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Artikel „Burchard III., Erzbischof v. Magdeburg“ von Karl Janicke in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 559–561, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Burchard_III.&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 15:25 Uhr UTC)
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Burchard III., Erzbischof v. Magdeburg, † 1325, bekannt durch seine vielen Zwistigkeiten mit der Stadt Magdeburg und durch seinen tragischen Tod, stammte aus einer Nebenlinie der Edlen Herren von Querfurt, der sogenannten Schraplau’schen. Sein gleichnamiger Vater starb 1303, seine Mutter Oda war eine Gräfin v. Buchau. Beide, Vater und Sohn, führten den Beinamen „Lappe“. Nach dem Tode Erzbischof Heinrichs (10. Nov. 1307) wurde B., der 1301 urkundlich als Magdeburger Scholasticus vorkommt und[WS 1] mindestens seit 1294 dem Domcapitel angehörte, zum Erzbischof gewählt. Als er von Papst Clemens V. das Pallium empfangen hatte, kehrte er Anfang Mai 1308 nach Magdeburg zurück. Die uns erhaltenen chronikalischen Notizen und noch mehr die nicht wenigen vorhandenen Urkunden aus der Zeit seines Episcopats lassen B. als einen Mann von rücksichtsloser Energie erscheinen, dessen Bestreben darauf ausging, die Macht des Erzstifts und des Erzbischofs nach außen und nach innen auf jede Weise zu heben und zu kräftigen. Mögen auch die Chroniken, die nur zum geringsten Theile auf gleichzeitigen und durchaus zuverlässigen Nachrichten beruhen und aus Kreisen hervorgegangen, die ihm feindlich gesinnt waren, vielfach ein falsches Bild von ihm entwerfen: die Urkunden bestätigen das über ihn ausgesprochene Urtheil in allen Punkten. Die Stadt Magdeburg gerieth sehr bald, obwol sie ihm gleich nach seiner Wahl und dann wieder nach seiner Rückkehr ansehnliche Geschenke gemacht und ihn auch auf einem Zuge gegen die erzstiftischen Ministerialen nach Neu-Gatersleben unterstützt hatte, mit ihm wegen Auflage neuer Steuern, namentlich auf Bier, in heftigen Streit. Ein Vertrag vom 24. Nov. 1309 regelte die streitigen Punkte, und die Stadt bezahlte für die klarere Feststellung ihrer Rechte an den Erzbischof die Summe von 600 Mark Silbers. Auch von anderer Seite erwuchsen ihm, wie es scheint, gleichfalls durch sein rücksichtsloses Vorgehen, Schwierigkeiten. Bereits im J. 1308 war ihm sowie den Erzbischöfen von Mainz, Köln und Trier von Seiten des Papstes Clemens V. der Auftrag geworden, eine Untersuchung gegen die Tempelherren einzuleiten. Die Bulle vom 10. Dec. 1310 bestimmte, daß er die in und bei der Magdeburger Diöcese gelegenen Güter der Tempelherren bis auf weitere Anordnung sequestriren solle. Da diese zum Theil zur Halberstädter Diöcese gehörten und der Erzbischof, ohne vorgängige Rücksprache mit dem Bischof Albert von Halberstadt genommen zu haben, sogleich ans Werk ging, so that ihn letzterer, wol auf Betrieb seines Metropoliten, des Erzbischofs Peter von Mainz, der von der Unschuld des Ordens überzeugt und über Burchards leidenschaftliches Verfahren gegen denselben höchst aufgebracht war, deshalb in den Bann, von dem ihn die päpstliche Bulle vom 12. Dec. 1311 befreite. Bald darauf wurde er vom Halberstädter Bischof, weil er zwei Kirchen