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Artikel „Hartmann, Otto Ernst“ von Ferdinand Frensdorff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 698–699, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hartmann,_Otto_Ernst&oldid=- (Version vom 23. April 2024, 11:54 Uhr UTC)
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Hartmann: Otto Ernst H., geb. am 30. Sept. 1822 zu Lüneburg, besuchte das Johanneum seiner Vaterstadt und bezog Ostern 1841 die Universität Göttingen, zunächst zum Studium der Philologie, das er aber bald mit dem der Rechtswissenschaft vertauschte. Nach halbjährigem Aufenthalt in Berlin während des Winters 1843/44 kehrte er nach Göttingen zurück, gewann 1844 mit seiner Schrift „De onere probandi in caussis criminum“ den akademischen Preis und wurde nach abgelegtem Staatsexamen 1845 Auditor bei der Justizkanzlei in Göttingen. Zugleich habilitirte er sich als Privatdocent in der juristischen Facultät der Universität. Nach Jahresfrist gab er die gerichtliche Thätigkeit auf, um sich ganz der akademischen zu widmen. Am 24. September 1851 wurde er zum außerordentlichen Professor ernannt. Seine Vorlesungen, die sich über Geschichte und Institutionen des römischen Rechts und Theorie des Civilprocesses erstreckten, sowie sein Civilproceßpraktikum und Relatorium erfreuten sich in Folge ihrer glücklichen Verbindung gewissenhaftester Gründlichkeit mit sorgfältiger Berücksichtigung des für die Rechtsanwendung Erforderlichen, des vollen Beifalls der Studirenden. War H. demungeachtet bisher schon wenig von der Regierung gefördert worden, so zog er sich ihre ganze Ungunst zu, als er nach den Octroyirungen König Georg V. sich in einem Rechtsgutachten für die im kleinen Senat des Obergerichts Aurich zur Geltung gebrachte Ansicht seines Freundes [699] G. Planck aussprach, wonach es zur Zuständigkeit des Richters gehört, die Verfassungsmäßigkeit landesherrlicher Erlasse zu prüfen. Ungeachtet seiner großen Verdienste um die Universität ließ man ihn im Herbst 1859 einem Rufe als ordentlicher Professor nach Halle folgen. Ostern 1862 wurde ihm die Genugthuung zu Theil, nach Göttingen zurückberufen zu werden. Zu seinen früheren Vorlesungen übernahm er jetzt noch die Pandekten. Um in enger Verbindung mit der Praxis zu bleiben und insbesondere den neuen Proceß aus eigener Anschauung kennen zu lernen, bekleidete er zugleich eine Zeitlang die Stelle eines Mitgliedes des Göttinger Obergerichts. Nach Ablehnung eines Rufes an die Spitze des Oberappellationsgerichts zu Jena wurde er im Frühjahr 1866 zum Hofrath, 1875 zum Geheimen Justizrath ernannt. In seinem erfolgreichen akademischen Wirken wurde er im Winter 1876/77 durch ein schweres Leiden unterbrochen, das eine wiederholte lebensgefährliche Operation des Oberkiefers nöthig machte. Glücklich bestand sein kräftiger Körper die Gefahr und hoffnungsvoll nahm er die altgewohnte Thätigkeit zweimal, von der Anhänglichkeit der Studirenden trotz der immer undeutlicher werdenden Sprache begleitet, wieder auf, aber dem Leiden war kein Einhalt mehr zu thun und der Hinzutritt einer Lungenentzündung machte am 17. September 1877 seinem Leben ein Ende. – Zahl und Umfang seiner Schriften ist gering. Seine ausgedehnte akademische Wirksamkeit – widmete er doch in den letzten Jahren wiederholt 18–20 Stunden wöchentlich den Vorlesungen – hinderte ihn an der Vollendung einer großen litterarischen Arbeit auf dem Gebiete des römischen Processes, zu der er die umfassendsten und gründlichsten Vorstudien gemacht hatte. In die Oeffentlichkeit ist nicht mehr gelangt als eine Abhandlung: „Ueber das römische Contumacialverfahren“ (1851) und von einem Werke unter dem Titel: „Der Ordo Judiciorum und die Judicia extraordinaria der Römer“, Theil I: „Ueber die römische Gerichtsverfassung“ (1859) der erste Abschnitt, der von dem Einfluß der Religion auf die Zeit der Rechtspflege handelt und den Verfasser in eine Polemik mit Th. Mommsen über den römischen Kalender verwickelte.

Nachrichten von der kgl. Gesellschaft der Wissenschaften und der Georg-Augusts-Universität aus dem J. 1877 S. 693 ff.