Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Hazzi, Joseph Ritter von“ von Carl Leisewitz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 165–169, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hazzi,_Joseph_Ritter_von&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 17:35 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Hebbel, Friedrich
Band 11 (1880), S. 165–169 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Joseph von Hazzi in der Wikipedia
Joseph von Hazzi in Wikidata
GND-Nummer 119357798
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|11|165|169|Hazzi, Joseph Ritter von|Carl Leisewitz|ADB:Hazzi, Joseph Ritter von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=119357798}}    

Hazzi: Joseph Ritter v. H., königlicher baierischer Staatsrath und Vorstand der Landesbau-Commission in München, gestorben den 21. Mai 1845. – Er wurde am 12. Februar 1768 zu Abenberg in Niederbaiern, woselbst sein Vater Maurermeister war, geboren und bekundete schon in frühen Kinderjahren, während er noch die Abenberger Schule besuchte, viel Talent und emsigen Fleiß. Dies bestimmte den Vater, ihn für einen Beruf im höheren Staatsdienste vorzubereiten. Er begann seine Studien auf dem damaligen Seminarium in München, verließ aber dies Institut bald wieder, um an der Universität zu Ingolstadt Rechtswissenschaft und nebenbei Physik zu studiren. Nach Vollendung dieser Studien ging H. an das Landgericht seiner Vaterstadt behufs Ausbildung in der Rechtspraxis, kehrte dann noch einmal nach Ingolstadt zurück, um sich daselbst als Licentiat der Rechte zu habilitiren, wurde aber schon 1793 als Fiskalrath nach München versetzt. Wenige Jahre später trat er auf Veranlassung des Geheimenraths, Freiherrn von Stengel in das Departement des Forstwesens ein und fand hier alsbald Gelegenheit, seine Umsicht und Energie bei der Schlichtung einer großen Zahl von zum Theil veralteten Rechtsstreitigkeiten zu bethätigen, was ihm hauptsächlich durch die Erwerbung eines beständigen Commissoriums behufs näherer Untersuchung der Angelegenheiten an Ort und Stelle ermöglicht war. Er gewann dabei manchen Einblick in die Verhältnisse der Forstverwaltung und benutzte die bei seiner commissarischen Thätigkeit gesammelten Erfahrungen vielfach zur Anbahnung von Verbesserungen, indem er in seinen „Statistischen [166] Aufschlüssen über das Herzogthum Baiern“ (1801/1805) viele Mängel in der Verwaltung des Landes zur Sprache brachte und auf deren Abstellung hinwirkte. Durch Dienstreisen über die Grenzen seines engeren Vaterlandes hinaus, nach Sachsen, Böhmen, Mähren, Ungarn, Tirol u. s. w. an Kenntnissen und Anschauungen bereichert, konnte er bei der im J. 1799 mit dem Regierungswechsel eingeleiteten Reorganisation in der baierischen Staatsverwaltung das ihm angetragene Amt eines General-Landesdirections-Rathes zum Segen der heimischen Landeskultur übernehmen. Vorerst sollte freilich seine Wirksamkeit auf diesem Gebiete nur eine sehr beschränkte und häufig unterbrochene werden, denn als Ende des gedachten Jahres die Franzosen unter General Moreau in Baiern einrückten, mußte ihnen H. sofort als Marschcommissär zur Verfügung gestellt werden. Als dann auf weiteres Verlangen seitens des französischen Commando’s auch die vorhandenen physiographischen Karten vom Lande ausgeliefert und auf deren baldige Vervollständigung Bedacht genommen werden mußte, benutzte H. diesen Umstand zur Gründung eines topographischen Bureaus für Baiern und zum Heranziehen