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Artikel „Ettmüller, Michael“ von August Hirsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 400–401, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ettm%C3%BCller,_Michael&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 10:03 Uhr UTC)
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Ettmüller: Michael E., Arzt, den 26. Mai 1644 in Leipzig geboren, machte, nachdem er in seiner Vaterstadt und in Wittenberg seine medicinische Ausbildung erlangt hatte, eine größere wissenschaftliche Reise durch Italien, Frankreich, England und die Niederlande und erlangte 1668, unmittelbar nach seiner Rückkehr in die Heimath, die medicinische Doctorwürde; 1676 habilitirte er sich als Privatdocent an der medicinischen Facultät in Leipzig, wurde daselbst 1681 zum Professor der Botanik und bald darnach zum Prof. extraord. der Chirurgie ernannt, starb aber schon am 9. März 1683 in einem Alter von 39 Jahren, wie sein Sohn mittheilt, an einem chronischen Lungenleiden, nach anderen Berichten an den Folgen eines von ihm unternommenen gefährlichen chemischen Experimentes. Trotz der kurzen Spanne Zeit, welche E. für die Entwicklung seines Talentes und für die praktische Bethätigung seiner hervorragenden Geistesgaben gegönnt war, ist es ihm doch gelungen, sich einen Platz unter den berühmten medicinischen Gelehrten jener Zeit zu erringen. Mit umfassendem Wissen ausgestattet, trat er als einer der befähigtsten Evangelisten der eben damals zu Ansehen gelangenden chemiatrischen Schule auf, sein Ruf zog schnell eine große Zahl von Schülern nach Leipzig, welche seine Vorlesungen aufs eifrigste niederschrieben und veröffentlichten, und so hat seine Lehre wesentlich dazu beigetragen, der Chemiatrie in Deutschland allgemeine Anerkennung und Geltung zu verschaffen. E. hat selbst nur wenig geschrieben, der größte Theil der unter seinem Namen erschienenen Schriften (ein vollständiges Verzeichniß derselben findet sich in Haller, Bibl. med.-pract. III. p. 173 ss.) ist theils, wie bemerkt, schon zur Zeit seines Lebens ohne sein Zuthun von seinen Zuhörern, theils, und in einem noch größeren Umfange, erst nach seinem Tode nach den von ihm hinterlassenen Manuscripten oder nach den Concepten seiner Schüler veröffentlicht worden – ein Umstand, der bei der Beurtheilung seiner Leistungen nicht außer Augen gelassen werden darf. Mit nicht geringen chemischen Kenntnissen ausgestattet, schrieb er eine „Chemia experimentalis atque rationalis curiosa“, 1684, von Außfeld herausgegeben, welche längere Zeit hindurch eines der beliebtesten Lehrbücher der Chemie und Pharmacie geblieben ist und aus dem wir Ansichten über die Zusammensetzung des Alauns, der Antimonverbindungen etc. entnehmen, welche denen seiner Zeitgenossen überlegen sind. Er verstand es, mit größerem Geschicke als sein Vorgänger Sylvius de la Boë, der Begründer [401] der Chemiatrie, seinen theoretischen Standpunkt in der Bearbeitung der Physiologie und Pathologie in consequenter Weise festzuhalten und denselben, wenn auch in sehr einseitiger, so doch geschmackvoller und daher bestechender Weise durchzuführen. Als bezeichnend für seine praktische Umsicht und Gewandtheit mag hier der Umstand geltend gemacht werden, daß er einer der ersten deutschen Aerzte war, welche Veneninfusionsversuche mit verschiedenen Heilmitteln an Thieren angestellt haben. (Die Mittheilung hierüber findet sich in seiner „Dissertatio de chirurgia infusoria“, Lips. 1668, abgedruckt in Opp., Frankf. 1708, II. p. 480.) – Die unter seinem Namen veröffentlichten Schriften sind vielfach gesammelt erschienen, die beste und allein nach den von ihm hinterlassenen Manuscripten bearbeitete Ausgabe ist die von seinem Sohne (vgl. den folgenden Artikel) Frankf. 1708 in III Voll. edirte, der auch eine Lebensbeschreibung Ettmüller’s aus der Feder des Sohnes (ursprünglich 1703 erschienen) beigegeben ist. Ueber sein Leben vgl. außerdem Joach. Feller, Progr. acad. in Ettmülleri funere, Lips. 1683.