ADB:Koch, Simon (1. Artikel)
[WS 1], der zweitälteste Buchdrucker zu Magdeburg. Seine Heimath war, wie er dies selbst angibt, Weilburg (an der Lahn in Nassau) und bei der Nähe von Mainz hatte er wol auch hier in der Werkstätte Peter Schöffer’s seine Kunst erlernt. Doch bleibt dies nur Vermuthung, wie auch sein ferneres äußeres Leben durchaus unbekannt ist. Wenn er aber in der That ein Schüler Schöffer’s war, so macht er dem großen Meister keine Schande, denn seine Leistungen, von denen allerdings nur noch zwei auf uns gekommen sind, halten bei der Schönheit, Schärfe und Schwärze des Druckes die Concurrenz selbst mit den besten Arbeiten unserer Tage aus. Seine Thätigkeit in Magdeburg fällt in die Jahre 1486–1488, nachdem seine Vorgänger Albert Ravenstein und Joachim Westphal, der erstere 1485 oder 1486 aus der Magdeburgischen Typographengeschichte verschwunden und der letztere im J. 1486 oder 1487 nach seiner Heimath Stendal zurückgegangen war. Die beiden von K. noch bekannten Drucke sind ein „Missale ecclesiae Magdeburgensis“, 1486 in Groß-Folio, ohne Titel, jedoch mit der Endschrift: „Explicit … Impressum Magdeborch arte Simonis Koch de Wylborch Anno domini | MCCCCLXXXVI Deo gracias“. Als ein für Magdeburg berechnetes Missale enthält dasselbe auch die Messen pro Ottone imperatore, in anniversario Ottonis imper. und in annivers. et translatione Edith imperatricis und die technische Ausführung dieses großen auf Pergament gedruckten Werkes bekundet bereits eine hohe Meisterschaft und sichert dem Drucker einen ehrenvollen Namen in der Geschichte der Typographie. Das zweite Druckwerk aus seiner Officin ist betitelt: „Probleumata arestotilis“ (sic) und datirt vom 5. Mai 1488, 4°. Obgleich hier der Drucker nirgends genannt ist, so ist das Buch doch sowol nach Vergleichung der gebrauchten Typen als auch deshalb K. zweifellos zuzuschreiben, weil in diesem Jahre kein anderer Drucker in Magdeburg lebte, der Druck aber nach Ausweis der Schlußschrift daselbst erfolgte. Wer der Verfasser und Herausgeber dieser nur 38 Blätter umfassenden Schrift war, ist nicht gesagt, aber in der Betitelung derselben hat er einen großen Fehler begangen, indem das Buch nichts weniger als die Problemata des Aristoteles enthält, was sich schon aus dem geringen Umfange desselben vermuthen läßt und eben so wenig dürfen wir eine Ausgabe des griechischen Textes erwarten (der älteste griechische Druck findet sich in der Fust-Schöffer’schen Ausgabe von Cicero’s Officien 1465 und die älteste griechische Gesammtausgabe des Aristoteles ist die fünfbändige Aldina 1485–1498). Aber es ist auch keine lateinische Uebersetzung der Aristotelischen Problemata oder eines Theiles derselben, sondern eine Art physiologisch-medicinischen Handbuches, worin in knapper Weise dasjenige referirt wird, was die bedeutendsten Autoritäten von Aristoteles bis auf Albertus Magnus herab auf diesem Gebiete erforscht hatten. Aber weil es ähnliche Dinge enthält, wie das Werk des Aristoteles, auch manches daraus geschöpft sowie die äußere Form, Frage und Antwort ähnlich ist, so hat ihm der [402] Herausgeber den Namen des im Mittelalter am höchsten gefeierten griechischen Philosophen beigelegt. Wenn darum das Buch für unsere Zeit einen wissenschaftlichen Werth nicht hat, so liefert es immerhin einen Beitrag für den Stand der Wissenschaft und deren Behandlungsweise im 15. Jahrhundert; es zeigt, daß das von Rom beherrschte Mittelalter auf diesem Gebiete fast nichts geleistet hatte, da es den griechischen Physikern und Aerzten des Alterthums und den arabischen des Mittelalters nur eine einzige namhafte christliche Autorität, den Albertus Magnus, zur Seite setzen konnte, der aber damals auch schon seit 200 Jahren todt war und dessen Ansehen weit hinter dem des Aristoteles zurückblieb. K. besaß vier Typengattungen, drei, welche zum Druck des Missale erforderlich waren und eine vierte für andere Werke. Gedruckte Initialen finden sich bei ihm noch nicht, ebenso keine Custoden, jedoch Signaturen. Als eigenthümlichen Interpunktionszeichens bediente er sich des vierspitzigen Punktes, der auf einer Spitze steht, des gleichartig gestalteten Kolons, des Kommas und des Trennungszeichens, für das Fragezeichen aber einer meines Wissens nur bei ihm vorkommenden Form, deren oberer Theil einem nach links geöffneten Hufeisen gleicht. Sein Papier trägt meistens als Wasserzeichen den Ochsenkopf, das Familienwappen der Holbein’schen Familie zu Ravensburg in Schwaben, vgl. Fr. Gutermann im Serapeum 1845, 257 ff. Seine Officin endlich befand sich zufolge der Worte, womit seine „Probleumata“ schließen, „ante portam latinam“. Ueber die Buchdrucker Michael K., 1621–1648, und Nicolaus K., † 1653, beide zu Frankfurt a. O., sowie Sebastian K., Buchdrucker zu Liegnitz in der Mitte des 18. Jahrhunderts ist Geßner a. a. O. III. 320, IV. 134–135 nachzulesen.
Koch: Simon K.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Über diese Person existiert in Band 21 ein weiterer Artikel.