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Artikel „Craesbeeck, Joos van“ von Wilhelm Schmidt (Kunsthistoriker) in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 544–545, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Craesbeeck,_Joos_van&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 00:06 Uhr UTC)
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Craesbeeck: Joos van C., Maler, geb. zu Neerlinter (Niederlinter), einem Dorfe unweit der Stadt Tienen oder Tirlemont in Südbrabant. Sein gleichnamiger Vater bekleidete in Neerlinter die Würde eines Schöffen. Wann C. geboren ist, kann man nicht mit Bestimmtheit sagen, da die Taufregister seines Heimathsortes blos von 1616 an gehen. Das angegebene Jahr 1608 beruht einfach darauf, daß Descamps (La vie des Peintres Flamands, Allemands et Hollandais) dasselbe nach seiner gewohnten Weise an den Rand seines Artikels über C. gesetzt hatte; es soll jedenfalls blos eine allgemeine Zeitbestimmung sein, sonst würde Descamps sicher in seinem Texte selbst es angegeben haben. Am 25. Juli, einem Freitag, des J. 1631, also in demselben Jahr, als Brouwer nach Antwerpen gekommen sein wird, ließ sich C. als Bäckermeister daselbst einschreiben. Dies Geschäft muß ihm aber wenig behagt haben, er wandte sich der idealen Kunst der Malerei zu, und man kann vermuthen, daß seine Semmel und Brote nicht allemal seine Kunden befriedigt haben werden. C. de Bie gibt in seinem Gulden Cabinet der edel vry Schilderkonst an, C. habe sich in Folge seiner Bekanntschaft mit A. Brouwer zur Kunst gewendet. Dies scheint dadurch bestätigt zu werden, daß er sich erst zwischen dem 18. Sept. 1633 und dem 18. Sept. 1634 gegen Erlegung von 23 Gulden in die St. Lucasgilde als Maler aufnehmen ließ. Denn wenn er ja schon früher Maler war, so hätte er sich sicher auch schon früher als solcher gemeldet. Dem widerspricht allerdings die Jahreszahl 1626 auf einem Bilde im Besitze des Herrn Lenglart zu Château de Lomme-lez-Lille, dasselbe stellt drei lebensgroße Halbfiguren vor, und es kamen bei der Wegputzung eines gefälschten Monogramms die Buchstaben C. B. F. und die obige Jahreszahl heraus. Für C. wären auch die Dimensionen sehr ungewöhnlich, wenn man auch zugeben muß, daß das Zeichen – wenn richtig gegeben – seinem Monogramme entspricht. Auf Grund dieses Bildes hat man sogar den Lehrer Brouwer’s in ihm gesehen. Den 5. März 1651 wurde Joos in die Brüsseler Malergilde eingeschrieben. In demselben Jahr, den 1. November, erkaufte er einige Bildchen von A. Brouwer, Kopfstudien vorstellend. 1653/54 trat ein gewisser Lucas Viters bei ihm zu Brüssel in die Lehre. Er muß jedoch bald darauf verstorben sein, da ihn De Bie (1662) unter den Todten aufführt. C. malte vollkommen in Brouwer’s Stile; zu Vorwürfen dienten ihm Bauernstuben, Wirthshäuser, Bordelle; seine Bauern und Soldaten spielen, zechen und singen oder schlagen sich! Entsprechend dieser Tendenz sind seine Bilder auch in kleinem Format gehalten. Daß es oft nicht sehr ästhetisch hergeht, liegt eben in jener Zeit, die einen derbern Magen hatte als unsere. Auch bei ihm spielen „spouwers“ und „schyters“ eine bedeutende Rolle. Mit Recht werden Craesbeeck’s Bilder sehr geschätzt, sie sind lebendig aufgefaßt, die Behandlung ist geistreich, die Farbe kräftig. Seinen Meister Adrian hat er freilich nicht erreicht, derselbe ist doch weicher in der Behandlung, zarter in der Farbe und sprühender im Ausdruck. Manche Bilder von Joos haben sogar etwas Trockenes, Kreidiges. Sie sind übrigens nicht häufig, doch muß man berücksichtigen, daß sie theilweise unter Brouwer’s Namen gehen. Das interessanteste darunter ist entschieden das sogen. Atelier Craesbeeck’s in der Gallerie des Herzogs von Arenberg zu Brüssel. Man sieht darin einen Maler vor seiner Staffelei sitzen, der uns den Rücken zukehrt und eine Gruppe von drei Herren und zwei Damen, offenbar eine distinguirte Gesellschaft, abzuzeichnen bemüht ist. Wie schade ist es, daß der malerische Bäcker, denn er ist es doch wol, uns nur die Rückseite seines Ich zu betrachten gibt. [545] Wir wären zu neugierig gewesen, ob er denn wirklich jener mürrische, ältliche Herr ist, der bei Descamps als Vignette erscheint. In den Splendeurs de l'art en Belgique (Bruxelles 1848) ist ein Porträt als das Craesbeeck’s abgebildet. Christ. Kramm war im Besitze einer Zeichnung, die mit demselben übereinstimmte. Ein vortreffliches Bild von ihm, das Innere eines Zimmers, worin die Frau das Bett macht, während sich der Mann die Stiefel anzieht, befindet sich in der Gallerie der kaiserl. Eremitage zu St. Petersburg. In den Wiener Sammlungen (Liechtenstein u. A.) bemerkt man verschiedene Bilder von Joost; das im Belvedere, Soldaten mit Weibern im Gespräch, ist jedoch sehr schülerhaft, wahrscheinlich ein Jugendwerk; bezweifeln, gleich Waagen, möchte ich es nicht, weil sich die Manier des Künstlers doch zu deutlich darin ausspricht. Das Berliner Museum besitzt das Brustbild eines Bauers, die Schleißheimer Gallerie ein Paar recht gute Wirthshausscenen. – C. bezeichnet seine Bilder I. V. C. B. und CB.