seines Sprengels zu militärischen Zwecken benutzt hatte, wiederum mit dem Banne belegt, den die Bulle vom 25. Juli 1312 aufhob. Um diese Zeit, vielleicht noch etwas früher, müssen neue Streitigkeiten zwischen ihm und der Stadt Magdeburg ausgebrochen sein. Ein großer Theil der Salzpfannen in dem etwa zwei Meilen entfernt gelegenen Salze gehörte Magdeburger Bürgern. Bis dahin war die Salzfabrikation und Ausfuhr abgabenfrei gewesen, B. belegte jetzt beides mit einer Abgabe, erbaute [560] in Salze eine Feste und schädigte von hier aus die Magdeburger vielfach. Auch in anderen Magdeburg nahgelegenen Ortschaften wurden Festen errichtet. Viele Bürger wurden von ihm gefangen genommen und nur gegen hohes Lösegeld in Freiheit gesetzt. Außerdem verletzte er die in dem Vertrage vom 24. Nov. 1309 enthaltenen Bestimmungen hinsichtlich der freien Verschiffung des Korns. Als er (etwa August 1313) in die Stadt ritt, um, wie es in einer Chronik heißt, Uneinigkeit unter der Bürgerschaft zu erregen, wurde er festgenommen und drei Wochen auf dem Rathhause gefangen gehalten. Durch Vermittlung des Markgrafen Waldemar von Brandenburg kam am 1. Sept. 1313 zwischen Erzbischof und Stadt eine Sühne zu Stande. Kaum aber hatte B. seine Freiheit wieder, so zog er mit einem Heere vor Magdeburg. Spätere Zeiten haben diese Belagerung sagenhaft ausgeschmückt, ein ziemlich gleichzeitiger Bericht kennt diese sagenhaften Zuthaten nicht. Durch Markgraf Waldemar wurde nochmals der Friede zwischen den streitenden Parteien vermittelt (8. Jan. 1314), der aber nicht von langer Dauer war. Nach den neuen Verträgen vom 18. Dec. 1314 und 4. April 1315 sollte der Bann über die Stadt Magdeburg aufgehoben werden, diejenigen Bürger, welche der Erzbischof vom Banne nicht lösen könnte, sollten beim Papste in Avignon die Absolution nachsuchen, wozu B. seine Verwendung versprach. Aber auch damit hatte der Streit noch nicht sein Ende erreicht. Als im folgenden Jahre (1316) Theuerung eintrat, verbot der Erzbischof, den Bürgern Magdeburgs Korn zuzuführen: erst die Zahlung einer bedeutenden Summe veranlaßte ihn, das Verbot aufzuheben. Die nächsten Jahre hindurch scheint das Verhältniß zwischen B. und der Stadt ein besseres geworden zu sein; möglich, daß sein Bestreben, die Macht des Erzstifts auf Kosten der Nachbarn, namentlich der Mark Brandenburg, zu vergrößern, wozu er der Hülfe der reichen Stadt bedurfte oder sie doch wenigstens nicht in den Reihen seiner Gegner sehen wollte, ihn eine friedfertigere Politik befolgen ließ. Erst mit dem Beginn des J. 1324 – vorausgesetzt, daß in der Ueberlieferung keine Lücke ist – brach der alte Streit von neuem aus, und zwar heftiger als je. Dies Mal gab, soweit die erhaltenen Quellen es erkennen lassen, eine Verletzung der Rechte und Interessen Halle’s durch Erzbischof B. die Veranlassung. Am 5. Febr. 1324 schlossen die beiden mächtigsten Städte des Erzstifts, Magdeburg und Halle, ein ewiges Bündniß, „der ghewalt unde deme unrechten weder to stande“. Der Erzbischof ist zwar nicht genannt, aber die Fassung der Urkunde läßt keinen Zweifel aufkommen, daß das Bündniß gegen ihn gerichtet ist. Am 17. März verband sich Halle mit dem Grafen Burchard von Mansfeld. Halle erließ einen Fehdebrief an den