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Artikel „Eschenbach, Ulrich von“ von Elias von Steinmeyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 340, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Eschenbach,_Ulrich_von&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 10:09 Uhr UTC)
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Eschenbach: Ulrich v. E., deutscher Dichter, wahrscheinlich ein Verwandter, nachweislich ein Nachahmer seines größeren Vorgängers Wolfram v. Eschenbach, lebte am Hofe König Wenzels II. von Böhmen (1278–1305), den er in seinen beiden Gedichten aufs überschwänglichste preist. Das eine derselben, die in mehreren Handschriften erhaltene, bisher aber nicht herausgegebene „Alexandreis“, beruht auf der dem Dichter durch zwei böhmische Edelleute vermittelten „Alexandreis“ des Walther von Chatillon; es ist vor 1284 begonnen worden, aber erst nach diesem Jahre vollendet. Das zweite Werk, der „Wilhelm von Wenden“, in welchem der Guillaume d’Angleterre des Chrestiens von Troies oder wenigstens eine dieser Erzählung nahestehende Fassung der Sage benutzt ist, entstand zwischen 1287 und 1297, vielleicht 1290. Endlich hat später der Dichter den 10 Büchern seiner „Alexandreis“ noch ein elftes mit der Schilderung der Belagerung der Stadt Tritonia und Alexanders Einzug daselbst hinzugefügt und dasselbe Boresch II. v. Riesenburg gewidmet.

Ulrich war ein gelehrter Mann, aber ein Poet sehr inferioren Ranges. Recht im Gegensatz zu den Dichtern der Blüthezeit, welche sich bemühen, den Ballast, den ihre Quellen boten, über Bord zu werfen, um einem einheitlichen Gedanken Ausdruck zu schaffen, ist er bestrebt, in seiner „Alexandreis“ alles zu vereinigen, was er irgend über seinen Helden erkunden konnte: so hat er denn seiner Vorlage manche neue Episode hinzugefügt, z. B. den Elfenschwank von Alexander und Antiloie, und dadurch den Umfang dieses Gedichtes auf etwa 30000 Verse gebracht, in denen sich arge Geschmacklosigkeit und crasse Unkenntniß des Alterthums verräth. Seine Fähigkeit zu schildern ist gering, er bewegt sich in schablonenhaften Phrasen. Aber auch mit seinem Darstellungstalente ist es nicht zum besten bestellt: er leidet offenbar an Reimarmuth und muß daher oft zu gezwungenen Constructionen, zu rührenden Reimen, zu Doppelformen der Reimwörter greifen, um nur überhaupt einen Reim zu gewinnen.

Vgl. Ferd. Weckherlin, Beyträge zur Geschichte altteutscher Sprache und Dichtkunst, Stuttgart 1811, S. 1 ff. – Wackernagel, Die altdeutschen Handschriften der Basler Universitätsbibliothek, Basel 1837, S. 26 ff. – Pfeiffer in Naumann’s Serapeum 9 (1848) S. 337 ff. – Wilhelm von Wenden, ein Gedicht Ulrichs von Eschenbach, herausgegeben von W. Toischer, Prag 1876.