ADB:Heinroth, Johann Christian August

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Heinroth, Johann Christian August“ von Melchior Josef Bandorf in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 648–649, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heinroth,_Johann_Christian_August&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 04:50 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Heinrich, Placidus
Nächster>>>
Heins, Martin
Band 11 (1880), S. 648–649 (Quelle).
Johann Christian August Heinroth bei Wikisource
Johann Christian August Heinroth in der Wikipedia
Johann Christian August Heinroth in Wikidata
GND-Nummer 118548549
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|11|648|649|Heinroth, Johann Christian August|Melchior Josef Bandorf|ADB:Heinroth, Johann Christian August}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118548549}}    

Heinroth, Joh. Christian Aug., Psychiater, geb. am 17. Januar 1773 zu Leipzig, Sohn eines Chirurgen, bezog 1791 die Universität seiner Vaterstadt, um Medizin zu studieren. 1801 begleitete er einen russischen Grafen als Reisearzt nach Italien, dessen plötzlicher Tod gab ihm Gelegenheit, auf dem Rückwege längere Zeit in Wien zu verweilen und Peter Franks Vorlesungen zu hören. Nach kurzer ärztlicher Praxis in Leipzig wandte er sich auf der Erlanger Hochschule dem Studium der Theologie zu. Aeußere Verhältnisse zwangen ihn jedoch bald zur Rückkehr nach Leipzig, wo er dann 1805 die Doctorwürde der [649] Medizin erwarb und mit dem Probeprogramm „Ueber das Bedürfniß der medizinischen Anthropologie“ sich als Docent habilitirte. Die folgenden Kriegsjahre unterbrachen seine akademische Thätigkeit, indem er veranlaßt wurde, als Militärarzt zu dienen. Erst 1810 nahm er seine Vorlesungen wieder auf, gleichzeitig erschien sein erstes bedeutenderes Werk („Beiträge zur Krankheitslehre“). Im nächsten Jahre erfolgte seine Ernennung zum außerordentlichen Professor der Medizin und nach drei weiteren Jahren zum Arzt am St. Georgenhause. 1819 lehnte er einen Ruf nach Dorpat ab, 1827 wurde ihm eine ordentliche Professur der psychischen Medizin verliehen, 1829 erhielt er einen sehr ehrenvollen Ruf nach Petersburg, doch blieb er auch diesmal Leipzig treu. Er starb als Decan der medizinischen Fakultät nach längerem Leiden am 26. October 1843. H. war einer der fruchtbarsten und gewandtesten Schriftsteller auf dem Gebiete der psychischen Heilkunde. Seine Werke, worunter die „Störungen des Seelenlebens“ (1818) und das „System der psychisch-gerichtlichen Medizin“ (1825), die bedeutendsten sind, haben die psychologische Begründung der Psychiatrie wesentlich gefördert. Sie besitzen noch immer großen wissenschaftlichen Werth und überraschen durch die Fülle geistvoller fruchtbarer Ideen auf dem ganzen Gebiete der theoretischen und praktischen Psychiatrie. In dem erstgenannten Werke stellt H. ausgehend von der Idee der sittlichen Persönlichkeit des Menschen, eine ethisch-religiöse Theorie der psychischen Krankheiten – nicht ohne leisen Anflug von Mysticismus – auf und wurde damit in Deutschland der Begründer einer Richtung in der Irrenheilkunde, welche eine große Zahl von Anhängern gewann und deren weitgehender Einfluß erst durch die Fortschritte der Naturwissenschaften und besonders auch durch die Regeneration der deutschen medizinischen Schule gebrochen wurde. Großes Ansehen wegen seiner vortrefflichen praktischen Belehrungen genoß Heinroth’s Buch „Von den Grundfehlern der Erziehung und ihren Folgen“ (1828). Unter dem Pseudonym „Treumund Wellentreter“ hat sich H. auch auf schöngeistigem Gebiete versucht. („Gesammelte Blätter“, 4 Bde., Leipzig 1818 bis 1826.)

Vgl. Nekrolog u. Schriftenverzeichniß in Hitzig’s Annalen etc., Bd. XXVII. 1844.