Die Offenbarung Johannis/Einleitung 1,1-8

« Ἀποκάλυψις Ἰωάννου Wilhelm Bousset
Die Offenbarung Johannis
1,9-20. Die einleitende Vision »
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Einleitung 1,1-8.
1,1-3 die Überschrift des Buches. Mit großer Energie wird der prophetische Charakter des Buches betont (beachte die Stufenleiter der Autoritäten: Gott, Christus der Engel, Johannes), und dieses den (kirchlichen) Vorlesern und den Hörern empfohlen; vgl. die Bucheingänge Jes 1,1; Jer 1,1ff.; Prv 1ff. 1,1. ἀποκάλυψις Ἰησοῦ Χριστοῦ (ist nicht Gen. Obj.: die Enthüllung Jesu in messianischer Herrlichkeit, sondern Gen. Subj., doch nicht Gen. des Besitzers, sondern des Urhebers in der nachfolgenden Beschränkung) ἣν ἔδωκεν αὐτῷ ὁ θεὸς, δεῖξαι τοῖς δούλοις αὐτοῦ. Vgl. Amos 3,7: οὐ μὴ ποιήσῃ κ. ὁ θ. πρᾶγμα, ἐὰν μὴ ἀποκαλύψῃ παιδείαν πρὸς τοὺς δούλους αὐτοῦ τοὺς προφήτας. δείκνυμι in dieser Bedeutung der Mitteilung göttlicher Offenbarung durch die Vision gehört zum Sprachbestand des Apokalyptikers (s. o. S. 178). Unter „seinen Knechten“ versteht der Apok. speziell die Propheten (s. o. S. 177). Züllig übersetzt in richtiger Absicht: seinen Huldknechten (vgl. seine Ausführungen I 242ff.). Das αὐτοῦ ist nach 22,6 auf Gott, nicht auf Christus zu beziehen (anders Dstd.) – [182] δεῖ γενέσθαι ἐν τάχει (zu ἐν τάχει Dtn 9,3; Ez. 29,5; Ps 2,12; B. Weiß). Es soll geschehen nach göttlicher (absoluter) Willensbestimmung (δεῖ) und zwar im Kürze, nicht in rascher Entwicklung der Dinge, – die Überzeugung aller lebendigen eschatologischen Erwartung. Vgl. Dan 2,28.29: ἃ δεῖ γενέσθαι ἐπ’ ἐσχάτων τῶν ἡμερῶν. (Theod.: τί δεῖ γενέσθαι μετὰ ταῦτα). Der Unterschied, der zwischen der Apk und der jüdischen Apokalyptik besteht, und der darauf beruht, daß in ersterer kein Zeuge aus urgrauer Zeit redet, tritt durch diese Parallele klar hervor, vgl. noch Dan 12,4.9 u. o. S.  151. καὶ ἐσήμανεν (ein Wort des johanneischen Schriftkreises s. o. S. 179) ἀποστείλας διὰ τοῦ ἀγγέλου αὐτοῦ. Und „er hat angezeigt“ oder „Kunde gebracht“. Das Subjekt zu ἐσήμανεν ist wahrscheinlich nicht Gott, sondern Christus, dem ja nach dem Vorhergehenden eben das δεῖξαι τοῖς δούλοις anvertraut ist. Die Worte gehören also nicht mehr zum Relativsatz und man hat zu übersetzen: welche Gott ihm gegeben hat, seinen Knechten zu zeigen, und er (sc. Christus) hat sie kundgemacht (wörtlich: angezeigt, vgl. Weizs’. Übersetzung). – Oder man müßte mit Pr. (significavit nuntianda) ἐσήμανεν ἀποστεῖλαι lesen und übersetzen: welche Gott gegeben hat zu zeigen ... und geboten hat zu entsenden. (σημαίνω ist in dieser Bedeutung im NT nicht nachweisbar, doch findet es sich LXX I Esr 2,4: καὶ ἐσήμηνέν μοι οἰκοδομῆσαι, und oft in klassischer Gräzität; auch ἀποστέλλω mit dem Akk. einer Sache ist nachweisbar). – Bei der gewöhnlichen Lesart steht ἀποστεῖλαι absolut = hinsenden vgl. Ex 4,13 שָׁלַח בְיַד. Wenn dagegen eingewandt ist, daß ἀποστείλας im NT immer mit dem Akk. der Person stehe, so lesen Mt 11,2 BCZ 33 D it. πέμψας διά. – Die Vorstellung, daß Jesus durch seinen Engel die Offenbarung gesandt, bereitet Schwierigkeiten. Die Idee eines besonderen Offenbarungsengels ist in der jüdischen Apokalyptik weit verbreitet und stammt sicher daher (s. o. S. 6f.). Sie will aber nicht recht zu der sonst in der Apk vorliegenden Anschauung stimmen. In den unmittelbar folgenden Kapiteln ist der Menschensohn Träger der Weissagung 1,10ff.; 4,1. Der Engel 10,1ff. hat nur eine vorübergehende Rolle (vgl. 7,2.13; 18,1). Erst zum Schluß tritt der Schutzengel, der dem Apok. die große Hure und das himmlische Jerusalem zeigt, stärker hervor 17,1.7.15; 19,9ff.; 21,9; 22,1. Man begreift, wenn in Rückblick hierauf der Apok. zum Schluß 22,6 sagt, daß Gott seinen Engel geschickt habe, seinen Knechten zu zeigen, was bald geschehen solle (22,16). Man wird daher annehmen müssen, daß der Apok. das Prooemium erst nachträglich geschrieben hat, nachdem er sein Buch beendigt hatte. Da waren ihm vor allem die letzten Kapitel im Gedächtnis. Dieselbe Hand, die 22,16 (im Rückblick auf die vorhergehenden Kapitel) schrieb: ἐγὼ Ἰησοῦς ἔπεμψα τὸν ἄγγελόν μου μαρτυρῆσαι ὑμῖν ταῦτα ἐπὶ ταῖς ἐκκλησίαις, hat nachträglich im Prooemium geschrieben: ἐσήμανεν ἀποστείλας διὰ τοῦ ἀγγέλου αὐτοῦ. – τῷ δούλῳ αὐτοῦ Ἰωάνῃ. Man beachte, wie hier wiederum δοῦλος Ehrenprädikat des Johannes ist.

