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Woche vor Johannis beginnt die Stadt lebhaft zu werden, und diese Zeit gewährt manchem ein irdisches Freudenleben, auf welches das Fegefeuer der drey Zahl- oder Johannistage folgt. Die Tage vor Johannis sind dem Vergnügen, den Visiten, und höchstens der Einleitung der Zahlungsgeschäfte gewidmet. Besonders aber werden sie wahre Freudentage für die Damen, indem, außer den vielen abwechselnden Vergnügungen, die alle Stunden des Tages einnehmen, eine Menge Läden mit ausgesuchtem Putz gefüllt und in, jedem Augenblick zahlreich besucht sind. Oft werden auch schon um 10 und 11 Uhr Vormittags Koncerte gegeben. So sang vor zwey Jahren in dieser Morgenzeit, im Theater, bey vollem Hause, die berühmte Mara, — selbst schon im Abende ihres Lebens. Nachmittags um 3 Uhr hat man fast alle Tage Koncerte, die von durchreisenden Virtuosen, deren oft 6 und mehrere sich hier beysammen finden, gegeben werden. Ihre Einnahme muß doch beträchtlich genug seyn, um eine weite Reise und einen kostbaren Aufenthalt zu bezahlen. Wie mancher verdienstvolle Künstler hat hier nicht durch trefliches Spiel

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Ulrich von Schlippenbach: Malerische Wanderungen durch Kurland. C. J. G. Hartmann, Riga und Leipzig 1809, Seite 390. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/405&oldid=- (Version vom 6.1.2021)