Seite:Heft23VereinGeschichteDresden1912.pdf/30

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Dresdner Journale[1] wurde es um die Mitte des 18. Jahrhunderts einmal klar ausgesprochen, daß mit sehr behutsamer Feder geschrieben werden müsse, und daß man in diesen kritischen Zeiten die Blätter nur mit Miscellangeschichte, genealogischen und geographischen Anmerkungen habe füllen können. An absprechenden und kritischen Bemerkungen aus dem Publikum fehlte es denn auch nicht. Den Herausgebern aber blieb unter dem Druck der Verhältnisse tatsächlich nichts weiter übrig, als sich zu fügen, und sie mußten, um die Blätter zu füllen „ein Senf darüber hermachen“, wie Kaspar von Stieler einst schrieb. – So kläglich diese Verhältnisse heute erscheinen, fallen sie doch in die Zeit, in welcher sich die Anfänge eines Umformungsprozesses ankündigen, der die moderne Zeitung schuf. Diese war erst möglich geworden durch die Aufhebung der Privilegien und der Zensur, durch den konstitutionellen Staat. – Die freie Meinungsäußerung, der Leitartikel, war Bestandteil der Zeitung geworden. Nur die Anonymität erinnert jetzt noch an die Form, aus der er und die moderne (d. h. die zensurfreie) Zeitung hervorgegangen ist, an die Flugschrift aus der Zeit der Reformation.


4. Umformungsprozeß und Konzentration.

Charakteristisch für das Zeitungswesen des 17. und 18. Jahrhunderts ist das Nebeneinander entwickelter und unentwickelter Formen. Neben der allerdings vereinzelt auftretenden Tageszeitung besteht die geschriebene Zeitung, das Flugblatt und die (meist umfangreichere) nicht periodische Relation. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts beginnt ein Umformungsprozeß im Zeitungswesen mit der Tendenz, die Anzahl der Formen zu vermindern und den Inhalt der Zeitungen zu erweitern. Zunächst ging dieses durch die bestehenden Privilegien behinderte Streben nach einem mannigfaltigeren Inhalt von dem Wunsche aus, auf diese Weise die Verbreitung des Blattes zu heben, andere Formen entbehrlich zu machen, und, soweit es sich um Aufnahme von Anzeigen handelte, die Ertragsfähigkeit des Unternehmens zu steigern.


  1. Miscellanea Saxonica. Jg. 1757. Vorrede.