Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Kirschbaum, Karl Ludwig“ von Wilhelm Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 31–32, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kirschbaum,_Karl_Ludwig&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 05:10 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Kirsch, Georg Wilhelm
Band 16 (1882), S. 31–32 (Quelle).
Carl Ludwig Kirschbaum bei Wikisource
Carl Ludwig Kirschbaum in der Wikipedia
Carl Ludwig Kirschbaum in Wikidata
GND-Nummer 141519002
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|16|31|32|Kirschbaum, Karl Ludwig|Wilhelm Heß|ADB:Kirschbaum, Karl Ludwig}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=141519002}}    

Kirschbaum: Karl Ludwig K., geb. am 31. Januar 1812 zu Usingen, war der älteste Sohn des nassauischen Hofrathes Kirschbaum, welcher damals in Usingen die Stelle eines Landoberschultheißen bekleidete. Nachdem er in Usingen, später in Eltville, wohin sein Vater versetzt wurde, Privatunterricht genossen, kam er im Herbste 1824 auf das Pädagogium zu Wiesbaden und 1826 auf das Gymnasium zu Weilburg. Im J. 1830 bestand er, achtzehn Jahre alt, die Maturitätsprüfung mit dem ersten Grade. In Weilburg lernte er durch seinen Lehrer, Prof. Dr. Ad. Schenk die ihn umgebende Natur kennen und lieben und wurde auf den Weg hingewiesen, den er später mit soviel Glück weiter verfolgte. Ostern 1831 bezog K. die Universität Göttingen, um nach dem Wunsche seines Vaters klassische Philologie zu studiren. Nach bestandenem Staatsexamen, in welchem er wiederum den ersten Grad erhielt, wurde er 1834 als Lehrer an dem Privatpädagogium zu Weilburg angestellt. Drei Jahre später wurde er Collaborator an dem herzoglich nassauischen Pädagogium zu Hadamar, von wo er 1839 an das Gymnasium zu Weilburg kam. Im J. 1841 wurde er zum Conrector befördert und kam 1845 in gleicher Eigenschaft an das damals neu gegründete Gymnasium zu Hadamar und am 1. Oct. 1846 an das Gymnasium zu Wiesbaden. Im J. 1848 wurde er zum Professor ernannt. Obgleich K. sich während seiner Studienzeit in Göttingen vorzugsweise mit klassischer Philologie beschäftigte und auch als Lehrer den Unterricht in den alten Sprachen ertheilte, zog ihn doch sein Sinn immer mehr der Natur zu und er vervollkommnete sich immer mehr in der Kunst, das Leben und die Eigenthümlichkeiten der Thiere, ihre Gewohnheiten und ihre Entwickelung zu erforschen. In Folge seiner unermüdlichen Bestrebungen erlangte er bald den Ruf eines tüchtigen Kenners der Naturgeschichte. Im J. 1843 trat K. in den Verein für Naturkunde in dem Herzogthum Nassau und wurde in Anerkennung seiner zoologischen Kenntnisse 1847 zum Chef der zoologischen Section erwählt. Seine erste litterarische Arbeit erschien 1853 in der Stettiner entomologischen Zeitschrift. Dieselbe gab eine Aufzählung der in der Umgegend von Wiesbaden, Dillenburg und Weilburg von ihm beobachteten Sphegiden. In demselben Jahre veröffentlichte er in den Jahrbüchern des nassauischen Vereins für Naturkunde eine zweite Arbeit. „Entomologische Miscellen“, welche verschiedene wichtige Mittheilungen über unterscheidende Merkmale und über das Vorkommen einzelner wenig bekannter Insekten der nassauischen Fauna enthalten. Beide Arbeiten liefern den Beweis, mit welchem Eifer sich K. der Zoologie und namentlich der Entomologie zugewandt hatte und wie eingehend allseitig seine Kenntnisse auf diesem Gebiete waren. Im J. 1855 wurde K. Inspector des naturhistorischen Museums in Wiesbaden und beständiger Secretär des nassauischen Vereins für Naturkunde. Schon längst war es sein Wunsch gewesen, die ihm weniger zusagende Beschäftigung mit den alten Sprachen mehr aufgeben zu können. Jetzt hatte er dies Ziel erreicht und konnte seine ganze Kraft seiner Lieblingswissenschaft widmen. Seine neue Stellung brachte ihn in Berührung mit hervorragenden Fachgenossen, wodurch er neue Anregung und Belehrung empfing. Bald fühlte er sich nicht mehr als Autodidakt, sondern als Fachmann, der seine Wissenschaft beherrscht. Zeugniß hiervon sowie von seinem regen Eifer geben 18 größere und kleinere Abhandlungen zur nassauischen Insektenfauna, [32] welche in rascher Aufeinanderfolge erschienen. Hauptsächlich war es die verhältnißmäßig wenig beachtete Ordnung der Rhynchoten, welche K. anzog, und im J. 1858 erschien als erste Abtheilung derselben sein bedeutendstes Werk, die Beschreibung der Capsinen. Dr. L. v. Heyden sagt mit Recht über diese Arbeit: „Hiermit documentirte K. auf das Glänzendste seine Begabung zur Bearbeitung schwieriger Insektengruppen, und allein dieses Werk sichert ihn den Ruf als eines der vorzüglichsten Kenner der Rhynchoten; für alle Zeiten ist Kirschbaum’s Name mit der Naturgeschichte und Artkenntniß dieser Insektenordnung auf das Engste verbunden.“ Neben der Fortsetzung dieses Werkes beschäftigte sich K. in der folgenden Zeit mit einer Revision der zur nassauischen Fauna gehörigen Säugethiere, Vögel, Reptilien und Fische, und veröffentlichte 1859 ein genaues Verzeichniß mit Angabe der Fundorte. Erst im J. 1865 erschien der zweite Theil der Rhynchoten, welcher die Familie der Cicaden umfaßt. Derselbe steht dem ersten in keiner Weise nach und beweist noch mehr Kirschbaum’s unermüdliches Streben und wissenschaftliche Begabung, da er bei der Ausarbeitung desselben noch weniger Vorarbeiten, wie bei dem ersten fand, wie schon daraus hervorvorgeht, daß von den 371 deutschen Arten, welche darin beschrieben sind, 172 von K. aufgestellt wurden. Noch in demselben Jahre wurde ihm in Anerkennung seiner Verdienste um die Naturwissenschaft von der Universität Göttingen das Doctordiplom honoris causa verliehen. Leider war es ihm nicht vergönnt, sein Hauptwerk vollenden zu können. Mit der Ausarbeitung des dritten Theiles beschäftigt, traf ihn am 29. Februar 1880 ein Schlaganfall, in Folge dessen er nach drei Tagen im Alter von 68 Jahren verstarb.

Jahrbücher des nassauischen Vereins für Naturkunde, Jahrgang XXXI und XXXII.