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Mittwoch, 18. Aug. 1943.     

     Ich wachte um 1/2 2 Uhr auf von sehr starkem Motorengeräusch, das von schweren Bombern herrührte, die über uns hinweg flogen. Gegen 3/4 2 Uhr kam Martha zu mir, sie ängstigte sich. Sie will in Richtung Rostock Flakfeuer gesehen u. Detonationen gehört haben. Es mag sein, – ihre Fenster liegen in dieser Richtung, während ich in meinem Zimmer nur das Motorengeräusch hörte. Es müssen viele Hunderte von Flugzeugen gewesen sein, die immer in neuen Wellen anflogen aus Richtung Gjedser. Der Lärm ließ erst nach 1/2 3 Uhr nach. – Heute früh im Rundfunk wurde keinerlei Nachricht darüber bekannt gegeben. Ich fürchte, daß dieser Angriff Berlin gegolten hat. Es war klarer Mondschein u. fast windstill.

Sonnabend, 21. Aug. 1943.     

     Margret schien zur Einsicht gekommen zu sein, jedenfalls erklärte sie, auf ihr Studium verzichten zu wollen u. im Winter hier bleiben zu wollen, jedoch nicht, wie sie zu Fritz sagte, aus Liebe zu ihm, sondern aus Zwang. Ich hielt das noch immer für kindischen Trotz u. begnügte mich vorerst mit dem Sieg, den Fritzens Standhaftigkeit davongetragen hatte. Gestern nachmittag waren Frau Prof. Marie Seeberg mit ihren beiden Töchtern Stella u. Doris bei Fritz + Margret zum Kaffee. Margret hatte auch uns durch Fritz auffordern lassen, aber wir hielten es für besser, nicht hinzugehen. Fritz erzählte uns dann Abends, daß M. jetzt ganz vernünftig sei. Die drei Damen Seeberg, die wohl eine schwache Ahnung von dem Konflikt haben mochten, da Martha der sehr netten Doris gegenüber etwas davon gesagt hatte, sind rührend bemüht gewesen, Margret zur Vernunft zu bringen, wobei Stella auch eine positive Idee beisteuerte, indem sie Margret vorschlug, im Winter den Kindern der Forensen, die ja vermutlich in großer Zahl hier sein werden wegen der Bombenangriffe, wissenschaftlichen Unterricht zu geben. – Obwohl ich selbst nicht glaube, daß M. dazu überhaupt fähig ist nahm sie diesen Gedanken doch mit Begeisterung auf, sodaß Fritz ihr versprach, daß er dafür sorgen wolle, daß sie in diesem Falle im Geschäft nicht im Geringsten beschäftigt werden würde. Es schien so, als sollte auf diese Weise der ganze Konflikt doch noch eine Lösung finden. – Heute früh traf aber ein Telegramm von Margrets Mutter aus Schwarzenberg ein, wo sich diese momentan aufhält. Es ist das ein kleiner Ort in den Alpen irgendwo in der Nähe des Bodensees. Sie telegraphierte, sie sei krank geworden u. Margret müsse sofort zu ihr kommen. Ich sagte zu Fritz, daß ich dieses Telegramm für eine abgekartete Sache zwischen Mutter + Tochter hielte u. daß es eine glatte Unverschämtheit sei, Margret zu rufen, während Fritz für 14 Tage hier im Urlaub ist. Es war das natürlich nur ein Gefühl von mir, doch erreichte ich damit, daß Fritz zurücktelegraphierte, daß Margret's Kommen während seines Urlaubs ausgeschlossen sei. Fritz bestätigte mir auch, daß Margret sich über das Telegramm u. die angebliche Erkrankung der Mutter nicht im Geringsten aufgeregt gezeigt hätte, obgleich sie heute wieder einmal selbst den ganzen Tag über die Kranke gespielt u. im Bett gelegen hatte. Auch diese Krankheit halte ich für Simulation. Heute abend nun kam Fritz in sehr aufgeregtem Zustande

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Hans Brass: TBHB 1943-08-18. , 1943, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-08-18_001.jpg&oldid=- (Version vom 15.5.2024)