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Artikel „Czermak, Johann Nepomuk“ von Carl von Voit in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 672–673, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Czermak,_Johann_Nepomuk&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 00:09 Uhr UTC)
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Czermak: Johann Nepomuk Cz., gestorben als außerordentlicher Honorarprofessor der Physiologie an der Universität Leipzig, † 16. Sept. 1873 im 45. Lebensjahre. Er war am 17. Juni 1828 zu Prag geboren, studirte an den Universitäten Prag, Wien, Breslau und Würzburg mit großem Erfolge die Medicin und habilitirte sich, von wissenschaftlichen Reisen in seine Vaterstadt Prag zurückgekehrt, für Anatomie und Physiologie. Er wurde 1855 Professor der Physiologie zu Graz, dann 1856 zu Krakau, 1858 zu Pest, legte jedoch 1860 die letztere Stelle nieder und begab sich wieder nach Prag, woselbst er als Privatgelehrter lebte und in dem in seinem Garten erbauten physiologischen Institute [673] wissenschaftlichen Arbeiten sich hingab. Im J. 1865 erhielt er einen Ruf an die Universität Jena, wo er bis 1870 verblieb, dann aber, nach einer größeren Wirksamkeit sich sehnend, nach Leipzig übersiedelte. C. war ein geistvoller, fein gebildeter Physiologe mit großen Kenntnissen. Es war ihm jedoch nicht vergönnt die Wissenschaft, der er treu ergeben war, in neue Bahnen zu lenken oder einen bestimmten Theil derselben mit ausdauerndem Eifer auszubauen, woran ihn wol am meisten eine sich früh entwickelnde Krankheit, die Zuckerharnruhr, der er nach Jahre langen Leiden zum Opfer fiel, gehindert haben mochte. Es ist aber eine ganze Anzahl von kleineren experimentellen Arbeiten von ihm erschienen, deren Resultate fördernd auf die Physiologie einwirkten und welche meist durch eine sinnreiche Wahl der Mittel sich auszeichnen. Sein Hauptverdienst ist die Einführung des von Garcia erfundenen Kehlkopfspiegels in die Medicin und die Physiologie; er studirte mit diesem Instrumente namentlich die bis dahin nur ungenügend bekannten Veränderungen der Stimmritze beim Athmen und beim Tonangeben. Außerdem veröffentlichte er Untersuchungen zur Physiologie des Gesichtssinnes (Accommodationslinie, Accommodationsphosphen), dann über den Raumsinn der Haut, über die Stellung des weichen Gaumens beim Aussprechen der Vocale, über den Einfluß des nervus sympathicus auf die Absonderung des Speichels in der Submaxillardrüse, ferner sphygmische Studien (Pulsspiegel, Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Pulswelle) und einige mikroskopische Arbeiten. Cz. besaß ein großes Talent für allgemeinfaßliche Darstellung wissenschaftlicher Fragen und suchte in Vorträgen für Studirende aller Facultäten die Lehren der Physiologie als allgemeines Bildungselement weiteren Kreisen zugänglich zu machen. Dazu hatte er sich aus seinen eigenen bedeutenden Mitteln zu Leipzig ein physiologisches Privatlaboratorium mit einem großen Hörsaale erbaut, der mit allen Einrichtungen zur Demonstration und zum Experimentiren vor einem großen Publicum versehen ist und ein Muster für solche Zwecke genannt werden kann. Bald nach Vollendung dieser seiner Schöpfung, der er die letzten Jahre seines Lebens gewidmet hatte, erlag der liebenswürdige und edle Mann seinen Leiden.