Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Dohrn, August“ von Wilhelm Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 779–780, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Dohrn,_Carl_August&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 07:35 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Buff, Heinrich
Band 47 (1903), S. 779–780 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Carl August Dohrn in der Wikipedia
Carl August Dohrn in Wikidata
GND-Nummer 116171235
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|47|779|780|Dohrn, August|Wilhelm Heß|ADB:Dohrn, Carl August}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116171235}}    

Dohrn *): Karl August D., einer der hervorragendsten Entomologen seiner Zeit, wurde in Stettin am 27. Juni 1808 geboren. Nachdem er zuerst eine Privatschule besucht hatte, trat er in das Gymnasium ein. Schon als Schüler sammelte er eifrig Käfer. Später verlor sich jedoch dies Interesse und er wandte sich mehr der Musik und Belletristik zu. Schon mit dem sechzehnten Jahre absolvirte er das Gymnasium und bezog die Universität Berlin, um Rechtswissenschaft zu studiren. Dieses Studium flößte ihm jedoch kein besonderes Interesse ein, er betrachtete es vielmehr nur als Mittel, sich eine selbständige Existenz zu verschaffen, obwol er bei der Vermögenslage seines Vaters nicht auf pecuniären Verdienst angewiesen war. Nachdem er das Staatsexamen bestanden hatte, wurde er in seiner Vaterstadt Referendar.

Die leidenschaftliche Liebe zu seiner späteren Frau brachte ihn jedoch bald in Uneinigkeit mit seinen Eltern. Sein Vater verlangte, daß er sich erst eine selbständige Existenz erringen solle, ehe er sich verheirathete. Es kam zu einem völligen Bruch. D. gab seine Stellung auf und verließ Stettin, um sich ganz auf eigene Füße zu stellen und sich eine ihm zusagende Existenz zu erringen. Bald diesen, bald jenen Plan verfolgend, verbrachte er die folgende Zeit in München, Paris und Berlin, ohne daß er sein Ziel erreichte. Durch Vermittlung Alexander v. Humboldt’s, bei welchem ihn Felix Mendelssohn eingeführt hatte, und der ihm mit Rath und That zur Seite stand, söhnte er sich 1832 wieder mit seinen Eltern aus.

Eine hingeworfene Aeußerung, daß er wohl Lust hätte, Kaufmann zu werden, wurde von seinem Vater mit Freuden aufgegriffen und ihm reichlich Mittel zur Verfügung gestellt, sich in den Haupthandelsplätzen eine vollständige [780] kaufmännische Ausbildung zu erwerben. Bald erkannte er jedoch, daß ihm auch diese Beschäftigung keine Befriedigung gewährte. Er benutzte jedoch die Gelegenheit, um die französische, spanische, englische und italienische Sprache gründlich zu lernen. Dann unternahm er eine Reihe größerer Reisen. Von Hamburg aus besuchte er Norwegen und Schweden; dann durchstreifte er Frankreich, Italien, Algier, Spanien und schließlich Brasilien. Auf diesen Reisen begann er auch wieder Käfer zu sammeln, namentlich aber hatte er sein Augenmerk auf das Sammeln von Volksliedern gerichtet, von denen er eine interessante Sammlung zusammenbrachte.

Als er 1837 von Brasilien zurückkehrte, gab sein Vater den Widerstand gegen seine Verheirathung auf und erlaubte ihm zugleich ganz seinen wissenschaftlichen Studien zu leben. Zunächst beschäftigte D. sich mit der spanischen Litteratur und veröffentlichte vier Bände Uebersetzungen spanischer Dramen und einiger weniger bekannten Komödien von Calderon. Der Liebe zur Musik blieb er treu und übte mit der Zeit einen immer größeren Einfluß auf das Stettiner Musikleben aus. Entscheidend für seine spätere wissenschaftliche Thätigkeit war die Gründung des Stettiner entomologischen Vereins 1837 durch Dr. Schmidt. Auch D. wurde zu demselben herangezogen. Die gemeinschaftlichen Excursionen waren ihm eine willkommene Ausspannung von der anstrengenden Arbeit des Uebersetzens. Bald aber machte ihm auch das Sammeln Freude. Er holte die in fremden Ländern gesammelten Käfer hervor und widmete sich mehr und mehr der Entomologie.

Nach Dr. Schmidt’s Tode wurde D. zum Präsidenten des entomologischen Vereins gewählt, und wie er sich selbst allmählich zu einem hervorragenden Entomologen heranbildete, so nahm der Verein unter seiner Leitung bald eine der ersten Stellen unter den entomologischen Vereinen ein und zählte die ausgezeichnetsten Entomologen zu seinen Mitarbeitern. Zu den zahlreichen alten Beziehungen, welche D. auf seinen Reisen angeknüpft hatte, kamen immer neue und bald stand er im Mittelpunkt der entomologischen Welt. Zahlreiche werthvolle Aufsätze finden sich in der Stettiner entomologischen Zeitung und der Linnaea entomologica. Ferner verfaßte er Insectenverzeichnisse: 1855 den „Catalogus Coleopterorum Europae“ und 1859 den „Catalogus Hemipterorum“.

1862 wurde ihm von der philosophischen Facultät der Universität Königsberg die Doctorwürde honoris causa verliehen. Nachdem sein Sohn Professor Anton D. die zoologische Station in Neapel gegründet und dadurch einer neuen zoologischen Richtung Bahn gebrochen hatte, brachte D. die Winter in Neapel und Palermo zu. Nachdem der entomologische Verein das 50jährige Stiftungsfest gefeiert hatte, legte D. wegen seines Alters und der häufigen Abwesenheit von Stettin am 6. November 1887 das Präsidium, welches er 44 Jahre geführt hatte, nieder und sein Sohn, Dr. Heinrich D., trat an seine Stelle. Auch in seinen letzten Lebensjahren war er noch eifrig mit entomologischen Studien beschäftigt. D. starb am 10. Mai 1892. Seine ausgezeichnete Käfersammlung und die umfassende Bibliothek wurden von dem Erben der Stadt Stettin als Schenkung überwiesen.

Nekrolog in Stettiner entomol. Ztg. 1892, Nr. 10–12, S. 281–322.

[779] *) Zu S. 740.

WS: Die Seiten 781 bis 783 enthalten ein „Verzeichniß der im 47. Bande der Allgem. Deutschen Biographie enthaltenen Artikel“, das hier jedoch nicht transkribiert wird.