewiesen erhält, das Land jenseits des Arlberges jedoch durch drei Jahre gemeinsam mit Herzog Wilhelm innehaben soll. Ueberdies hat er für Herzog Friedrichs Unterhalt zu sorgen. Diese Abmachung scheint den Wünschen Leopolds IV. entsprochen zu haben, da derselbe mit Albrecht IV. (21. April 1404) ein Sonderbündniß zur Aufrechthaltung des obigen Schiedsspruches abschloß. Um diese Zeit wurde L. in die welschen Wirren, auch in Streitigkeiten mit Chur und in den schlimmen Appenzellerkrieg verwickelt. – Abgesehen von den Reibungen zwischen dem Patriarchate von Aquileja und den Görzern (1402–1404), bei welchen sich L. auf Seite der Letzteren stellte, war zwischen den Venetianern und Bischof Georg von Trient wegen der depossedirten della Scala’s, Dynasten von Verona, eine Fehde ausgebrochen (1405), wobei der Herzog den Bischof unterstützte. Sein Bruder Friedrich (IV.), der damals immer mehr in den Vordergrund tritt, gerieth mit dem Churer Bischof in Streit, und vollends mußte die von ihm mit Nachtheil geführte Appenzeller Fehde (1405–6) L. mit Sorgen erfüllen, denn die übermüthig gewordenen Appenzeller durchstreiften verheerend ganz Vorarlberg und bedrohten auch Westtirol. Angesichts der Gefahr suchte L. Verbindungen mit dem Nachbaradel. Endlich legte sich König Ruprecht als Schwiegervater Herzog Friedrichs ins Mittel. Um diese Zeit vollzieht sich auch allgemach der Uebergang der Verwaltung Tirols an Herzog Friedrich. L. hatte 1404 dem Lande Tirol eine wichtige Landesordnung verliehen, in welcher den Grundholden ausgedehnter als bisher landesfürstlicher Schutz zu Theil wird. 1406 am 24. Februar verkauften beide Herzoge dem Lande Tirol in umfassender Weise seine Gerechtsamen und Freiheiten (vgl. meinen Artikel über Herzog Friedrich IV., Bd. VII S. 588 ff.). Im selben Jahre am 15. Juli starb der älteste der Leopoldiner, Herzog Wilhelm der Fr., und nun begann sofort neuer Streit über das gemeinsame Erbe. Da legten sich die Stände Niederösterreichs ins Mittel und drängten die drei Herzoge L., Ernst und Friedrich zu der Annahme des Schiedsspruchs vom 12. September 1406, demzufolge sich L. und Ernst über die bisher von Wilhelm bekleidete Vormundschaft des unmündigen Sohnes Albrechts V. gleichen Namens einigen sollten, jedoch so, daß, während der eine die österreichische Gerhabschaft führe, der andere die unumschränkte Verwaltung der Steiermark mit dem Sitze in Graz erhalte; nach Ausgang der Vormundschaft jedoch sollten [398] sich die drei Herzoge in ihre Länder „geleich und bruederlich“ theilen, so zwar, daß einer Steiermark mit Graz, der zweite Kärnthen, Krain, Triest, Pordenone, Karst und Istrien mit Laibach, der dritte Tirol, Etsch und Innthal innehabe. Deßungeachtet kam es gleich wieder zwischen L. und Ernst zu Zwistigkeiten über den Besitz von Wien.-Neustadt und Neunkirchen. Vor Allem aber bildete die Gier Herzog Ernsts nach der österreichischen Vormundschaft die Quelle jenes traurigen Bruder- und Bürgerkrieges in Niederösterreich, welcher dem Lande unsägliches Leid bescheerte und, von faulen Taidungen nur für Augenblicke unterbrochen, bis zum J. 1409 währt. In diesen Wirren spielt als wichtigster Beirath des Herzogs Berthold von Wähing, Bischof von Freising eine namhafte und keineswegs gedeihliche Rolle. (Vgl. darüber meinen Artikel über Herzog Ernst, Bd. VI S. 294 f. und über Berthold v. W. Bd. II S. 520–521). Die mit L. verfeindete Adelspartei Oesterreichs befreite sich durch eigenmächtigen Schritt von dessen Vormundschaft (vgl. darüber den Artikel G. Voigt’s Bd. I S. 22 f.). Der Aerger darüber scheint die Ursache des plötzlichen Todes Leopolds (3. Juni) gewesen zu sein, nach anderen Aussagen soll er an einer inneren Verletzung durch Spannen einer Armbrust gestorben sein. Der stattliche, fettleibige Herzog starb in der Fülle der besten Mannesjahre kinderlos. Er führt in der Tradition die Beinamen der „Prachtliebende“, „Stolze“ und „Fette“. Seine Wittwe ehelichte nach acht Jahren den Reichsfreien Maximin Swosmann v. Rappoltstein.

Vgl. die bei Berthold v. W., Ernst d. Eis. u. Friedrich IV. v. Tirol verz. Litteratur und bez. s. Begräbnißstätte bei Kerschbaumer, Grabstätten der Habsburger im Jahrb. d. Wiener Alterth.-Ver., 17. Bd. (1878), 231–247.