ADB:Hayn, Henriette Louise von
Hayn: Henriette Louise von H., Dichterin geistlicher Lieder, war geb. am 22. Mai 1724 zu Idstein, wo ihr Vater als Oberjägermeister in herzogl. nassauischen Diensten stand. In ihrer Jugend wurde sie mit der Brüdergemeine bekannt, sie besuchte den Gemeinort Herrnhaag in der Wetterau, der ihrer Heimath am nächsten lag und schloß sich im Alter von etwa 20 Jahren dieser Gemeinschaft, in welcher sie den ersehnten Herzensfrieden durch den Glauben an das Evangelium von Christo gefunden hatte, ganz als Mitglied an. Eine für ihre Begabung nach Geist und Herz sehr passende Anstellung fand sie 1750 in Herrnhut als Directrice oder Oberin einer Mädchenerziehungsanstalt und in Verbindung damit später auch des Schwesternhauses, in welcher Thätigkeit sie 32 Jahre lang in unermüdlicher Treue gewirkt hat. Bei großer Schärfe des Verstandes und wissenschaftlicher Befähigung und Bildung – sie las z. B. das Neue Testament gern in der griechischen Grundsprache – war ihr doch eine ächt weibliche Gefühlsinnigkeit eigen, die sich auch in ihren geistlichen Liedern sehr schön und frei von Uebertreibungen und Geschmacklosigkeiten vorherrschend ausspricht. Bei großer Herzlichkeit und selbstvergessender Liebe im Umgang mit ihren Pfleglingen und Allen, die mit ihr in Berührung kamen, war ihr ganzes Wesen von einem heiligen Ernst durchdrungen, treu, aufrichtig und gerade. Die Liebe zu ihrem Heiland und Erlöser war ihr der Zweck ihres Lebens, dem sie alles Andere unterordnete. Sie genoß in der Brüdergemeine die allgemeinste Hochachtung und Anerkennung. Eine große Zahl ihrer Gedichte wurde in das 1778 herausgegebene Gesangbuch der Brüdergemeine und aus diesem zum Theil auch wieder in das 1869 erschienene kürzer zusammengefaßte aufgenommen und dieselben sind noch heute sehr beliebt und in kirchlichen Versammlungen viel in Gebrauch. Einige ihrer Lieder sind auch außerhalb dieses Kreises bekannt geworden, z. B. ein besonders für die Jugend geeignetes, dem 23. Psalm (der Herr ist mein Hirte) nachgesungenes. Nach längerer abzehrender Krankheit, bei welcher sie aber bis an das Ende in ihrer Thätigkeit fortfuhr, entschlief sie in großer Glaubensfreudigkeit am 27. Aug. 1782 in Herrnhut, ein gesegnetes Andenken in der Geschichte der Brüdergemeine hinterlassend.