Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Carrion, Ludwig“ von Conrad Bursian in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 27–28, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Carrion,_Ludwig&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 02:00 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Carro, Jean de
Band 4 (1876), S. 27–28 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Nach Wikipedia-Artikel suchen
Louis Carrion in Wikidata
GND-Nummer 118972898
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|4|27|28|Carrion, Ludwig|Conrad Bursian|ADB:Carrion, Ludwig}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118972898}}    

Carrion: Ludwig C., Philolog und Jurist, geb. zu Brügge im J. 1547 oder vielleicht schon einige Jahre früher, gestorben zu Löwen 23. Juni 1595. Seine in Löwen begonnenen juristischen und philologischen Studien setzte er in [28] Köln fort, von wo er im J. 1564 in der Absicht eine Reise nach Italien zu unternehmen nach Löwen zurückkehrte; hier führte er sich zuerst in die gelehrte Welt ein durch seine Ausgabe der „Argonautica“ des Valerius Flaccus, die er aus einem von ihm entdeckten Codex an vielen Stellen verbessert hatte, mit kritisch-exegetischen Anmerkungen (Antwerpen 1565). Die Reise wurde aus uns unbekannten Gründen zunächst verschoben und unterblieb dann ganz; C. blieb in Löwen mit philologischen Arbeiten beschäftigt. Zunächst gab er, da sich in seine Ausgabe der „Argonautica“ des Valerius Flaccus in Folge der Hast der Veröffentlichung zahlreiche Fehler eingeschlichen hatten, eine neue Ausgabe des Textes dieses Gedichts mit angehängten „Castigationes“ (Antw. 1566) heraus. Dann arbeitete er an der Sammlung der Fragmente der „Historiae“ des Sallustius („C. Sallustii Crispi historiarum libri VI a L. Carrione collecti et restituti“, Antwerpen 1573) und an einem größeren Werke über römische Sacralalterthümer, welches den Titel „Sacrorum Romanorum fasti sive de veteri iure pontificio libri“ führen sollte. Dieses Werk ist nie vollendet worden; Proben davon – kritische und exegetische Bemerkungen zu einzelnen Stellen römischer Schriftsteller – enthalten seine „Antiquarum lectionum commentarii III“ Antwerpen 1576. Nachdem er dann noch die kleine bis dahin ungedruckte Schrift des Cassiodor „De orthographia“ (Antw. 1579) und eine Ausgabe sämmtlicher Werke des Sallust mit den Commentaren verschiedener Gelehrter (3 Bde. 1579–80) veröffentlicht hatte, ging er um 1580 nach Frankreich, wo er ungefähr 5 Jahre sich aufhielt, theils in Paris, theils in Orleans und Bourges; an den beiden letztern Orten hielt er öffentliche juristische Vorlesungen, hauptsächlich aber beschäftigte er sich auch in diesen Jahren mit Studien und Arbeiten über die römische Litteratur und das römische Alterthum, wovon seine zwei Bücher „Emendationes et observationes“ (Paris 1583, das erste ist an Claudius Puteanus, das zweite an Nicolaus Faber gerichtet), seine Ausgabe der Schrift des Censorinus „De die natali“ (Paris 1583), worin er zuerst erkannt hat, daß der Schluß dieser Schrift verloren gegangen ist und daß die gewöhnlich damit verbundenen Abschnitte über Astronomie, Geometrie, Physik und Metrik ein besonderes Schriftchen bilden, endlich die von ihm in Gemeinschaft mit Henricus Stephanus besorgte Ausgabe der „Noctes atticae“ des Gellius (Paris 1585: den versprochenen Commentar dazu hat C. nicht geliefert) Zeugniß geben. Um 1585 wurde er als außerordentlicher Professor der Rechte nach Löwen berufen und widmete sich nun mit großem Eifer und glücklichem Erfolg der akademischen Thätigkeit, die ihm, wie es scheint, zu schriftstellerischen Arbeiten keine Zeit mehr übrig ließ; schon 1586 erhielt er die ordentliche Professur der Institutionen, 1589 die des canonischen Rechts, bekleidete auch 1591 das Rectorat der Universität. Wenn C. auch nicht zu den Philologen ersten Ranges gehört, so hat er sich doch vermöge seiner umfassenden Gelehrsamkeit und seines Scharfsinns um die Herstellung der Texte der von ihm herausgegebenen römischen Schriftsteller sowie um die Erforschung der römischen Alterthümer nicht geringe Verdienste erworben.

Vgl. Biographie nationale de Belgique III. p. 352 ss.