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Artikel „Königshofen, Jakob Twinger oder Jakob v.“ von Karl von Hegel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 525–526, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Jakob_von_K%C3%B6nigshofen&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 14:58 Uhr UTC)
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Band 16 (1882), S. 525–526 (Quelle).
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Königshofen: Jakob Twinger oder Jakob v. K., Geschichtschreiber von Straßburg, geb. 1346, als Priester ordinirt 1382, Kapitelherr von St. Thomas seit 1395; zu diesen von ihm selbst gegebenen Lebensnachrichten fügen wir aus der an einem Pfeiler der Thomaskirche befindlichen Grabschrift den Todestag, 27. December 1420, hinzu, wonach er das Alter von 74 Jahren erreicht hat. Twinger ist sein Familienname, Königshofen – die alte curtis regia bei Straßburg – der Ort der Herkunft, nach dem sich die Twinger und noch andere Familien Straßburgs benannten. Der Geschichtschreiber ist mehr unter dem letzteren als dem ersteren Zunamen bekannt. Sonst wissen wir von ihm, daß er, wol nur vorübergehend, das Pfarramt zu Drusenheim verwaltete. Als apostolischer und kaiserlicher Notar hat er 1394 eine Urkunde des Kapitels von St. Thomas ausgefertigt; auch mag wol der in einem Schreiben des Bischofs Friedrich (von Blankenheim) erwähnte „Herr Jakob unser ingesigeler“ mit ihm identisch sein. Als Canonicus von St. Thomas führte er die Aufsicht über das Archiv des Stifts und verwendete großen Fleiß auf die Anfertigung von Copial- und Registerbüchern, die sich, von seiner Hand geschrieben, noch jetzt dort vorfinden; häufig kommt sein Name in den Urkunden des Kapitels vor: ein treuer Canoniker (fidelis canonicus hujus ecclesiae) heißt er mit Recht in der Grabschrift. Als Geschichtschreiber war K. der Nachfolger und gewissermaßen Fortsetzer des ersten deutschen Chronisten von Straßburg (s. über diesen Allg. D. Biogr. Bd. IV, 341), in dessen spätere Lebensjahre seine Jugend fällt und dem er auch persönlich nicht fern gestanden haben mag, da beide nacheinander die Anregung zu ihrer schriftstellerischen Thätigkeit in Bezug auf die Geschichte der Stadt von dem hochangesehenen Stadtmeister Johann Twinger, einem Verwandten Jakobs, empfingen. Die große Chronik Königshofen’s, deren Abfassung der Autor zuerst durch eine in lateinischer Sprache geschriebene Materialiensammlung vorbereitet und die er dann mehrfach, bald kürzer, bald ausführlicher, in drei verschiedenen Texten deutsch bearbeitet hat, enthält nach Kapiteln eingetheilt: erstens Weltgeschichte, beginnend mit Erschaffung der Welt bis auf Alexander den Großen und seine Nachfolger, zweitens die Geschichte Roms von Erbauung der Stadt an bis zu den römischen und deutschen Kaisern; drittens die Geschichte der römischen Kirche von ihrer Stiftung an und die der Päpste; viertens die Geschichte der Kirche und Bischöfe von Straßburg mit einer Einleitung über die Franken und Deutschen, von denen gesagt ist, daß sie ebenso edel seien wie die Römer; fünftens Geschichten von Elsaß und Straßburg, beginnend mit den Legenden von der Gründung der Stadt und Einführung des Christenthums bis auf die Gegenwart des Autors herab; endlich sechstens ein alphabetisches Register der historischen Ereignisse mit Jahreszahlen, als Compendium zu gebrauchen. Durch Zusätze letzter Hand ist die Chronik in den einzelnen Kapiteln fast bis an das Lebensende des Autors fortgeführt. Den Gedanken, die Localgeschichte von Straßburg an die Papst- und Kaisergeschichte anzuknüpfen, hat zuerst Fritsche Closener gefaßt und in seiner Chronik zur