1,2. ὃς ἐμαρτύρησεν (22,16.18.20, das Wort gehört dem johanneischen Schriftenkreis an) τὸν λόγον τοῦ θεοῦ καὶ τὴν μαρτυρίαν [183] Ἰησοῦ Χριστοῦ. Der Aor. ist gewählt, weil der Schreiber sich auf den Standpunkt seiner Leser versetzt. Veraltet ist die Deutung auf das Johannesevangelium und die Briefe. Die Wendung: „Wort Gottes und Zeugnis Jesu“ kommt in der Apk sehr häufig vor und ist ein plerophorischer Ausdruck für christliche Offenbarung überhaupt vgl. 1,9; 6,9; 12(,17); (19,10); 20,4; hier wird der allgemeine Ausdruck durch das folgende ὅσα εἶδεν näher bestimmt als die speziell in diesem Buch vorliegende Offenbarung. μαρτυρία Ἰησοῦ ist Zeugnis Jesu (nicht von Jesus). μαρτυρία gehört wie μαρτυρεῖν dem johanneischen Schriftenkreis an (s. o. S. 179). ὅσα εἶδεν[1]: so viel er schaute.

1,3. μακάριος (s. o. S. 176f.) ὁ ἀναγινώσκων. Die Wendung erinnert an synoptischen Sprachgebrauch (Mt 5,3ff.; Lk 6,21f.; Joh 20,49; Jak 1,12). Grund der Seligpreisung ist die Anwartschaft auf das Leben im messianischen Reich. Der „Lesende“ ist der Vorleser im öffentlichen Gottesdienst (Justin, Apol. I 67; Weyland 119). Das beweist der wechselnde Numerus in den Partizipien. Der Apok. bestimmt sein Buch von vornherein als heiliges und prophetisches zur gottesdienstlichen Verlesung. καὶ οἱ ἀκούοντες τοὺς λόγους[2] τῆς προφητείας[3] (22,9; über die der Apk eigentümliche besondere Hochschätzung der προφητεία s. o. S. 138) καὶ τηροῦντες (gehört dem johanneischen Sprachgut an s. o. S. 179) τὰ ἐν αὐτῇ γεγραμμένα. Die Ermahnung, das in der Apk Geschriebene zu halten, hat einen ganz bestimmten Sinn. Dieselbe bezieht sich nicht in erster Linie auf die in den Sendschreiben enthaltenen einzelnen Mahnungen (Dstd.). Die ganze Schrift will eine mächtige Mahnung an die Christen sein, in der letzten Zeit der bittersten Not und des heißen Kampfes getreu auszuharren. ὁ γὰρ καιρὸς (11,18) ἐγγύς. 22,10. Vgl. Mt 24,33; 26,18 und das oben zu ἐν τάχει (1,1) Bemerkte, zu ἐγγύς Joh 2,13; 6,4; 7,2; 11,55 (B. Weiß).

Exkurs zu 1–3. Das Prooemium hat seiner Stellung vor dem eigentlichem Eingang 4 – 6 mannigfache kritische Bedenken hervorgerufen. Völter² 8 erklärte die Verse für spätere Zutat des Redaktors. Ebenso schreibt J. Weiß die Verse dem vom Apok. zu unterscheidenden Redaktor zu.

Nach Sp. 11, Sabatier, Schön liegt hier eine Überschrift vor, wie sie später in den Manuskripten öfter den neutestamentlichen Schriften vorgesetzt worden sei. Es ist aber kein Grund gegen die Annahme vorhanden, daß der Apok. selbst seinem Werk diesen Titel vorgesetzt hätte. Dafür, daß das erst nachträglich nach Vollendung des Buches geschehen ist (vgl. Hirscht), spricht auch das an 22,16 direkt anlehnende διὰ τοῦ ἀγγέλου (s. o.). Auffällig ist die johanneische Sprachfärbung dieser Verse; man vgl. die Ausdrücke σημαίνειν, μαρτυρεῖν, μαρτυρία, τηρεῖν. Das Prooemium empfiehlt die Schrift in feierlicher Weise als heiliges prophetisches Vorlesungsbuch.

