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ich dann weiterziehen. Des Christen Weg ist ein Glaubensweg, des Dieners Christi auch. Von Glauben zu Glauben werden wir geführt. Im Glauben sollen wir alle sprechen lernen: deiner Führung folg ich still; wie du willst, nicht wie ich will. Tausendfach sind unsere Gedanken nicht Gottes Gedanken; daran müssen wir uns in der Selbstverleugnung des Glaubens gewöhnen. Ich leugne nicht: der Weg, den ich jetzt gehe, ist für mich ein schwerer. Er kostet mich viel Kampf, viel Gebet, viel Thränen. Mein Herz muß sich losreißen von theuren Verbindungen; von niemand reißt es sich aber schwerer los als von dir, theure Gemeinde. Der Abschied von der Gemeinde ist immer recht bitter für den Geistlichen. Die Verbindung zwischen dem Geistlichen und der Gemeinde gehört zu den innigsten und zartesten in diesem Leben. Mehr als einmal mußte ich dieß zarte Band schon lösen. Nie habe ich aber die Schmerzen der Lösung so tief empfunden, als da ich scheide von euch. Ihr werdet mich wohl frei glauben von dem Wahn, als sei ich für euch unentbehrlich und unersetzlich. Aber eines drückt mich besonders. Ihr habt mir in diesem Jahre einen Beweis eures besondern einmüthigen Vertrauens gegeben. Ich danke euch für denselben von ganzem Herzen. Aber äußerlich angesehen lohne ich denselben euch ja schlecht genug. Gerade jetzt ziehe ich fort. Aber glaubt es mir doch: Ich suche nicht das Meine, meine Ehre oder gar meinen Gewinn dabei. Ich habe nicht nach dem Amt, das mir das Vertrauen meiner kirchlichen Obern zugedacht, getrachtet. Ich hatte nichts anderes im Sinn, als nach längerer Zeit der Unruhe und vielgestaltiger Arbeit mit freierer Muße und mit gesammelter Kraft euch Sonntag für Sonntag das Evangelium zu predigen und auch bei euch den letzten Ruf zu erwarten. Ich habe längere Zeit dem neuen Rufe widerstrebt und habe auch nachher alles Gott anheim gestellt und gesprochen: des Herrn Wille geschehe. Je und je wollte ich mich nicht selber führen, sondern führen lassen. Auch jetzt, will ich festiglich glauben, führt mich Gott. Seinem Rufe glaube ich zu folgen, indem ich folge dem Ruf unserer väterlich