der besten baierischen und französischen Ingenieurs behufs Erledigung der physiographischen Aufnahmen wie der kartographischen Arbeiten. So kam unter seiner und des französischen Generals d’Abaucourt Leitung ein großer Theil des vortrefflichen, erst später noch der Vollendung entgegengeführten, Generalstabs-Kartenwerks für Baiern zu Stande. Seine Beziehungen zu mehreren französischen Generalen ermöglichten es ihm, mancherlei Erleichterungen für sein occupirtes Vaterland zu gewinnen, auch wußte H. durch ein sorgsames Auge für die Landeskulturinteressen sich selbst bei den Competenzen Frankreichs Anerkennung zu verschaffen. Zum Beweise dessen wurde er von Moreau und anderen französischen Autoritäten eingeladen Frankreich zu bereisen, um sich in der Verwaltung des Landes und den dortigen Kulturzuständen zu orientiren. Dieser Aufforderung folgend, besuchte er verschiedene in der Kultur vorgerückte Distrikte Frankreichs, ging dann auch in die Schweiz und nach Italien. Die von ihm auf solchen Reisen gemachten Wahrnehmungen bestärkten ihn in der Festhaltung seines Wahlspruchs: „nur freies Eigenthum und freie Kultur vermöge ein Land blühend zu machen“. Nach seiner Rückkehr in’s Vaterland suchte er bald mit vermehrter Energie den Indifferentismus, welcher seinen Reformbestrebungen entgegentrat, mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zu bekämpfen und war litterarisch thätig, um verschiedene wichtigere Kulturfragen öffentlich zu erörtern. Unter seinen vielen Schriften sind als hierher gehörig zu rechnen: „Ueber das Rechtliche und Gemeinnützige bei Kultur und Abtheilung der Weiden und Gemeindewaldungen in Baiern“. 1801. „Die ächten Ansichten der Waldungen und Forsten sammt der Geschichte des Forstwesens in Deutschland“. 1804. „Katechismus der baierischen Landeskulturgesetze sammt einem Unterricht in der Landwirthschaft, dann Holz- und Forstkultur“. 1805. – Im Jahre 1805 wieder in das französische Hauptquartier berufen, wurde H. sodann für eine Reihe von Jahren in der Verfolgung der ihm willkommenen Aufgaben verhindert. Auf den Wunsch Napoleons, der ihn bald kennen und schätzen gelernt hatte, sollte er bereits im folgenden Jahre seine volle Mitwirkung bei der Einführung der französischen Institutionen in Deutschland zur Verfügung stellen und zu diesem Behufe dem Gefolge Murat’s, des damaligen Gouverneurs im Großherzogthum Berg, sich anschließen. H. nahm, wenngleich zögernd, den Antrag an, begleitete Murat auf dessen Feldzuge gegen Preußen, kam nach Lübeck und Berlin, von wo er auf den Befehl Napoleons die Polizeiverwaltung in den eroberten Gebieten Deutschlands zu dirigiren hatte. In dieser Stellung strebte H. danach, durch Entfaltung einer nützlichen Thätigkeit, durch freimüthige Censur der Zeitungen sich die allgemeine Anerkennung zu erringen. Später folgte er der französischen [167] Armee nach Polen, kehrte nach der Schlacht bei Eylau nochmals in seinen vorigen Wirkungskreis in Berlin zurück, wurde aber nach dem Friedensschluß von Tilsit als Staatsrath nach Düsseldorf versetzt, um dort an der Einführung des Code Napoléon für das Gebiet des Rheinlandes zu arbeiten. Seine Verwendung im Dienste Frankreichs führte ihn bald auch weiter nach Paris, wo er unter dem Herzog von Bassano, hauptsächlich allerdings für die Angelegenheiten des Großherzogthums Berg zu wirken hatte. Hier blieb er bis zum Erlaß des Decrets von Trianon (26. August 1811), durch welches auch ihm die Gelegenheit zur Rückkehr nach Baiern bereitet ward.