[184] 1,4-6 Adresse und Segen. 4. Ἰωάνης ταῖς ἑπτὰ ἐκκλησίαις ταῖς ἐν τῇ Ἀσίᾳ. Besondere Schwierigkeit macht hier der bestimmte Artikel. Völter (vgl. ²12, ³441, ⁴49), der die Verse 4-6 ganz aus ihrem Zusammenhang mit V. 9 löst, nimmt an, daß sein Urapokalyptiker, dem er V. 4 – 6 zuspricht, in einer Zeit geschrieben habe, in der es nur sieben kleinasiatische Gemeinden gegeben habe. Diese Meinung steht und fällt mit dem Recht der Völterschen Quellenscheidungen. Wenn dagegen Spitta, der den V. 4 in seinem Zusammenhang mit V. 9 beläßt, ebenfalls der Meinung ist (S. 19), die genannten Städte hätten gleichsam eine Heptapolis in Kleinasien gebildet, (vgl. die Dekapolis im Ostjordanland), so ist dagegen einzuwenden, daß dann so wichtige altchristliche Zentren, wie Colossae und Hierapolis u. a., nicht fehlen durften. — Man wird daher bei der Annahme bleiben müssen, daß der bestimmte Artikel hier im voraus auf 1,11 verweist (vgl. S. 174), wo die sieben Städte genannt werden. Dann ist es freilich von vornherein klar, daß wir es nicht mit wirklichen Briefen in den Sendschreiben zu tun haben, die Briefform ist nur fingiert. Der Apokalyptiker richtet seine Ermahnungen an eine heilige Siebenzahl von Städten, und welche er meint, sagt er erst nachher. So verfährt niemand in einem wirklichen Sendschreiben. Gerade an sieben Gemeinden schreibt er wegen der Heiligkeit der Siebenzahl. — Unter Ἀσία ist natürlich das prokonsularische Asien zu verstehen. Man bemerke noch, daß die genannten sieben Städte sämtlich Gerichtsstädte waren (Holtzmann. Marquardt, römische Staatsverwaltung I 340 – 42).

χάρις ὑμῖν καὶ εἰρήνη ἀπὸ ὁ[4] ὢν καὶ ὁ ἦν καὶ ὁ ἐρχόμενος 1,8; 4,8. Bemerkenswert ist, daß in dem Friedensgruß, den man übrigens kaum paulinisch nennen darf (Sp., Vlt.) noch nicht ἔλεος vorkommt, wie I II Tim. II Joh. ἀπὸ ὁ ὤν (vgl. namentlich noch ὁ ἦν, was nicht in ὃς ἦν umzudeuten ist) ist vielleicht beabsichtigte grammatische Härte. Es liegt eine erhabene Feierlichkeit in dem undeklinierten Gottesnamen. — Vgl. LXX Ex 3,14 ἐγώ εἰμι ὁ ὤν Jes. 41,4. Vielleicht liegt hier eine sonst schon geläufige Ausdeutung des Jahwenamens vor. Targum Hierosol. zu Ex 3,14: qui fuit, est et erit, dixit mundo; Targum Jonathan zu Dtn 32,39: ego ille, qui est et qui fuit et qui erit; Schemoth Rabba III 105b; Midrasch Tehillim 117b; Bereschith Rabba LXXXI (s. Wtst). Stellen aus griechischen Autoren, in welchen Zeus, Athena, Asklepios mit denselben Prädikaten bedacht sind s. bei Wtst. — Unerwartet kommt gegenüber sämtlichen Parallelen der Ausdruck ὁ ἐρχόμενος (Mt 11,3; Hbr 10,37), er ist nicht gleichbedeutend mit ὁ ἐσόμενος, sondern mit bestimmter Beziehung auf den Inhalt der Apk gewählt (Dstd.).

καὶ ἀπὸ τῶν ἑπτὰ πνευμάτων. Durch die Einführung der sieben Geister an dieser Stelle entsteht eine der merkwürdigsten trinitarischen Formel, zu der als Parallele höchstens Justin, Apol. I 6 anzuführen wäre: ἀλλ’ ἐκεῖνόν τε καὶ τὸν παρ’ αὐτοῦ υἱὸν ἐλθόντα ... καὶ τὸν τῶν ἄλλων ἑπομένων [185] καὶ ἐξομοιουμένων ἀγαθῶν ἀγγέλων στρατὸν, πνεῦμά τε τὸ προφητικὸν[5] σεβόμεθα (vgl. I Tim 5,21; Athenagoras, Suppl. c 10 [11 A] u. 24 [27 A]). Die sieben Geister werden außer 3,1 noch zweimal in der Apk erwähnt, 4,5 sind es die sieben Fackeln vor Gottes Thron, 5,6 die sieben Augen des Lammes. Damit dürften wir vielleicht kombinieren, daß Christus inmitten von sieben goldnen Leuchtern erscheint 1,12 und sieben Sterne 1,16.20 in seiner Hand hat. Es fragt sich, woher diese Vorstellung von sieben Geistern stammt. Der Verweis auf Sach. 3,8ff. und 4,2, wo von sieben Sternen (sieben Augen Gottes) und sieben Leuchtern die Rede ist, hilft uns zunächst nicht weiter, da er nichts wirklich erklärt. Tatsächlich hat man später aus Jes 11,2 die Vorstellung von dem siebenfältigen Gottesgeist oder den sieben Geistern bewiesen. Doch mußte man die Siebenzahl erst mühsam aus dieser Stelle herausrechnen, da hier nur sechs Gaben des Geistes aufgezählt sind. Wie aus Justin, Dialog 87 (314 D vgl. 314 B)[6] „πνεῦμα σοφίας ... συνέσεως ... βουλῆς ... ἰσχύος ... εὐσεβείας ... φόβου ... γνώσεως“ ersichtlich ist, gewann man die Siebenzählung durch Heranziehung von Jes 11,3 (πνεῦμα φόβου). Ebenso wie Justin deutet das Targum Jonathan[7] zu Jes 11,2 die Stelle (Gfrörers II, 249). Auch auf einen sechsfachen Gottesgeist wird die Stelle richtig gedeutet (Pirke R. Eliesers, Kap. 3. Gfrörer, II, 249). So legen denn auch schon die ältesten Ausleger der Apk (Victorin, Andreas, Primasius [Ticonius?]) die Stelle mit Beziehung auf Jes 11,2 aus. — Aber deutlich ist, daß die Anschauung von den sieben Geistern nicht aus Jes 11,2 entstanden sein kann. Es könnte sich nur fragen, ob nicht schon der Apok. durch haggadische Auslegung dieser Stelle zu der Anschauung gekommen sein könnte. Doch deutet darauf keine einzige Spur. Höchstens könnte man dafür ins Feld führen, daß Apk 5,6 das Lamm im Besitz der sieben Geister erscheint, eine ähnliche Idee, wie sie Justin in der genannten Stelle (vgl. auch Dialog 39. 258 A) aus Jes 11,2 entwickelt. Auch zeigen sich daneben in dem Vorstellungsmaterial der Apk manche von hier aus unauflösliche Elemente (die sieben Fackeln 4,5, die Augen 5,6, die Sterne 1,16.20).

