ADB:Adolf I. (Erzbischof von Mainz)

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Artikel „Adolf I., Erzbischof von Mainz“ von Rochus von Liliencron in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 117–119, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Adolf_I._(Erzbischof_von_Mainz)&oldid=- (Version vom 7. Oktober 2024, 20:54 Uhr UTC)
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Adolf I., Erzbischof von Mainz, Graf von Nassau, geb. um 1353, † 6. Febr. 1390, Urenkel König Adolfs von Nassau, Sohn des Grafen Adolf II. von Nassau-Wiesbaden-Idstein und der Margaretha, einer Tochter des Burggrafen Friedrich IV. von Nürnberg. Als am 12. Febr. 1371 Adolfs II. Bruder, Erzbischof Gerlach von Mainz, starb, theilte sich die Wahl des Capitels zwischen seinem damals 18jährigen Neffen A. und dem Trierer Erzbischof Kuno von Falkenstein; doch ward, nachdem letzterer abgelehnt hatte, auf den Wunsch des Kaisers Graf Johann von Luxemburg, damals Bischof von Straßburg, von Papst Gregor XI. zum Erzbischof erhoben und auch im Stift, dessen Privilegien er zu Nürnberg am 6. Juli 1371 bestätigte, anerkannt. Aber schon am 4. April 1373 starb er, und zwar, wie es hieß, an Gift. Der überwiegende Einfluß, den das Nassauer Haus bei dem stiftischen Adel besaß, bewog das Capitel, jetzt auf A. zurückzukommen. Dieser war inzwischen noch im J. 1371 zum Bischof von Speier gewählt worden. Da er sich weigerte, der Stadt Speier, wie es seit 1303 vertragsmäßig zu geschehen hatte, ihre Privilegien vor seinem Einzug in vollem Umfang zu bestätigen, kam es zur Fehde, die aber schon am 11. Nov. 1371 beigelegt ward. A. ist dann bis 1379 als Bischof und hernach bis zum 24. März 1389, wo er zu Gunsten des inzwischen gewählten Nicolaus von Wiesbaden verzichtete, als Verweser im Besitz des Bisthums Speier geblieben, für dessen Verwaltung er, wenn er sich auch persönlich wenig damit befaßte, wohl gesorgt zu haben scheint. Ihn selbst nahmen bald die wichtigeren Mainzer Angelegenheiten ganz in Anspruch. Zwar seine dortige Wahl hatte der Kaiser auch diesmal hintertrieben, wol in der Besorgniß, daß die Nassauer vermöge der fortgesetzten Verbindung mit dem Erzstift eine zu mächtige Stellung am Mittelrhein gewinnen möchten. Gegen A. ward hiebei das Gerücht benutzt, als habe er die Vergiftung Erzbischof Johanns angestiftet. Statt seiner erhielt also Landgraf Ludwig von Thüringen, Bischof von Würzburg, im Frühjahr 1374 das Mainzer Pallium. Alsbald erschien aber A. mit starker Macht, besetzte die meisten festen Orte des Erzstiftes und ließ sich überall huldigen. Vergebens erhoben sich die Landgrafen von Thüringen und Hessen für seinen Gegner; dann aber, im Sommer 1375, erschienen auch der Kaiser und König Wenzel von Böhmen gegen ihn im Feld. Von Gebesee an der Unstrut, wo man sich gegenüberlag, warf sich A. in das ihm verbündete Erfurt, dessen monatelange muthige Gegenwehr den Kaiser zum Abzug und zur Vermittelung eines Stillstandes bewog, vermöge dessen jeder der beiden Gegner im einstweiligen Besitz dessen, was er inne hatte, belassen ward. Damit war Ludwigs Sache im Grunde aufgegeben, denn fast das ganze stiftische Gebiet mit Ausnahme des einzigen Salza war bereits in Adolfs Händen. Dem Kaiser konnte für das nächste Ziel seiner Politik, für Wenzels Wahl zum deutschen König, allenfalls auch der bloße erzbischöfliche Name Landgraf Ludwigs den erforderlichen Dienst leisten. Daß dieser 1376 zur Königswahl nach Rense und Frankfurt unangefochten ziehen dürfe, erkaufte Wenzel von A. mit der urkundlichen Zusicherung, daß das mainzische Gebiet dabei in keiner Weise beunruhigt werden solle.

A. benutzte, nachdem ein unbedeutender Krieg gegen die Stadt Speier am 18. Febr. 1377 beigelegt war, die folgenden Jahre, um sich im Stifte festzusetzen und seinen Einfluß in dessen Grenzlanden durch Bündnisse auszubreiten. Als sodann nach Gregors IX. Tod das Schisma ausbrach und nun Urban VI. 1379 den Ludwig als Erzbischof anerkannte, wandte sich A., den, wo es einen [118] Gewinn galt, weder politische noch kirchliche Bedenklichkeiten sonderlich störten, an den französischen Gegenpapst Clemens VII., der ihm natürlich für diese seine Anerkennung bereitwillig das Pallium sandte. Am 29. Oct. zu Eltville damit bekleidet, nannte er sich hinfort, die bis dahin geführten Titulaturen umkehrend, Erzbischof von Mainz und Vormünder von Speier. Jetzt fand auch Wenzel, der inzwischen den deutschen Thron bestiegen hatte, es vortheilhafter, sich mit ihm auszusöhnen. Am 4. Febr. 1381 ward auf dem Nürnberger Reichstag in einer Reihe von Urkunden der Ausgleich vollzogen. Erst vermittelte der König eine Fehde zwischen A. und dem Kurfürsten Ruprecht von der Pfalz, welche im vorigen Jahre die beiderseitigen Lande verwüstet hatte, und übrigens weniger ihrem inneren Grunde nach als in ihren kleinen äußerlichen Anlässen bekannt ist. Demnächst trat A. in das zu Urbans VI. Anerkennung gebildete Fürstenbündniß ein; dafür sagte ihm der König die Auswirkung des Palliums und die Belehnung zu. Am 18. April konnte er demnach, von beiden Päpsten wie vom König anerkannt, seinen feierlichen Einzug in Mainz halten. Sein Gegner Ludwig, mit dem Erzbisthum Magdeburg abgefunden, fand bereits am 17. Febr. 1382 zu Kalbe bei einem Tanz von der Treppe stürzend den Tod.