In seinem Heimathlande fand er zwar gute Aufnahme, doch erst im Verlaufe des Jahres 1813 wieder eine amtliche Verwendung. Als Rath bei der Central-Staatsschulden-Liquidations-Commission angestellt, wurde er zunächst mit Regulirung des Schuldenwesens in den schwäbischen Kreisen betraut und beschäftigte ihn diese Aufgabe mehrere Jahre hindurch. Nach Erledigung derselben konnte er wiederum seinen Aufenthalt in München nehmen und nunmehr Gelegenheit suchen, für die Wohlfahrt der unter dem Druck der Kriegszeiten und von anderen Feßeln niedergehaltenen ländlichen Bevölkerung thätig zu sein. Gegen Ende 1816 in den Adelstand erhoben, lebte er noch lange Jahre als Staatsrath und Vorstand der Landesbau-Commission, später auch Vorstand des baierischen landwirthschaftlichen Vereins zu München; er widmete seine Kraft und Zeit theils einer reformatorischen Thätigkeit in der Verwaltung und der Ausbildung der Agrargesetzgebung, theils der Verfolgung weiterer Aufgaben zur Förderung der Landeskultur überhaupt. Eine Reihe von litterarischen Arbeiten gab Zeugniß von der Tendenz aller dieser Reformbestrebungen. Zunächst war es sein mit dem 2. Preise gekröntes Werk über Güterarrondirung (1818), mit welchem er das Servitutwesen und andere Fesseln des landwirthschaftlichen Gewerbes energisch bekämpfte. Diesem schloß sich sein: „Sendschreiben über den Entwurf eines Gesetzes für landwirthschaftliche Kultur“ (1822) an. Weiter richtete er sein Augenmerk auf diejenigen Momente, welche als Hebel der von wirthschaftlichen Fesseln befreiten Landwirthschaft vorerst eine Bedeutung erlangen könnten. Als solche erkannte er schon damals die Hebung und Veredelung der Viehzucht sowie die Verbesserung der Düngerproduktion und gab seinen Ansichten darüber theils durch Reden, theils durch Schriften Ausdruck. Ging er in seinen Forderungen betreffs der Veredelung der Viehzucht ohne hinlängliche Würdigung der wesentlichsten Vorbedingungen etwas zu rasch vor, so traf er in seiner Schrift: „Ueber den Dünger“ (1821) die wichtigsten Punkte zur Lösung der bezüglichen Aufgabe und verlieh derselben durch Behandlung des belgischen und schweizerischen Düngerwesens ein solches Interesse, daß sie sechs Auflagen erleben sollte. Bei seinem Trachten, der heimischen Landwirthschaft neue Produktionsrichtungen mit Aussicht auf Erfolg zu erschließen, fesselten sein Augenmerk auch einige Versuche mit der Zucht der Seidenraupen in Niederbaiern, von deren Resultaten er sich genau unterrichten ließ. Da diese nicht ungünstig ausgefallen, so glaubte H. eingedenk der auf seinen früheren Reisen nach dem Süden gemachten Wahrnehmungen, in der Seidenraupenzucht auch einen für sein Vaterland Segen verheißenden Produktionszweig erblicken zu dürfen. Auf seine Veranlassung wurde eine eigene Deputation für den Seidenbau beim Generalcomité des baierischen landwirthschaftlichen Vereins eingesetzt, als dessen Vorstand er sich angelegentlichst bemühte, die auf dem Gebiete der Seidenproduktion in benachbarten Staaten gewonnenen Erfahrungen zu sammeln, um mit deren Bearbeitung und Zusammenstellung einen Rathgeber für diese Kultur der Oeffentlichkeit zu überliefern. Sein „Lehrbuch des Seidenbaues für Baiern“ (1826) sollte diesem Zwecke entsprechen. In dem Streben, für das Aufkommen des [168] kleinen oder bäuerlichen Landwirths zu sorgen, sah sich H. veranlaßt, eine Schrift zum Zweck der Darstellung der ganzen Ackerbaulehre in populärer Form zu verfassen. Als er diese Aufgabe in seinem „Katechismus des Feldbaues zum allgemeinen Gebrauche der Landwirthe, Bauern und besonders auch der Landschulen“, welcher um 1828 bereits in 3. Auflage erschienen, vortrefflich gelöst hatte, arbeitete er, durch solchen Erfolg ermuntert, einige Jahre später noch eine Schrift ähnlicher Tendenz aus, welche als „Katechismus über die Zucht, Behandlung und Veredelung der Rindviehgattungen“ 1836 erschien, und welche außer der Entwickelung der in diesen Bereich fallenden Lehrsätze auch eine Darstellung der von ihm selbst auf seinem Gute gemachten bezüglichen Beobachtungen brachte. Daneben war H. auch