Vor allem aber zeigt die vorliegende Stelle einen ganz andern Stil, als jene spiritualisierenden Vorstellungen. Es steht hier eben nicht, daß der Messias in Besitz von sieben Geistern sei, sondern ganz real und konkret stehen die sieben Geister neben dem Χριστός. Was wir hier vor Augen haben, ist eine Vorstellungsform polytheistischer Mythologie, von der von vornherein behauptet werden darf, daß sie weder auf alttestamentlichem noch auf neutestamentlichem Boden gewachsen ist, wenn auch unser Apok., als er sie aufnahm, von deren ursprünglicher Bedeutung und Herkunft wohl kaum noch eine Ahnung gehabt hat. Vielmehr werden wir schließen dürfen, daß die Annahme von sieben Geistern aus einer Religion stamme, in der die Verehrung [186] von gerade sieben Göttern eine hervorragende Rolle spielte. Es erhebt sich nur noch die Frage, ob wir diejenige Religion noch nennen können, aus der diese mythische Vorstellung geflossen ist. Gunkel (vgl. Schöpfung u. Chaos 294-302) hat das Verdienst, auf die Wahrscheinlichkeit einer Entlehnung aus der babylonischen Religion hingewiesen zu haben. Die spätere babylonische Religion hat sich nämlich mehr und mehr zu einer siderischen Religion entwickelt, in welcher der Kult der sieben Planetengottheiten eine hervorragende Stelle einnahm. Eine Reihe von höchsten babylonischen Gottheiten, die ursprünglich nichts mit diesen zu tun hatten, wurden in der babylonischen Theologie allmählich mit den einzelnen planetarischen Gestirnen gleichgestellt. Die Zuweisung der einzelnen Tage an die planetarischen Gottheiten und damit die Schöpfung der siebentägigen Woche, die von Babylon aus allmählich im Laufe der letzten vorchristlichen und ersten nachchristlichen Jahrhunderte nach Westen vorwärts drang, ist die kulturgeschichtlich wichtigste Folge jener religionsgeschichtlichen Tatsache. Zahlreiche Spekulationen über die Heiligkeit der Siebenzahl schließen sich an. — Freilich ist nun zuzugeben[8], daß nach den babylonischen Quellen, soweit sie uns zugänglich sind, die planetarischen Gottheiten, deren planetarischer Charakter im einzelnen feststeht, nirgends als eine zusammengehörige Einheit auftreten, nirgends auch etwa bildlich in der Siebenzahl dargestellt werden. Aber man wird bei der Rolle, die sie als einzelne spielen, annehmen dürfen, daß diese theologische Zusammenfassung zur Siebenzahl in einer Zeit erfolgt, in die unsre Quellen nicht mehr hinabreichen, also etwa in der Diadochenzeit. Vielleicht darf auch die Vermutung ausgesprochen werden, daß noch eine andre Religion bei dieser Entwicklung eingegriffen hat und von Bedeutung gewesen ist. Denn auch in der persischen Religion, die übrigens ihrerseits wieder von der babylonischen an diesem Punkt abhängig sein dürfte, erscheint die höchste Gottheit Ahura Mazda von sechs resp. sieben höchsten Geistern umgeben (den Ameshas Spentas). Sei es nun direkt, sei es unter Vermittelung der persischen Theologie, jedenfalls stammt die jüdische Lehre von den sieben Erzengeln letztlich aus der babylonischen Verehrung der sieben planetarischen Gottheiten[9]. Während aber in der babylonischen Religion die sieben Gottheiten als Wesen gleichen Ranges nebeneinander stehen, mußte natürlich beim Übergang dieser Vorstellung in eine monotheistische Religion eine bedeutende Veränderung vor sich gehen. Das konnte geschehen, indem der eine Gott der monotheistischen Religion mit einem der sieben identifiziert und die übrigen sechs ihm entschieden untergeordnet wurden, oder indem alle sieben Geister als Untergebene des einen Gottes gerechnet wurden. Es wird aber kein Zufall sein, wenn sowohl in der persischen Lehre von den Ameshas-Spentas, wie in der jüdischen Erzengellehre, die Zahl jener höchsten [187] Wesen vor Gottes Thron zwischen sechs und sieben schwankt. Was die vorliegende Stelle betrifft, so ist noch hervorzuheben, daß in ihr die Beziehung zur Mythologie des Polytheismus eine noch unmittelbarere ist, insofern hier nicht nach jüdischer Vorstellung von Engeln geredet wird, sondern von Geistern Gottes. Wenn diese sieben Geister in unserer Apokalypse dann noch durch sieben Fackeln, durch sieben Augen des Lammes, die über die ganze Welt ausgesandt sind (durch sieben Sterne), symbolisiert werden, so ist hier ebenso wie in den Parallelstellen des Sacharja, die ursprüngliche Beziehung der Geister zu den planetarischen Gottheiten noch einigermaßen deutlich[10] (vgl. die Erklärungen zu 1,12; 2,1; 4,5; 5,6; 8,2).

