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Artikel „Hondekoeter, Melchior“ von Joseph Eduard Wessely in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 67–68, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hondekoeter,_Melchior&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 07:50 Uhr UTC)
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Hondekoeter: Melchior H., berühmter Thiermaler, geb. zu Utrecht 1636, gest. zu Amsterdam am 3. April 1695. Die Kunstgeschichte kennt noch zwei Maler dieses Namens, Gilles und Gisbert, und man findet gewöhnlich den letzteren als den Sohn des Gilles und als Vater unseres Künstlers angeführt, einzelne sicher beglaubigte Daten scheinen aber dieser Angabe zu widersprechen. Gilles (1583–1653) stammt aus der vornehmen brabantischen Familie der Marquise von Westerloo und war Schüler von Roel. Savery und D. Vinckenboons; er siedelte nach Amsterdam über, wo er sich am 2. März 1628 (zum zweiten Male) verheirathete. Ein Jahr früher erscheint er in der Lucasgilde von Utrecht eingetragen, und zwar mit Gisbert, seinem angeblichen Sohne zugleich, was nur vermuthen läßt, daß beide Brüder waren; beide sind auch in demselben Jahre 1653 gestorben. Man läßt Gisbert 1613 geboren werden; ist er der Sohn des Gilles, dann muß er aus der ersten Ehe desselben entsprossen sein; da er 1627 schon in der Lucasgilde erscheint, so muß sein Geburtsjahr weiter zurückgeführt werden, so daß er dann nicht wieder der Sohn des Gilles sein kann. [68] Eine Tochter des Gilles, Jozina, heirathete den J. B. Weenix 1638 oder 1639 (also auch diese Tochter weist auf eine erste Ehe des Gilles hin). Gilles malte Bildnisse und Landschaften, Gisbert Landschaften und Vögel. In Berlin ist ein Bild von ihm: „Jagd auf wilde Gänse“. Gisbert’s Sohn Melchior, der hervorragendste Künstler dieser Familie, genoß den Kunstunterricht zuerst von seinem Vater, dann von seinem Onkel Weenix. Ueber sein Privatleben ist wenig bekannt, und dieses wenige ist meist anekdotenhaft. Sicher ist, daß er sich einige Zeit im Haag aufhielt, wo er 1661 als Mitglied in der Gilde Pictura erscheint; später trat er in Amsterdam auf. Er verstand es mit seltener Virtuosität das Leben der Vogelwelt, besonders der zahmen Hausthiere und der Ziervögel fürstlicher Schlösser darzustellen, man nannte ihn, ungeschickt genug, den „Raphael der Thiere“. Bei seinem Lehrer Weenix sah er genug todte Thiere, die der Meister so trefflich zu malen verstand; auch H. wandte seine Kunst der Thierwelt zu, aber der lebenden. Aus seinem Arbeitszimmer hatte er die Aussicht auf den Hof und hier unterhielt er stets eine Menge seiner Modelle, die er bei seinen Arbeiten beobachten konnte; besonders soll in diesem Hühnerhof, der nur die schönsten Exemplare von Hausthieren enthielt, ein Hahn sich ausgezeichnet haben, der für jede beliebige Stellung abgerichtet war (?). Es muß übrigens viele Freunde solcher Hausthiere damals gegeben haben, da Hondekoeter’s Bilder stets Abnehmer fanden, wenn auch ein Hühnerzüchter meinte, daß man sich mit einem Drittel des Preises, der für ein Bild des Meisters gezahlt wird, das schönste lebende Federvieh anschaffen könne. Des Künstlers Bilder sind in allen öffentlichen Sammlungen Europas sehr geschätzt. Amsterdam besitzt mehrere Hauptwerke desselben, darunter besonders einen Hof mit verschiedenen Thieren, einen Pelikan, Kranich, Kasuar, genannt: het drijvend veertje, la plume flottante, weil eine kleine Feder ganz natürlich über dem Wasser zu schwimmen scheint. Auch Haag ist reich an Bildern unseres Meisters; besonders ist zu erwähnen der fürstliche Park oder Hühnerhof des Prinzen Wilhelm II. in Loo, der öfters vom Maler ausgeführt wurde, da sich derselbe Gegenstand auch in anderen Sammlungen findet. Im Haag ist auch der Rabe, der sich mit fremden Federn schmückt und vom Hahn angefallen wird. Auch Brüssel, Paris, London, Wien, München, Berlin besitzen zum Theil Hauptbilder, zu denen auch das Bild der Braunschweiger Gallerie gehört; das Geflügel ist hier im bunten Durcheinander versammelt, wie es eben aus der Arche Noah herausgelassen wurde; die Arche selbst ruht im Grunde auf dem Berge. In derselben Sammlung ist auch ein Stillleben, ein Holzgefäß mit Fischen, mit dem Namen und der Jahreszahl 1655, also der frühesten Zeit des Künstlers angehörend. Merkwürdigerweise wurde nach seinen Bildern sehr wenig gestochen;Prenner radirte die Bilder des Belvedere, er nennt den Künstler: Hongoeder. Die Stiche des Londerseel sind nicht nach Melchior sondern nach Gilles. Laborde macht den Melchior auch zum Schabkünstler und führt zwei Blätter an, die er geschabt haben soll, die übrigens zwei verschiedene Künstler voraussetzen. Aber auch der Hof mit Geflügel und zwei Pfauen ist nicht von ihm, sondern wie die Schrift sagt, nach ihm, höchst wahrscheinlich von G. Valck, dessen Adresse es trägt, ausgeführt. – Houbraken meldet, ein Maler, Jan van Aken hätte so täuschend die Vogelstücke des H. nachzuahmen verstanden, daß sie für Originale gehalten wurden, und dies wäre ein Nagel zum Sarge Hondekoeter’s gewesen. Es ist dies ebenso unerwiesen, wie desselben Autors Bericht über Hondekoeter’s böse Hausfrau, deren bissige Behandlung der Künstler mitunter mit geistigen Getränken von seinem Herzen zu spülen gezwungen war. Bei Houbraken befinden sich auch die Bildnisse von Gilles und Melchior.

Houbraken. Immerzeel. Kramm. Siret. Laborde.