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Artikel „Lentz, August“ von Ludwig Friedländer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 268–269, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lentz,_August&oldid=- (Version vom 29. November 2024, 17:22 Uhr UTC)
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Lentz: August L., Philologe. Er wurde am 21. Mai 1820 in Pr. Stargardt geboren, wo sein Vater als verabschiedeter Gensd’armerieoffizier lebte, besuchte das Gymnasium zu Danzig, studirte in Königsberg unter Lobeck und Lehrs, promovirte 1843 und legte 1844 die Gymnasiallehrerprüfung ab. Nachdem er in Elbing, am Erziehungsinstitut zu Jenkau bei Danzig und (als Hauslehrer) auf mehreren Gütern unterrichtet hatte, erhielt er 1847 eine Stelle an der damaligen höheren Bürgerschule zu Graudenz. Auch in dieser bescheidenen Stellung hielt er daran fest, daß „das Ideal jeder Schulbildung, in der niedrigsten wie in der höchsten Anstalt, die Weckung und Belebung des in uns gelegten [269] göttlichen Funkens ist“. Obwol sein Amt nicht die geringste Beziehung zu den Studien bot, zu welchen er sich am meisten hingezogen fühlte, verwaltete er es mit der größten Gewissenhaftigkeit und Pflichttreue. Auch sonst bewies er für die Entwickelung des Schulwesens in Graudenz das lebhafteste Interesse, und wirkte eifrig und erfolgreich für die Umwandlung der dortigen höheren Bürgerschule in ein Gymnasium. Durch Lehrs hatte L. das Studium der Alexandrinischen Philologie lieb gewonnen, und er wagte sich an eine Aufgabe, die, wenn auch ihre Lösung durch eine bedeutende Vorarbeit von Lehrs erheblich erleichtert war, immer noch zu den schwierigsten auf diesem Gebiet gehörte: die Sammlung und Herstellung der massenhaften und zugleich durchaus trümmerhaften Ueberreste der sämmtlichen, „die ganze Sprache in ihrem Bau umfassenden“ Werke des Aelius Herodianus, die Lehrs mit Jacob Grimm’s Grammatik verglichen hat. Nach einer 14jährigen anhaltenden Arbeit, durch die Theilnahme von Lehrs stets ermuntert, vielfach durch seinen Rath unterstützt, hatte L. 1867 sein riesenhaftes Werk vollendet: das ganze, im Druck fast 100 Bogen füllende Buch war im Manuscript fertig. Er durfte hoffen, nun an einem Wendepunkte seines Lebens angelangt zu sein, das bisher ein sehr entbehrungs- und mühevolles gewesen war. Schon als Schüler und Student hatte er die Mittel zu seiner Existenz zum Theil selbst erwerben müssen, sein Gehalt war erst 1856 von 300 auf 400 Thlr. erhöht worden, und dabei hatte er, wenn auch der Begründung einer eigenen Familie entsagend, Sorgen zu tragen, die denen eines Familienvaters ähnlich waren. Auch für sonstige „Mühsale, Beschwerden und Kränkungen“ hatte er in seiner Arbeit (wie er in der Vorrede des Herodian sagt) Trost suchen müssen. Nun war sie vollendet, die verdiente Anerkennung wurde ihm von nah und fern zu Theil; die Erfüllung des langgehegten Wunsches einer Reise nach Rom schien nahe bevorzustehn. Da starb ein von ihm innig geliebter älterer Bruder, und sofort bestimmte er das Erworbene für dessen Hinterbliebene. Von dem Schmerz dieses Verlustes erholte er sich nicht mehr. Am 11. Febr. 1868 erlag er, noch nicht 48 Jahre alt, dem Typhus. Von seiner Ausgabe der Fragmente des Herodian war der erste Theil (unter dem Titel: „Herodiani technici reliquiae, Vol. I. Praefationem et Herodiani prosodiam catholicam continens“) 1867 erschienen. Der zweite befand sich, als L. starb, im Druck, dessen Leitung Dr. E. Plew (geb. 1849, † 1878) unter dem Beistande von Lehrs übernahm. Die erste Abtheilung dieses Bandes („Reliqua scripta prosodiaca, pathologiam, orthographica continens“) erschien 1868; die zweite („Scripta de nominibus verbis pronominibus et adverbiis et librum monadicorum continens“; außerdem die von A. Ludwich gearbeiteten Indices) 1870. In Lentz’ Nachlaß fanden sich bedeutende Vorarbeiten für ein zweites großes Werk, eine kritische Ausgabe des Apollonius Dyscolus, die er sofort nach Beendigung seines Herodian unternommen haben muß.

G. Röthe, Dr. August Lentz, Nekrolog. Aus dem Graudenzer Geselligen, 1868, Nr. 29 Beil. abgedruckt in Reicke und Wichert, Altpreuß. Monatsschrift, V. (1868) S. 156–167.