Bemerkenswert ist endlich auch, daß die sieben Geister an zweiter Stelle und nicht an dritter erwähnt werden. Die Erklärung, daß dies wegen der Beziehung auf Gott in ἐνώπιον τοῦ θρόνου αὐτοῦ und wegen der langen Näherbestimmung des Wesens des Ἰησοῦς Χριστός geschehen sei (Hirscht), oder daß Jesus Christus als der, welcher seinen Gemeinden am nächsten stehe, zuletzt genannt werde (Dstd.), reicht doch nicht aus. Die Stellung weist darauf hin, daß an die ursprüngliche (jüdische) Formel „Gott und die sieben Geister“ das speziell christliche Element erst angehängt wurde.

ἃ ἐνώπιον τοῦ θρόνου αὐτοῦ[11]. Zum Fehlen der Kopula s. S. 170. Die Vorstellung, daß die höchsten Geister direkt vor Gottes Thron stehen, ergibt sich bei den herrschenden orientalischen Vorstellungen vom königlichen Hofe von selbst (vgl. den Kommentar zu 8,2). Übrigens sitzen in der persischen Theologie die Ameshas Spentas auf ihren Thronen um Ahura Mazda (Archiv f. Religionswissensch. I 363). In der jüdischen Theologie ist die Unterordnung eine größere (doch vgl. Dan 7,9f. = Apk 20,4; auch Henoch 24).