Fortan sehen wir A. in rastloser Thätigkeit an der Reichspolitik theilnehmen. Ueberall erscheint er an der Spitze der Fürstenpartei, welche zunächst in Verbindung mit dem König ihre Thätigkeit gegen die Städtebündnisse richtet und dann den von daher drohenden Gefahren in den Stallungen von Heidelberg (1384) und Mergentheim (1387) durch Bündnisse mit den Städten vergeblich die Spitze abzubrechen suchte. Daneben aber gehen bereits seit 1384 geheime Beredungen unter den Fürsten, welche auf Wenzels Absetzung zielen und auch hierin zeigt sich A., trotz seiner sonst unausgesetzt engen Beziehungen zum König, besonders geschäftig. Außerdem fand er aber auch für den näheren Vortheil zu sorgen Zeit. Alte noch aus Erzbischof Gerlachs Zeit stammende Streitpunkte und neuere kirchliche Klagen aus der Zeit des Mainzer Schisma’s boten den Anlaß zum Krieg wider Hessen, bei dem es der Erzbischof theils auf Sicherung seines maßgebenden Einflusses in diesen vom stiftischen Gebiete durchzogenen Landen, theils auf Eroberungen abgesehen haben mochte. Mit Landgraf Balthasar von Thüringen, seinem früheren Widersacher, und mit Otto dem Quaden von Braunschweig verbündet, brach er im Juni 1385 auf Kassel herein. Zwar die Hauptstadt hielt sich, aber Immenhausen und andere Orte fielen rasch, so daß Landgraf Hermann sich schon am 22. Juli zu einem in Immenhausen abgeschlossenen Anstand genöthigt sah, in welchem er dem Erzbischofe diesen Ort nebst Wolfenhagen und Grebenstein für 20,000 Gulden versetzte. Als zu Weihnachten die Zahlungsfrist verfallen, zog A. die drei verpfändeten Städte ein. Der Krieg kam aber schon im J. 1387 zu neuem Ausbruch, indem die verbündeten Fürsten dem Landgrafen vorwarfen, er habe die auf Grundlage des Immenhauser Friedens erfolgten Schiedssprüche nicht vollzogen. Auch diesmal richteten die Verbündeten ihren Angriff zuerst vergeblich gegen das von seinen Bürgern tapfer vertheidigte Kassel. Landgraf Balthasar trennte sich dann von ihnen; A. und Otto dagegen setzten den Krieg noch eine geraume Weile fort, bis ihnen der Mergentheimer Landfriede vom 5. Nov. 1387 und päpstliche Friedensgebote, mehr aber wol noch die Rücksicht auf den eben jetzt ausbrechenden gefährlichen Krieg in Süddeutschland Einhalt thaten. Es war während dieser Kämpfe, daß von dem Erzbischof in Hessen das bezeichnende Wort aufkam: „Erzbischof Adolf beißt um sich wie ein Wolf.“

Dunkle Kunden von jenen fürstlichen Plänen gegen ihn hatten mittlerweile den König auf die Seite der Städte gedrängt, die ihm auf dem Nürnberger [119] Tage von 1387 als Preis für seine Gewährungen ausdrücklich ihren Beistand wider jeden, der ihn vom Reich verdrängen wolle, verhießen. Wenn dann Mainz, Speier und Worms ihren nachträglichen Beitritt zu diesen Abmachungen ablehnten, so scheint auch hierin wieder Adolfs Hand zu erkennen. Denn am 28. und 30. Oct. 1388 schloß er, der alte Städtefeind, mit eben diesen Städten geheime Bündnisse, deren Ziel wieder die Absetzung des Königs bildet. Noch dazu hatte er sich von diesem, der also von seinem Doppelspiel nichts geahnt haben kann, vorher am 4. Oct. die ausdrückliche Erlaubniß zu einem Bündniß mit jenen Städten ertheilen lassen. Im folgenden Jahre sehen wir ihn dann eifrig dahin wirken, die durch den neuen Ausbruch des großen Städtekriegs in Schwaben, Baiern und am Rhein inzwischen entstandenen Feindseligkeiten, nachdem die Tage von Döffingen und Worms die Niederlage der Städte besiegelt hatten, wieder zu beschwichtigen, um Raum für seine weiteren Pläne im Reich zu gewinnen. Da zerschnitt aber sein frühzeitiger Tod diese emsig gesponnenen Fäden. Gegen Ende des Jahres 1389 war er in seiner besonders getreuen Stadt Erfurt, um daselbst die Stiftung der Universität zu vollziehen. Noch am 24. Jan. 1390 fertigte er dort eine Urkunde aus. Gleich darauf erlag er zu Heiligenstadt einer schmerzhaften Krankheit. Die Schriftsteller der Zeit rühmen seine Klugheit und Tapferkeit, wie die Umsicht seiner Verwaltung. Ein beißendes Spottgedicht auf die Fürsten, um 1385 gedichtet, zählt ihn dagegen unter die obersten Schalksnarren des Reichs; hin und her mit wahrer Taschenspielerkunst, wisse er stets da zu stehen, wo das Glück am besten sei.