Erzbischof, doch sind wir über die Einzelheiten des zwischen den Parteien ausgebrochenen Kampfes so gut wie gar nicht unterrichtet. Am 14. Oct. kam ein Vergleich zu Stande zwischen B. einer- und dem Grafen Burchard von Mansfeld und den Städten Magdeburg, Halle und Calbe andererseits. Die zwischen ihnen obschwebenden Streitigkeiten sollten danach durch acht Schiedsmänner beigelegt werden. An demselben Tage stellte B. den Städten Magdeburg, Halle und Calbe, sowie den mit ihnen verbündeten Fürsten und Herren eine Urkunde aus, worin er sie vom Banne losspricht, ersteren ihre früheren Privilegien bestätigt und außerdem verspricht, ohne ihre Zustimmung keinen neuen Schoß und Bede auflegen zu wollen. Das Domcapitel gab dazu seine Zustimmung und verpflichtete sich, falls der Erzbischof die drei Städte nicht innerhalb vier Monate vom Interdict befreien würde, diesen zwei Schlösser einzuräumen. Aber auch diese Verträge führten den Frieden nicht herbei. Noch am 2. Dec. 1324 fanden im Paulinerkloster in Magdeburg zwischen den Kriegführenden Verhandlungen statt, doch ist nicht überliefert, mit welchem Erfolge. Die Fehde wird wol auch im folgenden Jahre ihren Fortgang gehabt haben. [561] Vom 16. Juli 1325 haben wir eine Urkunde des Magdeburger Domcapitels, durch die sich dasselbe verpflichtet, Erzbischof B. anzuhalten, den Verbündeten Herren und Städten den ihnen zugefügten Schaden zu ersetzen und für den Fall der Weigerung, ihm keinen Beistand zu leisten. Zwei erzstiftische Städte, Burg und Haldensleben übernahmen dieselbe Verpflichtung. Auf Veranstaltung einiger Bürger, denen der Erzbischof vertraute – gewiß hatte er in der Stadt immer noch eine Anzahl Anhänger –, ritt er in Magdeburg ein (29. Aug.). Dort angekommen, wurde er gefesselt und in seinem Palaste sorgsam bewacht. In der Nacht zum 21. Sept. wurde er auf Veranstaltung des Rathes in den neuen Keller des Rathhauses gebracht, wo ihn seine Wächter erschlugen. Die Ermordung Burchards machte in ganz Deutschland gewaltiges Aufsehen und auch nichtmagdeburgische Chroniken erzählen das Ereigniß ausführlich. Für die Stadt war der Mord von den übelsten Folgen, nur mit schweren Opfern erlangte sie erst mehrere Jahre später Absolution vom Bann, auch ihre politische Selbständigkeit erlitt dabei Einbuße. Für die Beurtheilung der Geschichte Burchards ist nicht außer Acht zu lassen, daß das formale Recht schwerlich ganz und gar auf einer Seite gewesen ist: hier ein willensstarker Kirchenfürst, der seine wirklichen oder vermeintlichen Hoheitsrechte über die Stadt zu behaupten und zu mehren strebt, dort eine reiche Bürgerschaft voll starken Freiheitsdranges, die allen diesen Versuchen mit gleicher Energie gegenübertritt.

Magdeburger Schöppenchronik (Städtechroniken VII.), S. 180–197. Chron. Magdeburg. bei Meibom, Script. Rer. Germ. II. 335–339. v. Dreyhaupt, Saalkreis I. 49–61. Riedel, Cod. Dipl. Brandenb. I. v. Mülverstedt, Ueber einige Punkte in der Regierungsgeschichte des 1325 erschlagenen Erzbischofs von Magdeburg, Burchard, in den Magdeburger Geschichtsblättern VII. 76–99. Wiggert, Ueber die Begräbnisse der Erzbischöfe von Magdeburg, ebd. II. S. 202–204 über das Begräbniß Erzb. Burchards.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: uud