1,5. καὶ ἀπὸ Ἰησοῦ Χριστοῦ, ὁ μάρτυς ὁ πιστός (3,14). Auch diese sprachliche Anomalie ist vielleicht noch absichtlich. μάρτυς kommt nur hier und 3,14 im NT als Anwendung auf Christus vor. Da im folgenden eine deutliche Anspielung auf Ps LXX 88,28 vorliegt, so mag der vorliegende Ausdruck aus 88,38 (καὶ ὁ μάρτυς ἐν οὐρανῷ πιστός) stammen. Die Worte sind nach dem Urtext auf Gott zu beziehen, wurden aber wohl sicher später messianisch gedeutet. Wegen der folgenden aufs Allgemeine gehenden Attribute ist auch μάρτυς allgemein zu fassen (weder mit ausschließlicher Beziehung auf das irdische Leben Jesu, noch auf die folgende Apk). Jesus ist der treue Zeuge jeder göttlichen Offenbarung (Dstd. Hltzm.). – ὁ πρωτότοκος[12] τῶν νεκρῶν καὶ ὁ ἄρχων τῶν βασιλέων τῆς γῆς. Vgl. Ps LXX 88,28 κἀγὼ πρωτότοκον θήσομαι αὐτόν, ὑψηλὸν παρὰ τοῖς βασιλεῦσιν τῆς γῆς. Von dieser Parallele aus begreift sich der Ausdruck leicht; für einen christlichen Verfasser lag die Hinzufügung des τῶν νεκρῶν nahe. [188] Doch mag Paulus (Kol 1,18; I Kor 15,20) hier nachgewirkt haben. Zu erinnern ist übrigens noch daran, daß bereits in der jüdischen Spekulation die höchsten Engel Erstgeschaffene Gottes sind: Jubil. 2,2; Pirke Elieser Kap. 4: angeli qui prius creati sunt; Pastor Hermae, Visio III 4 (πρῶτοι κτισθέντες); Clemens, eclogae ex script. prophet 56. 57. Hier wäre dann die Präexistenzidee auf die Heilstatsache der Auferstehung umgedeutet. Das Christusbild, das hier vorliegt, trägt immerhin einen für das NT singulären Charakter: Neben dem Erstgeborenen von Toten heißt Jesus der Herrscher über alle Könige der Erde. Spekulative Gedanken und jüdisch messianische Vorstellungen liegen neben einander. Hier redet derselbe Verfasser, der 5,5ff. den Löwen aus Judas Stamm neben das Lamm Gottes stellt (vgl. den Ausdruck κύριος κυρίων καὶ βασιλεὺς βασιλέων 17,14; 19,16 und zu diesen Formeln überhaupt: Bousset, Rel. d. Jud. 306). — τῷ ἀγαπῶντι ἡμᾶς καὶ λύσαντι (λούσαντι) ἡμᾶς ἐκ (ἀπὸ) τῶν ἁμαρτιῶν ἡμῶν ἐν (s. o. S. 167) τῷ αἵματι αὐτοῦ. Das Präsens, das P. und An. in ἀγαπήσαντι ändern, ist wegen des folgenden Aor. wirklich als Präsens zu nehmen. Es ist schwer zu entscheiden, ob im Folgenden καὶ λύσαντι ἡμᾶς ἐκ[13] oder καὶ λούσαντι ἡμᾶς ἀπό[14] zu lesen ist. Die Vorstellung von der reinwaschenden Wirkung des Blutes Christi findet sich 7,14; (22,14?), man beachte auch die häufige Erwähnung der weißen Kleider ohne jene Beziehung (3,4.18; 4,4; 6,11). Es ist daher vielleicht (mit Sp.), namentlich da die sonst mit AC übereinstimmende Vulgata auf Seiten von PQ steht, λούειν ἀπό zu lesen. Zu der Lesart λύειν wäre zu vergleichen das ἀγοράζειν 5,9 (immerhin ein etwas andres Bild). I Kor 1,30; Gal 3,13; Tit 2,14; Akt 20,28; I Pt 1,18; Eph 1,7; Kol 1,14; Mt 20,28; zu λούειν Ps LXX 50,4 (πλῦνόν με ἀπὸ τῆς ἀνομίας μου καὶ ἀπὸ τῆς ἁμαρτίας μου καθάρισόν με). Jes 1,16.18; I Kor 6,11; Tit 2,14; Hbr 1,3; 9,14.22f.; 10,2; I Joh 1,7. Die Vorstellung der Loslösung, des Loskaufs beherrscht im Wesentlichen die paulinische und von Paulus abhängige Literatur, die Vorstellung des Reinigens, Abwaschens die späteren neutestamentlichen Schriften. Die zweite Hälfte des Verses steht mit der ersten in einem schönen Kontrast. Jesus Christus, der siegreich auferstandene, der mächtige Herrscher, liebt uns und hat uns erlöst! — 1,6. καὶ (s. o. S. 159) ἐποίησεν[15] ἡμᾶς[16] βασιλείαν[17] ἱερεῖς. βασιλείαν ἱερεῖς (5,10) ist vielleicht eine schlechte Übersetzung von מַמְלֶכֶת כֹּהֲנִים Ex 19,6 (LXX βασίλειον ἱεράτευμα), wie schon Züllig vermutete. Der Sinn, den der Schriftsteller mit seiner Übersetzung verbindet, ist dann: Gott hat uns gemacht zu einem (seinem) Königreich (und) zu Priestern. In der Übersetzung der LXX ist von einem aus Königen bestehenden Priestertum die Rede. Vgl. Jes. 61,6; [189] I Pt 2,5.9. In der Anknüpfung des Satzes an das Vorhergehende herrscht völlige grammatische Regellosigkeit. τῷ θεῷ καὶ πατρὶ αὐτοῦ[18]. Das αὐτοῦ gehört zu beiden Substantiven, da der Artikel nicht wiederholt ist; vgl. Röm 15,6; II Kor 1,3; Eph 1,3; I Pt 1,3; (Jak 1,27; 3,9). αὐτῷ ἡ δόξα καὶ τὸ κράτος εἰς τοὺς αἰῶνας[19] [τῶν αἰώνων][20] ἀμήν. Die Doxologie knüpft über den Satz καὶ ἐποίησεν ἡμᾶς hinüber an die vorhergehenden Dative an. Sehr bemerkenswert ist es, daß hier eine Doxologie auf Christus vorliegt, die auch Hbr 13,21; I Pt 4,11; II Pt 3,18; II Tim 4,18, also im ganzen erst in der späteren neutestamentlichen Literatur sich findet (Hltzm.).

Der in V. 4 – 6 vorliegende Gruß schließt sich im allgemeinen an die durch die paulinische Briefliteratur geprägte Form an. Aber diese erscheint hier weiter ausgestaltet und rhetorisch stilisiert. Namentlich sind die Ausführungen über Ι. Χρ. breiter angelegt und durch eine Doxologie gekrönt. Die Ausdrücke: ὁ ἐρχόμενος, ἄρχων τῶν βασιλέων τῆς γῆς, βασιλείαν ἱερεῖς führen unmittelbar in den Gedankenkreis und Stimmungsgehalt des Buches ein (vgl. die Ausführung am Schluß von Kap. 3).

1,7–8. Das Motto des Buches: Er kommt! – Es ist mit großem Nachdruck Gott selbst in den Mund gelegt. Der Stil erinnert etwas an die kurzen Einleitungen der henochischen Bilderreden I Hen 38; 45; 58.

