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bei den meisten Blättern nicht so sehr darauf an, ob die Gebühren zu hoch oder zu niedrig bemessen waren. Ein allerdings seltener Beweis hierfür ist eine Bestimmung des Münsterischen Intelligenzblattes[1]: „Wer Abonnent dieses Blattes war, hatte das Recht, seine Avertissements unentgeltlich dem Intelligenzblatte einrücken zu lassen, doch sollten Auswärtige Commissionen franco geschickt werden.“ Obrigkeitliche Preisvorschriften oder die Gewährung der Postfreiheit ließen nicht selten wirtschaftliche Erwägungen hinsichtlich der Preisbildung zurücktreten, so daß es schließlich genügte, wenn sich die Anzeigenpreise einigermaßen im Verhältnis zu dem Werte des angezeigten Gegenstandes befanden. Dies ist überhaupt die Grundlage aller Preisbildung im Anzeigewesen. Sobald mißliche Verhältnisse die Herausgeber zu rationeller Wirtschaft veranlassen, zeigt sich das Bestreben, den Absatz des Blattes zu heben und durch Preisanpassung die Zahl der Inserenten zu vermehren. Das „Gesetz der Spekulationspreise“ beherrschte, wie heute noch, schon die ersten Versuche wirtschaftlicher Preisgestaltung auf dem Gebiete des Annoncenwesens.

Die Anfänge der großen Differenzierung der Anzeigenpreise im modernen Zeitungswesen und der ihr zugrunde liegenden wirtschaftlichen Gesetze sind, wie früher gezeigt wurde, seit dem ersten Auftreten der Zeitungsanzeigen erkennbar. Denn diese wirtschaftlichen Erkenntnisse sind nicht erst mit dem Anzeigewesen entstanden. Das Streben, die Preise in derselben spekulativen Weise zu gestalten, tritt in der von Anfang an beobachteten Abneigung gegen feste Preise zutage. Bemerkenswert für die weitere Entwicklung in Dresden ist, wie wenig sich die Anzeigenpreise in den ersten einhundertfünfzig Jahren des „Anzeigers“ verändert haben. 1874 kostete die Zeile 1 Groschen und in den achziger Jahren betrug der gewöhnliche Zeilenpreis (wie bei den meisten Dresdner Zeitungen) 15 Pf.[2]. Die Anzeigenpreise richteten sich nicht nach den Produktionskosten der Zeitung, sondern die Produktionskosten richteten sich nach den Anzeigepreisen: die Leistungen wurden den Inseraten- und Abonnementseinnahmen angepaßt. Die wirtschaftliche Grundlage der Zeitungen aber war bis


  1. Carl d’Ester, Das Zeitungswesen in Westfalen von den ersten Anfängen bis zum Jahre 1813. Münster i. W. 1907. S. 164.
  2. Insertionstarif des Invalidendank, 1874, von Rud. Mosse 1887.