ADB:Kurzmann, Andreas
[433] Jahren noch einige kleinere in einer Salzburger Handschrift aufgefunden worden, in welcher sich der Dichter leider als derselbe unfruchtbare Verseschmied zeigt, als der er aus den größeren Arbeiten bekannt ist.
Kurzmann: Andreas K., Verfasser mehrerer deutscher Gedichte im 15. Jahrhundert. Ueber sein äußeres Leben ist nur bekannt, daß er Mönch im steirischen Cistercienserkloster Neuburg und 1428 bereits gestorben war. Das erste nach lateinischer Quelle gearbeitete Gedicht ist ein „Soliloquium Mariae cum Jesu“, das zweite die Legende von Amicus und Amelius und das dritte eine gereimte Bearbeitung des Speculum humanae salvationis, ein „puechel genant dij himelströsz von dem glouben und von der hoffnung“. Das Soliloquium umfaßt 427, Amicus-Amelius 1165 und das Speculum ungefähr 8000 Verse. Das Soliloquium ist jedoch keine selbständige Arbeit des Verfassers, sondern nur eine Uebertragung eines bereits fertigen Stückes, das einen Theil der Vita Mariae metrica bildet. Ueber die Amicus-Amelius-Sage vgl. „Zur Ueberlieferung der Sage von Amicus und Amelius“ von Paul Braune, in Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur IV, 271–314. Was das lateinische Speculum hum. salv. anbetrifft, eines der beliebtesten Bücher des 15. Jahrhunderts, so besteht über dasselbe eine umfangreiche handschriftliche sowol als gedruckte Litteratur. Ursprünglich, im 14. Jahrhundert, in Reimen abgefaßt, erfuhr es aber auch eine prosaische Bearbeitung, weshalb es kaum zu entscheiden ist, welche der beiden Fassungen von K. benutzt worden ist, doch hat er sich genau an den Inhalt der Quelle geschlossen und nichts Sachliches, nur moralische Excurse hier und da eingefügt. Uebrigens ist seine deutsche Bearbeitung nicht die einzige, es finden sich in München, Wien, St. Gallen und Jena sowol poetische als prosaische Uebersetzungen und Bearbeitungen anderer unbekannter Verfasser, welche zwar aus dem 15. Jahrhundert stammen, von denen jedoch keine versificirte mit der des K. identisch ist. Was die Sprache des Dichters betrifft, so ist dieselbe für das Soliloquium sowie den Amicus-Amelius, trotzdem in Steiermark geschrieben, der grobe bairisch-österreichische Dialect, im Speculum dagegen finden sich die unzweifelhaften Merkmale der innerösterreichischen Sprache. Und wenn davon verhältnißmäßig wenig in die Reime übergegangen ist, so darf daraus nicht mit voller Strenge geschlossen werden, daß die Sprache des Verfassers von der des Schreibers sich erheblich unterschieden habe. Denn im Allgemeinen steht die Reimkunst auch bei den in ganz grober Sprache abgefaßten Gedichten Baiern-Oesterreichs vom 13.–15. Jahrhundert auf hochdeutscher Basis, da sie an hochdeutschen Dichtungen gelernt und geübt wurde. Aber das Dichten selbst ist doch K. offenbar sehr schwer geworden, lange Stellen hindurch spinnen sich die Verse nur an den Reimen fort. Uebergroß ist die Anzahl bedeutungsloser Flickverse, oft gehaltlos, mitunter ganz widersinnig und leider auch manchmal roh. Immerhin aber geben nicht wenige Stellen, wie von seiner guten Gesinnung so auch für seine Fähigkeit zu schildern, auch für seine kleine satirische Ader bescheidenes Zeugniß. Zu den bisher besprochenen Gedichten des K. sind in den jüngsten- Anton Schönbach, Mittheilungen aus altdeutschen Handschriften. Erstes Stück. A. Kurzmann. Wien 1878. Besonders abgedr. aus d. Decemberhefte 1877 d. Sitzungsberichte der phil.-histor. Klasse der kais. Akad. d. Wiss., Bd. 88, S. 807.