1,7. ἰδοὺ (16,15; 12,7.12) ἔρχεται μετὰ τῶν νεφελῶν. vgl. Dan 7,13. Die Präp. μετά entspricht der Lesart des masoretischen Textes und des Theodotion, vgl. IV Esr 13,3; Mk 14,62. Dagegen haben ἐπὶ τῶν νεφελῶν: LXX; Mt 24,30; 26,64; Mk 13,26 (D); Apk 14,14-16; Hegesipp b. Euseb. H. E. II 23,13; (ἐπάνω: Didache 16,8; Justin, Apol. I 51f.) ἐν Mk 13,26; Lk 21,27; vgl. Dalman, Worte Jesu 198. {{SperrSchrift|καὶ ὄψεται αὐτὸν πᾶς ὀφθαλμὸς καὶ οἵτινες[21] αὐτὸν ἐξεκέντησαν, καὶ κόψονται ἐπ’ αὐτὸν πᾶσαι αἱ φυλαὶ τῆς γῆς. ναὶ, ἀμήν. Vgl. Sach 12,10: καὶ ἐπιβλέψονται πρός με ἀνθ’ ὧν κατωρχήσαντο καὶ κόψονται ἐπ’ αὐτὸν κοπετόν . Mt 24,30: καὶ τότε φανήσεται τὸ σημεῖον τοῦ υἱοῦ τοῦ ἀνθρώπου ἐν οὐρανῷ, καὶ τότε κόψονται πᾶσαι αἱ φυλαὶ τῆς γῆς καὶ ὄψονται τὸν υἱὸν τοῦ ἀνθρώπου ἐρχόμενον ἐπὶ τῶν νεφελῶν τοῦ οὐρανοῦ. In der Verbindung von Sach und Dan in der Wendung κόψονται πᾶσαι αἱ φυλαί[22], in dem Ausdruck ὄψονται (statt ἐπιβλέψονται) zeigen sich deutliche Berührungen mit Mt. Auch 3,5 zeigt sich ein deutlicher Anklang gerade an Mt. Ob die Spuren zum Beweise einer Abhängigkeit der Apk von Mt ausreichen steht dahin (s. u.). Eine Abhängigkeit des Mt von Apk wird dagegen kaum anzunehmen sein. Daneben verdient noch ein andrer Einzelzug in dem Zitat der Apk unsere Aufmerksamkeit. Es liegt in dem Zitat aus Sacharja die (gegen die LXX κατωρχήσαντο) richtige Übersetzung des hebräischen דקרו = ἐξεκέντησαν vor. Es ist nun sehr bedeutsam, daß sich dieselbe Übersetzung mit einer ähnlichen Beziehung auf den [190] Kreuzestod Christi bereits Joh 19,37 findet (vgl. Barnabas 7,9; Justin, Dialog. 52. 249 C[23] Aquila Symmachus Theodotion). Der Ursprung dieser Deutung der Sacharjastelle ist also vielleicht in johanneischen Kreisen zu suchen. Anders aber als im Johannesevangelium wird nun in der Apk das Zitat auf die Parusie des zum Gericht wiederkehrenden Christus bezogen (ebenso bei Justin und Barnabas). Der Spruch, der im alten Testament einen friedlichen Sinn hatte und von der Buße des Volkes weissagt, ist nach der Auffassung der Apk gerade ein Spruch des Gerichts und Verderbens, und zwar wird das Gericht über zweierlei Klassen von Menschen ergehen: Es werden ihn sehen, die ihn durchbohrt haben, d. h. die Juden, und alle Geschlechter der Erde, d. h. die ungläubigen Heiden. – Es zeigt uns diese Stelle vielleicht den Ursprung der sehr früh und allgemein verbreiteten Annahme, daß Christus beim Gericht seinen Feinden am Kreuze oder mit dem Kreuz erscheinen werde; das konnte wenigstens aus unserer Stelle unter Kombination mit dem σημεῖον τοῦ υἱοῦ τοῦ ἀνθρώπου Mt 24,30 herausgelesen werden. Vgl. über die Verbreitung dieser Anschauung Bousset, Antichrist 154ff. Bereits Didache XVI 6 liegt diese vor. Wenn hier von einem πρῶτον σημεῖον ἐκπετάσεως ἐν οὐρανῷ die Rede ist, so kann dieser seltsame Ausdruck nur auf die Erwartung bezogen werden, daß Christus (für seine Feinde) am Kreuze hängend zum Gericht wiederkehren wird. Der erste Keim zu allen diesen Phantasien mag in der vorliegenden Verwendung des Sacharjazitats enthalten sein. 1,8. ἐγώ εἰμι τὸ ἄλφα καὶ τὸ ὦ, λέγει κύριος ὁ θεός. Jes 44,6 οὕτως λέγει ... θεὸς Σαβαώθ· ἐγὼ πρῶτος καὶ ἐγὼ μετὰ ταῦτα. Jes 48,12: ἐγώ εἰμι πρῶτος καὶ ἐγώ εἰμι εἰς τὸν αἰῶνα. Jes 41,4: ἐγὼ θεὸς πρῶτος καὶ εἰς τὰ ἐπερχόμενα ἐγώ εἰμι (vgl. 43,10; Ex 3,14). Es ist Gott, der hier um Anklang an Jesajastellen Alpha und Omega genannt wird. 21,6 ist dasselbe der Fall, während 22,13 dieselbe Formel auf Christus bezogen wird. Verwandt sind die anderen Epitheta πρώτος καὶ ἔσχατος 1,17; 2,8; 22,13 (von Christus); ἡ ἀρχὴ καὶ τὸ τέλος. 21,6; 22,13 (auch an unsrer Stelle von ℵ An. c vg. Or.i eingeschoben). Vgl. außerdem die nachträgliche Bemerkung zu 22,13. – ὁ ὢν καὶ ὁ ἦν καὶ ὁ ἐρχόμενος (s. o. zu V. 4) ὁ παντοκράτωρ. κύριος (ὁ θεὸς) ὁ παντοκράτωρ ist Übersetzung der LXX von Jahwe (Elohim) Zebaoth. Es ist sehr beachtenswert, daß diese in der spätjüdischen Literatur ungemein häufige Gottesbezeichnung im ganzen übrigen NT nur einmal in einem alttest. Zitat II Kor 6,18 vorkommt, in der Apk dagegen an neun Stellen 1,8; 4,8; 11,17; 15,3; 16,7.14; 19,6.15; 21,22 (vgl. die Statistik bei Bousset, Religion des Judentums 305,1). Nichts zeigt so deutlich, wie nahe der Apok. dem Geist spätjüdischer Religiosität steht.

