Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Chester“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 3 (1886), Seite 1002
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Chester. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 3, Seite 1002. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Chester (Version vom 24.06.2021)

[1002] Chester (spr. tscheßter), 1) Hauptstadt von Cheshire (England), auf felsiger Anhöhe am schiffbaren Dee, 12 km oberhalb dessen Einmündung in sein seichtes Ästuarium. C. war römisches Castrum (Deva), und nirgends sonst in England trifft man auf so viele Zeugen der Anwesenheit der alten Römer. Der alte römische Wall aus rotem Sandstein bildet jetzt einen 2350 m langen Spaziergang, der rings um die Stadt führt. Die sich rechtwinkelig durchschneidenden Straßen sind in den Felsen eingehauen und haben teilweise auf beiden Seiten Lauben oder „rows“, zu denen man auf Stufen hinaufsteigt. Viele der Häuser sind aus Holz und Fachwerk errichtet und kehren ihren Giebel der Straße zu. Über den Fluß führen eine alte Brücke von sieben Bogen (wohl älter als die normännische Eroberung) und die neue Grosvenorbrücke in einem Bogen von 60 m Spannung. Von merkwürdigen Gebäuden sind zu erwähnen: die gotische Kathedrale, teilweise noch aus dem 12. Jahrh., 1876 restauriert; die danebenstehende Werburghabtei, die schon vor 700 Jahren eine der reichsten Englands war; die Kirche Johannis des Täufers aus dem 11. Jahrh., außerhalb der Stadtmauern, mit frei stehendem Glockenturm. Von dem alten, von Wilhelm dem Eroberer erbauten Schlosse sind nur noch geringe Reste vorhanden. An seiner Stelle steht jetzt eine Gruppe neuer Gebäude, die als Gerichtshof, Gefängnis und Kasernen dienen. Die Bevölkerung zählte 1881: 36,788 Seelen. C. ist allerdings noch Seehafen, aber nur Küstenfahrer gelangen den Fluß aufwärts bis in seinen Hafen, und auch der Ellesmerekanal, der es mit Ellesmere Port am Mersey verbindet, ist nur für kleine Fahrzeuge zugänglich. Sein Handel mit dem Ausland ist daher gering, wohl aber ist der Küstenhandel von Bedeutung. Käse, Salz, Kohlen, Blei und irische Leinwand sind die wichtigsten Handelsartikel. C. ist Sitz eines anglikanischen Bischofs, hat ein Lehrerseminar und eine Lateinschule (King’s School). Außerhalb der Mauern liegt die berühmte Rennbahn Roodee,km südlich von der Stadt Eaton Hall, der prächtige Landsitz des Herzogs von Westminster. Rowton Moor (Schlacht 1645) liegt südöstlich. – C. ist eine der ältesten Städte Englands. Zur Zeit der Römer hieß sie Deva oder Colonia Devana (von dem Deefluß) und war Standquartier der 20. Legion der Römer (Valeria Victrix). An das römische Castrum erinnert auch der heutige Name der Stadt, und Spuren der alten Befestigungen, Münzen, Säulen etc., die man daselbst gefunden, zeugen von ihrer einstigen Bedeutung. Hernach war C. Hauptfestung gegen Wales. Während des Bürgerkriegs war C. Hauptstützpunkt der Royalisten und ergab sich erst nach langer Belagerung 1646 der Parlamentsarmee. Vgl. Hemingway, History of the city of C. (Chester 1831, 2 Bde.). – 2) Stadt im nordamerikan. Staat Pennsylvanien, am Delaware, 15 km unterhalb Philadelphia, mit Schiffswerften, zahlreichen Fabriken und (1880) 14,997 Einw.; ist die älteste Ansiedelung in Pennsylvanien, 1643 von Schweden gegründet und Upland geheißen. Unter William Penn ward hier 1682 die Provinzialversammlung gehalten.