Seite:Aus dem Märchenschatz der Kaschubei.djvu/23

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Frau jung und hübsch wird.“ Der Meister wollte das gern, und der Geselle sagte: „Morgen komme ich nicht zum Mittagessen, dann schicken Sie die Frau mit dem Essen her, ich werde sie jung und hübsch machen.“

Am anderen Tage kam der Geselle nicht zum Mittagessen. Da sagte der Schmied zu seiner Frau: „Er kann heute nicht kommen, er hat zu viel Arbeit. Bringe ihm doch das Essen in die Schmiede.“ Die Frau ging mit dem Essen zur Schmiede, aber sowie sie eingetreten war, verschloß der Geselle die Tür, ergriff die Frau und warf sie ins Feuer. Die Frau schrie, aber das half nichts, er hielt sie mit der Zange fest und zog den Blasebalg, daß die Kohlen tüchtig in Glut kamen. Dann nahm er die Frau heraus, legte sie auf den Amboß und bearbeitete sie mit dem größten Hammer, bis sie jung und hübsch war. Der Meister hatte durchs Schlüsselloch zugesehen und dachte: „Das kann ich auch machen.“

Nach einigen Wochen wanderte der Geselle weiter. Als er eine halbe Meile gegangen war, befiel ihn eine große Angst, er lief zurück und kam zu der Schmiede, gerade als der Meister die alte Frau des Schneiders umschmieden wollte. Sie lag schon auf dem Amboß, und der Meister hatte den Hammer in der Hand, als der Geselle eintrat. Er sprang schnell hinzu, riß den Meister zurück und rief: „Meister, was wollen Sie machen? Sie verstehen das doch nicht!“ Er besah die alte Frau und sagte dann: „Ich will versuchen, ob ich noch verbessern kann, was Sie schon verdorben haben.“ Er warf die Frau nochmals ins Feuer, zog den Blasebalg, legte sie auf den Amboß und bearbeitete sie mit dem Hammer. Aber der Meister hatte schon zu viel verdorben, und so wurde es keine junge, hübsche Frau, sondern ein alter, häßlicher Affe, und der Schneider mußte den Affen als Frau behalten. Seit der Zeit versuchte der Schmied nicht wieder, alte Frauen umzuschmieden.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Lorentz: Aus dem Märchenschatz der Kaschubei. Fuchs & Cie., Danzig 1930, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_dem_M%C3%A4rchenschatz_der_Kaschubei.djvu/23&oldid=- (Version vom 31.7.2018)