Bedenken könnten sich gegen die Zusammengehörigkeit von 1,4-6 und 7.8 erheben, die in der Tat nur eine sehr lose ist. Doch scheint es mir nicht unmöglich anzunehmen, daß dieselbe Hand, die V. 4-6 schrieb, nun als Motto V. 7-8 der folgenden Offenbarung voranstellte. Doch kann über [191] diese Frage erst weiter unten entschieden werden. Jedenfalls sind diese Verse von dem Apok. letzter Hand geschrieben. Dafür spricht die in derselben oder ähnlichen Form immer wiederkehrende plerophorische Einführung des Gottesnamens, der Ausdruck παντοκράτωρ, die Verwandtschaft von V. 7 mit Joh 19,37; daß das Epitheton ἄλφα καὶ ὦ 22,13 auch auf Christus angewandt wird, gibt keinen Grund zu kritischen Bedenken. Die Verse 7-8 durchbrechen den Zusammenhang zwar störend. Aber es ist kein Grund abzusehen, weshalb nicht der Apokalyptiker sich hier unterbrochen haben könnte, um in einem kurzen Motto den Inhalt seiner Schrift zu charakterisieren und auf den hohen Ernst und die Bedeutung des Geweissagten hinzuweisen.


  1. An. fügt aus 1,19 die Glosse hinzu: και ατινα εισι και ατινα χρη γενεσθαι μετα ταυτα.
  2. τον λογον ℵQ 100.
  3. + ταυτης 7. 16 g vg. cod. s¹ Vict. ist erklärende Glosse.
  4. c.AC An.; απο θεου ο ων Q Rel. Pr. Vict. offenbare Korrektur.
  5. Bei Justin steht bereits der Geist neben den Engeln (Geistern).
  6. cf. Cohortatio ad Graecos 32 (31 B): ὥσπερ οἱ ἱεροὶ προφῆται τὸ ἓν καὶ τὸ αὐτὸ πνεῦμα εἰς ἑπτὰ πνεύματα μερίζεσθαί φασιν.
  7. Auch Henoch 61,11 (anders 49,3) werden sieben Formen des Geistes aufgezählt. Prv 9,1 ist kaum hierher zu ziehen.
  8. Vgl. vor allem die lehrreiche Darstellung von H. Zimmern in Schraders „Die Keilinschriften u. das alte Testament“, 3. Aufl. II 610-626.
  9. S. die ausführlichere Darstellung der jüdischen Erzengellehre zu 8,2. Ich verweise schon hier für den Zusammenhang zwischen Erzengel und Sternen aus den slav. Henoch 19.
  10. Der Zusammenhang zwischen dem Kultsymbol des siebenarmigen Leuchters (Ex 25,31ff. und Sach 4,2 vgl. Apk 1,12f.) und den Planeten war der jüdischen Überlieferung selbst nicht fremd. Josephus B. J. V 217; Ant. III 146. 182; Philo, quis rer. div. haer. 44 § 221ff. (Gunkel 126,4; 127,1.)
  11. Die Hinzufügung von εστιν in An. und die Variante „των“ ενωπιον sind ersichtlich Korrekturen [ℵA!].
  12. + εκ An.¹³.
  13. AC An.¹² s¹² a f Pr. (vgl. die Glosse in 7. 16. 45. 69 bei Tischend.).
  14. PQ Rel. vg. c ae.
  15. ποιησαντι Q Min. ist offenbar absichtliche Veränderung.
  16. ημιν A Min. (ημων C f vg.?), Korrektur.
  17. βασιλεις και ιερεις P An.¹²; βασιλειαν και ιερεις ℵc 80? 99. vg.cod. Tert. Vict. Pr.; βασιλειον ιερατευμα (9). 13. 14. 23. 27. 55. 92 txt. (vgl. Q βασιλειον ιερεις) (vgl. LXX); βασιλειαν ιεραν s¹² – sind sämtlich Korrekturen.
  18. > Pr.
  19. τον αιωνα ℵ s¹(²).
  20. > AP An.² c, die Doxologie fehlt bei Pr.
  21. Zu dem begründenden ὅστις s. o. S. 178.
  22. Der Ausdruck stammt aus Sach 12,12: καὶ κόψεται ἡ γῆ κατὰ φυλὰς etc. Vgl. noch Jes 40,5: καὶ ὄψεται πᾶσα σάρξ τὸ σωτήριον τοῦ θεοῦ.
  23. Joh. Und Justin εἰς ὃν ἐξεκέντησαν; in der Apk nur ὃν ἐξεκ. Dort handelte es sich eben um die Durchbohrung durch den Lanzenstich, hier einfach um die Tötung Jesu. (Bei Barnabas κατακεντήσαντες).
« Ἀποκάλυψις Ἰωάννου Wilhelm Bousset
Die Offenbarung Johannis
1,9-20. Die einleitende Vision »
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