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Artikel „Giuliany, Giovanni“ von Heinrich Kábdebo in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 204–205, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Giuliani,_Giovanni&oldid=- (Version vom 2. Dezember 2024, 23:27 Uhr UTC)
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Giuliany: Giovanni G., Bildhauer, geboren zu Venedig 1664, gestorben im Stifte Heiligenkreuz bei Wien am 5. September 1744. G. verdient hier namentlich als Meister des berühmtesten österreichischen Bildhauers Donner einen Platz; er gehörte jener Schule der venetianer Bildhauer an, aus welcher Corradini, Canavese, Carredea u. A. hervorgingen. Mit diesen Künstlern zog er gegen Schluß des 17. Jahrhunderts nach Wien, um hier, wo nach der verheerenden Türkeninvasion wieder eine allgemeine Bau- und Kunstthätigkeit begann, Beschäftigung zu finden. Vom J. 1694–1711 lebte er im Stifte Heiligenkreuz als bezahlter Bildhauer und schmückte den Hochaltar der Kirche und verschiedene andere Denkmale mit seinen plastischen Arbeiten; endlich ergab er sich ganz dem beschaulichen Klosterleben und schloß im J. 1711 einen Contract mit dem Stifte, wonach er als Laienbruder in die Abtei trat, dieser seine ganze künstlerische Kraft widmete, dagegen aber vom Kloster Unterhalt und sonstige Begünstigungen genoß. War G. auch kein Classiker des Bildhauerfaches, die man ja damals überhaupt vergeblich suchte, so besaß er immerhin große fachliche Kenntnisse, dann waren seine Anschauungen gegenüber jenen seiner Fachgenossen weitaus geklärter und naturalistisch durchgebildeter, wozu freilich der lange Aufenthalt in der stillen Abtei, die inmitten einer herrlichen Landschaft, ferne von der künstlerisch, wie gesellschaftlich überwuchernden Hauptstadt liegt, vielfach beitrug. Im J. 1707 nahm G. Georg Raphael Donner zu seinem Schüler auf; drei Jahre dürfte der Jüngling bei dem wälschen Meister zugebracht haben und – obwol die Erstlingswerke Donner’s noch deutliche Reminiscenzen an die italienische Schule zeigen, kann nicht geleugnet werden, daß Donner von G. seine reinere Kunstweise geerbt habe. Von Giuliany’s Arbeiten in Heiligenkreuz haben sich noch die Statuen des Kreuzweges erhalten; doch sind nicht alle diese Figuren von seiner Hand ausgeführt (s. darüber meinen [205] Aufsatz in den Mittheilungen der kaiserlichen Centralcommmission, 1877). Von eben diesen Arbeiten haben sich einige Modelle Giuliany’s in Heiligenkreuz vorgefunden, treffliche, kühne Arbeiten, voll naturalistischer Auffassung und verständiger Anatomie. Im Kreuzgange des Stiftes findet sich die Gruppe „Die Fußwaschung“, in Holz ausgeführt, wozu sich gleichfalls das Modell noch erhalten hat. Die sonstigen größeren Arbeiten des Künstlers, wie die Altäre in der Kirche zu Heiligenkreuz mußten im J. 1874 den Restaurationsarbeiten weichen.

Des Künstlers älterer Bruder Anton G., geboren zu Venedig im J. 1659, gestorben zu Wien am 17. August 1709, war kaiserlicher Hofkammermusiker und Compositeur. Ein reisender Franzose, der im J. 1699 Wien besuchte und hier den Künstler hörte, rühmt dessen musikalisches Talent. In gleichzeitigen Archivalien werden mehrere seiner Compositionen angeführt, erhalten hat sich davon nur eine, eine namenlose Cantata à 3 voci.