Ausführung gebracht. K. nahm das Werk seines Vorgängers zum großen Theil in seine neue Bearbeitung auf, gab aber dem Plan desselben eine viel größere Ausdehnung durch Hereinziehung der allgemeinen Weltgeschichte und durch erweiterte Ausführung in den einzelnen Theilen, wobei auch die älteren Chroniken und die historische Litteratur des Mittelalters in viel reicherem Maße, als dies durch Closener geschehen, von ihm benutzt worden sind. Noch mehr als Closener befriedigte K. durch seine deutsche Chronik das Bedürfniß der Laien, welche Latein nicht verstanden, aber doch von [526] alten Dingen zu lesen und die neuen zu erfahren begehrten; denn er verstand es vortrefflich den Ton seiner Erzählung dem Geschmack der Zeit anzupassen, seine Leser zugleich zu unterhalten und zu belehren, wobei es ihm nicht so sehr auf die trockene historische Wahrheit wie auf die Ausschmückung mit alten Legenden, Possen und Schwänken aus dem Volksmund oder eigener Erfindung, geschichtlichen Anekdoten vom Hörensagen ankam. Eben dies hat seiner Chronik eine große Popularität und weite Verbreitung verschafft, wie wir nicht blos aus der vorhandenen großen Anzahl von Abschriften derselben schließen, sondern noch bestimmter durch den bedeutenden Einfluß beweisen können, den sie auf die deutsche Geschichtschreibung des 15. Jahrhunderts im Elsaß und in den benachbarten Ländern ausgeübt hat. Schon dadurch nimmt Königshofen’s Geschichtswerk einen hervorragenden Platz in dem Fortgang der deutschen Historiographie ein, aber es besitzt auch einen bleibenden Werth als Geschichtsquelle für die Kenntniß der Ereignisse und Zustände von Elsaß und Straßburg, soweit der Autor als Zeitgenosse davon berichtet und nicht minder als Denkmal der Sinnesweise seiner Zeit, welcher die gleichviel woher stammende Ueberlieferung als glaubwürdige Geschichte galt, auf der ihre Anschauung von der Vergangenheit und Gegenwart beruhte. Beide, Closener und K., bekunden in ihren Chroniken, ungeachtet sie dem geistlichen Stande angehörten, eine gut kaiserliche Gesinnung gegenüber dem ausgearteten Papstthum, und eine gut bürgerliche gegenüber den Bischöfen von Straßburg und dem Adel von Elsaß, welche der Stadt ihre Freiheit mißgönnten; mehr aber als Closener betont K. auch das deutsche Nationalgefühl gegenüber den französischen Nachbarn und vertritt gelegentlich mit Nachdruck den Namen und die Ehre des deutschen Volks und Reichs. Leider sind die Originalhandschriften Königshofen’s, die lateinische und deutsche Chronik, sowie auch ein von ihm, gleichfalls nach Closener’s Vorgang, abgefaßtes lateinisch-deutsches Glossar, mit vielen anderen unersetzlichen Schätzen der Stadtbibliothek bei dem Bombardement von Straßburg, in der Nacht vom 24. auf 25. August 1870, durch die Schuld der Bibliotheksverwaltung, welche nichts zu ihrer Rettung vorsorgte, da es noch Zeit war, zu Grunde gegangen. Für eine besonders glückliche Fügung aber ist es zu erachten, daß jene Handschriften nicht lange vor ihrer Vernichtung noch für die neue Ausgabe in der „Sammlung der Chroniken der deutschen Städte“, Bd. VIII und IX, 1870, benutzt werden konnten. Die ältere Ausgabe durch Schilter mit werthvollen historischen Anmerkungen, Straßburg 1698, hat den Text, in der kürzeren Bearbeitung des Autors, aus einer, wie man hört, erst kürzlich wiederaufgefundenen Handschrift auf Unserer Lieben Frau Hause in Straßburg entnommen.

Notice sur Closener et Königshoven – par L. Schneegans, Strasb. 1842. auch als Einleitung zum Code historique et diplomatique de Strasbourg 1843 gedruckt. Des Unterzeichneten Einleitung zur Chronik von Königshofen in Städtechroniken, Bd. VIII (Straßburg Bd. I), S. 155–229.