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Artikel „Knabl, Richard“ von Franz Ilwof in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 51 (1906), S. 248–250, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Knabl,_Richard&oldid=- (Version vom 16. April 2024, 07:20 Uhr UTC)
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Knabl: Richard K., Epigraphiker und Archäolog, wurde als Sohn des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz in Steiermark ebenda am 24. October 1789 geboren, studirte daselbst Gymnasium, Lyceum und Theologie und wurde 1811 zum Priester geweiht; in verschiedenen Orten der Steiermark wirkte er als Kaplan und Pfarrer und gelangte 1838 zu einer Pfarrstelle in Graz, zuerst in der Vorstadt Karlau und 1852 in der Vorstadt-Pfarrkirche St. Andrä. Erst in Graz als Mann von 49 Jahren hatte er sich dem Studium der Epigraphik und Numismatik zugewendet. Material hiezu boten ihm die reichen Sammlungen an römischen Inschriftsteinen im Joanneum zu Graz, im Schlosse Seckau ob Leibnitz, in dessen Nähe die Römerstadt Flavium Solvense gelegen war, die zahlreichen im ganzen Lande verstreuten Römersteine und die große Münzensammlung am Joanneum. Spät hatte er das ergriffen, was von da an seine Lebensaufgabe war, aber so Hervorragendes leistete er, daß man ihn bald als den bedeutendsten Erforscher des römischen Alterthums in den östlichen Alpenländern bezeichnen konnte. Seine erste Arbeit war: „Wo stand das Flavium Solvense des Plinius“ (Schriften des historischen Vereins für Innerösterreich 1848); er wies die Lage dieser Stadt auf dem Leibnitzer Felde südlich von Graz nach und widerlegte die Behauptung, daß dort das Muroela des Ptolemäus und auf dem Zollfelde in Kärnten das Solva des Plinius gestanden sei. Nun folgten Jahr für Jahr eine Reihe gründlicher Forschungen und gelungener Untersuchungen und Darstellungen. So „Antiquarische Reise ins obere Murthal“ (Mittheilungen des historischen Vereins für Steiermark I); „Neuere Funde des Leibnitzer Feldes in den Jahren 1848 bis 1850“ (I); „Die Peutinger’sche Tafel verglichen mit dem [249] Treibacher und Neumarkter Meilensteine“ (I); „Inschriftliche Funde aus neuerer und neuester Zeit in und an den Grenzen des Kronlandes Steiermark“ (II); „Fund römischer Münzen zu Cirkowič im Pettauerfelde“ (II); „Münzenfund zu Hohenmauthen und Mahrenberg“ (II); „Epigraphische Excurse“ (II bis IX, XIII, XVII); „Das Murthal von Straß abwärts in antiquarischer Beziehung“ (III); „Funde römischer Münzen am Grazer Schloßberge“ (III); „Der angebliche Deus Chartus auf einer römischen Inschrift zu Videm“ (IV), ein Inschriftstein gewidmet dem Gotte Mithras von einem Manne Namens Charito; „Die Procuratores Augusti an den jüngst entdeckten Cillier Votivsteinen“ (V); „Neuester Fund römischer Inschriften in Cilli“ (IX); „Fund einer antiken weiblichen Broncegestalt in sitzender Stellung“ (XII); „Der Cetius als Grenze zwischen Noricum und Pannonien“ (XIV); „Römische Inschriften nach der Zeitfolge ihres Auffindens als Fortsetzung der epigraphischen Excurse“ (XV); „Unedirte Römerinschrift“ (XVI); „Standort der Wechselstation ad Medias nach dem Hierosolymitanischen Reisebuche“ (XVII); „Der wahre Zug der römischen Straße vom Zollfelde aus durch das obersteirische Bergland bis Wels“ (XVIII); „Ueber das bestrittene und wirkliche Zeitalter, in welchem der Staatsmann Titus Varius Clemens gelebt hat“ (XX); „Die römischen Altendorfer Antiquitäten der Pfarre St. Johann am Draufelde“ (XXI). In den Mittheilungen des historischen Vereins für Krain: „Die Treffener Altarsteine in Unterkrain“ (VI); „Die ältesten Copien römischer Inschriften des Herzogthumes Krain“ (1864). Im Archiv des hist. Vereins für Kärnten: „Die römischen Hohensteiner Altarsteine“ (II); „Die Meilensteine Kärntens aus der Römerzeit“ (IV). Im Notizenblatt der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien 1856, 1857 und 1859: „Unedirte Römerinschriften aus Steiermark“. Im Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen, 1861, 26. Bd.: „Der wahre Zug der Römerstraße von Cilli nach Pettau“. In den Mittheilungen der k. k. Central-Commission für Erforschung und Erhaltung der Kunstdenkmale, 1869: „Neuester Fund keltischer Münzen zu Trifail“. Außerdem verfaßte K. die Biographie Caspar Harb’s, eines Mannes, der sich um die Erhaltung und Bergung der Seckauer Römersteine hochverdient gemacht (Mittheilungen des historischen Vereins für Steiermark, XIII), sodann als selbständige Schriften: „Der angebliche Götterdualismus an den Votivsteinen zu Videm und Aquileja“ (Graz 1858), „Die Franzosen in Graz“ (Wien 1858); und zwei Schriften religiösen Inhalts: „Gesinnungen und Gefühle“ (Graz 1848) und „Kurze Homilien über die sonntäglichen Perikopen des katholischen Kirchenjahres“ (Graz 1851).

