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Artikel „Cartier, Germanus und Gallus“ von Karl Werner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 36–37, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Cartier,_Germanus&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 10:06 Uhr UTC)
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Cartier: Germanus und Gallus C., zwei Brüder, aus Pruntrut gebürtig, die beide gleichzeitig dem Benedictinerkloster Ettenheimmünster im Breisgau angehörten. Die Wahl ihrer Klosternamen wird wol nicht ohne Bezug auf ihren französischen Familiennamen und ihre deutsche Abkunft vorgenommen worden sein, wozu noch das weitere Witzspiel kommt, daß Germanus einen französischen, Gallus einen deutschen Heiligen bedeutet. Der ältere der beiden Brüder, Germanus († 1749), machte sich als Schriftsteller, hauptsächlich durch eine Uebersetzung und Erklärung der Bibel nach dem Vulgatatexte bekannt: „Biblia vulgata editionis jussu Sixti V. recognita cum nova versione et commentariis“ (1751), 4 Bde. Fol. mit Figuren. Gewissermaßen als Einleitung hiezu verhält sich die Schrift des jüngeren Bruders: „Tractatus theologicus de S. Scriptura succinctam et perspicuam illius historiam, nec non praecipua, quae circa eam tradunt theologi, complectens“ (1736). Gallus C. trat wiederholt als Vorkämpfer für die Lehre von der päpstlichen Unfehlbarkeit auf; er übersetzte zuerst ein Werk des französischen Benedictiners M. Petitdidier über diesen Gegenstand (1727) ins Lateinische, und arbeitete später selbst eine Schrift ähnlichen Inhaltes aus, in welcher er sich die Widerlegung Bossuet’s („Declaratio ecclesiae gallicanae“) und des Sorbonnisten Tournely zur Aufgabe setzte („Auctoritas et infallibilitas Summorum Pontificum in fidei et morum quaestionibus definiendis stabilita“. (1738). Sein Hauptwerk ist die „Theologia universalis ad mentem et methodum celeberrimorum nostrae aetatis theologorum ac ss. Scripturae interpretum“ (1757), 4 Tom. in 5 Voll. 4°. Die Tendenz dieses Werkes ist dieselbe, wie sie in mehreren anderen Arbeiten gleichen Inhaltes aus jener Zeit, besonders im Benedictinerorden, getroffen wird; der Verfasser bekämpft den Scholasticismus der bisherigen Theologie, und will demselben gegenüber eine auf Bibel, Kirchenväter und Concilien gestützte Theologie anbauen helfen. Hier tritt also an die Stelle des Scholasticismus ein kirchlicher Positivismus, der übrigens ein eklektisches Eingehen auf die überlieferten Theologumena der scholastischen Theologie nicht ausschließt. So redet Gallus C. unter gewissen Restrictionen der Scientia media, d. i. der Bedingtheit des göttlichen Wollens durch das göttliche Vorherwissen das Wort, zeigt sich nebenher auf dem Gebiete der Gnadenlehre der von den späteren Thomisten vertretenen Lehre von der Praemotio physica nicht abhold, verwirft die Lehre der sogenannten reinen Augustiner von der Delectatio victrix. Mit der Lossagung vom Scholasticismus hängt bei C. die Adoptirung eines mit empiristischen Elementen versetzten Cartesianismus zusammen, welcher der in seinem Geiste behandelten kirchlichen Theologie die nöthige nationale Unterlage darbieten sollte. Hierauf bezieht sich Cartier’s „Philosophia eclectica ad mentem et methodum celeberrimorum nostrae aetatis philosophorum [37] concinnata et in quatuor partes, Logicam nempe, Metaphysicam, Physicam et Ethicam distributa“, 1756.