bedacht gewesen, seine Ideen über die Reformirung der noch mit manchen Mängeln behaftet gewesenen Agrargesetzgebung dem größeren landwirthschaftlichen Publikum in einzelnen wichtigeren Punkten zugänglich zu machen. Hierbei hatte er zuvörderst das Polizeiwesen in’s Auge gefaßt und mit Bezug auf seinen reformatorischen Zweck die Schrift verfertigt: „Ueber Feldpolizei, als die Grundveste der Landwirthschaft sammt einem Entwurfe zu einer umfassenden Feld- und Landwirthschafts-Polizeiordnung“ (1831). H. wollte nicht nur das Verfahren in der Ausübung der Feldpolizei, sondern auch die Form der Bestrafung geändert sehen; in letzterer Hinsicht verlangte er Aufhebung der persönlichen Haft oder Geldbußen und Einführung des Zwanges zur Schadloshaltung durch Leistung von Feldarbeiten. Wenngleich dies Princip vom Standpunkte der landwirthschaftlichen Interessen, namentlich bei großem Arbeitermangel, zu billigen sein mochte, so hat es doch nach der legislatorischen Seite keine Anerkennung gewinnen können; im Uebrigen aber sollte jene Schrift auch außerhalb Baierns viel Beachtung finden und förderliche Anregung gewähren. Wiewohl die litterarische Thätigkeit Hazzi’s indeß noch weitere Gebiete umfaßte – es waren von ihm manche Aufsätze in deutschen und französischen Journalen geliefert, eine Mitarbeiterschaft an der Encyklopädie von Ersch und Gruber, an Schnee’s Landwirthschaftlicher Zeitung und an der Jenaer Litteraturzeitung geführt worden –, so entfaltete sich doch seine Hauptthätigkeit in den letzten 20 Jahren seines verdienstvollen öffentlichen Wirkens auf dem Boden des landwirthschaftlichen Vereinslebens. Seit 1818 Redacteur des Wochenblattes des baierischen landwirthschaftlichen Vereins und Mitglied des Generalausschusses vom letzteren führte er die Redaction gratis mit bestem Erfolge für die Tendenz und die Ausstattung des Blattes bis 1837 durch; er verwendete während dieser Zeit seinen Einfluß vornehmlich auf die Förderung der wichtigen Culturaufgaben des Vereins und auf die Vervollkommnung der Organisation desselben. Was er in ersterer Richtung durch Wort und Schrift wie durch eigenes Beispiel zu leisten bestrebt war, das erhellet nicht nur aus seiner durchaus objectiv gehaltenen Schrift: „Darstellung des 25jährigen Wirkens des landwirthschaftlichen Vereins in Baiern und des Central-Landwirthschaftsfestes zu München“ (1835), sondern auch aus einer 1860 daselbst erschienenen Denkschrift über das 50jährige Wirken desselben Vereins, worin der segensreichen Leistungen und vielen Verdienste der an die Spitze dieses Vereins gestellten Männer aus jener ersten 25jährigen Periode gedacht wird. Zwar ist die dort ausgesprochene Anerkennung nicht ohne kritische Beleuchtung der von diesen Männern befolgten Tendenz gegeben; so wird ihnen namentlich eine gewisse Uebereilung in der Umwandlung der Agrarzustände, ein Drängen nach unzeitgemäß gewesenen Kulturrichtungen, nach Einführung von Neuerungen zum Vorwurf gemacht; allein es war ein Drang nach Reformen, ein Verlangen nach Kulturbewegung, wo Stagnation um sich zu greifen drohte, was Männer wie H. beseelte, und wenn seine reformatorischen Bestrebungen nicht immer direkt [169] an’s Ziel führten, so förderten sie doch nicht wenig die Erkenntniß seiner Zeitgenossen wie der Epigonen. – Nachdem H. noch die Genugthuung gehabt, der auch von ihm angestrebten und angeregten Reorganisation des landwirthschaftlichen Vereins die allerhöchste Genehmigung und die Verwirklichung werden zu sehen, legte er im J. 1837 seine Funktionen im landwirthschaftlichen Vereine nieder und zog sich auf sein Landgut Oelkofen zurück, um dort mit den Aufgaben des Privatlebens unter Fortsetzung seiner litterarischen Thätigkeit den Rest seines Lebensabends zu verbringen.

Neuer Nekrolog der Deutschen, Bd. XXIII., p. 513. Augsburger Allgemeine Zeitung, Jahrg. 1845, Nr. 146. Lengerke, Landw. Conversationslexikon, Bd. II. Hazzi, Ueber das 25jährige Wirken des landw. Vereins in Baiern. München 1835. v. Wolfanger und Fraas: Denkschrift über das 50jährige Wirken des landw. Vereins in Baiern. München 1860.