Das Hauptwerk Knabl’s, mit dem er sich durch 30 Jahre beschäftigte, eine Sammlung sämmtlicher in Steiermark gefundenen antiken Inschriften in Stein, Metall, Thon blieb Manuscript und befindet sich in der Universitätsbibliothek zu Graz. Er betitelte dieses Foliowerk: „Epigraphischer Codex sämmtlicher Römerinschriften des Herzogthumes Steiermark, zusammengestellt und erklärt von Dr. R. K.“ und bietet in demselben nach einer Vorrede über den Ursprung und die Absicht des Werkes, in deutscher Sprache für den Laien berechnet, nach der Richtung des Eroberungsganges von Süd nach Nord die Reihenfolge der römischen (und etruskischen) Inschriften der heutigen Steiermark, derart, daß der Urschrift die Uebersetzung, Auslegung, Fundnotiz und Litteratur nachfolgt; es enthält im ganzen auf 728 Folioseiten an 600 Inschriften von etwa 183 Orten, dazu zwölf verschiedene Indices.

Knabl’s Forschungsgebiet war sonach die lateinische Epigraphik von Noricum und Pannonien, mit besonderer Rücksicht auf die heutige Steiermark; daraus ergaben sich ihm Resultate für die römische Topographie, so zwar, [250] daß in erster Linie die römischen Inschriftsteine, dann die Münzen, die Straßenzüge, die Baureste zur Betrachtung herangezogen wurden. Er besaß dazu einen ungemeinen Scharfblick, mißtraute den alten Autoritäten, war unendlich fleißig im Zusammentragen der Parallelstellen und in Wort und Schrift klar und leicht verständlich; er verstand es, selbst bei dem sprödesten Stoffe die Schwierigkeiten rechts und links aus dem Wege zu räumen, so daß das, was er geleistet, häufig leichter erscheint, als es in Wirklichkeit war. Schlechten Inschriftenlesungen, unkritischen Sammlern, Nachbetern der Traditionen und slavischen Archäologen mit ihren nationalen Fehlschlüssen trat er entschieden entgegen.

Knabl’s wissenschaftliche Leistungen wurden in der Heimath und in der Ferne anerkannt; Männer wie Arneth, Bergmann, Seidl, Ankershofen, Kenner, Morlot, Becker, Romer zollten ihm Lob, wissenschaftliche Organe, wie die „Bonner Jahrbücher für Freunde des Alterthums im Rheinlande“, die „Gelehrten Anzeigen der kgl. Akademie der Wissenschaften in München“, Zarncke’s „Centralblatt“, das „Correspondenzblatt des Gesammtvereins u. a. untersuchten und würdigten seine Forschungen; die Universität Graz ernannte ihn 1861 zum Doctor philosophiae honoris causa, der Kaiser von Oesterreich verlieh ihm 1862 das goldene Verdienstkreuz mit der Krone, 1864 die große goldene Medaille für Wissenschaft und 1868 den Titel eines kaiserlichen Rathes. Theodor Mommsen spricht sich über K. im Corpus inscriptionum latinarum in folgender Weise aus: „Quantopere Knablius Stiriae inscriptiones, ante eum male neglectas et corruptas fere vel latentes et correxerit et auxerit, nemo peritorum ignorat, optandumque est magis quam sperandum ut talem titulorum suorum sospitatorem reliquae quoque provinciae Austriacae aliquando nanciscantur, qualem Stiriae se praebuit per hos viginti annos senex ille probus et gnavus“. Ein glänzenderes Lob ist kaum denkbar. – Große Verdienste erwarb sich K. um die Gründung des Geschichtsvereins für Innerösterreich, um die Umgestaltung desselben (1850) in den Historischen Verein für Steiermark, dessen Ausschußmitglied er bis zu seinem Tode war und der ihn 1871 zum Ehrenmitglied ernannte. K. starb am 19. Juni 1874 im 84. Jahre seines Lebens. Seine Sammlung antiker Münzen (816 Stücke) hatte er schon 1867 für den archäologischen Unterricht der Universität Graz zum Geschenke gemacht und seine Bibliothek (1456 Bände und Hefte) fiel ihr testamentarisch zu.

Wurzbach, Biographisches Lexikon d. Kaiserthums Oesterreich XII, 134 bis 136. – Dr. Friedrich Pichler, Richard Knabl. Im Gedenkbuch des historischen Vereins für Steiermark, S. 29–44 im XXIII. Hefte, Graz 1875, den Mittheilungen dieses Vereins.