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Anhang.
Die Sprachverwandtschaft der Apk mit den übrigen Schriften der johanneischen Literatur.

Die Verschiedenheit des Sprachcharakters von Evangelium und Briefen auf der einen, der Apk auf der anderen Seite ist in weiten Kreisen so unbedingt zugestanden, daß es sich nicht der Mühe verlohnt, hier noch einmal alles Material zu sammeln. Ich verweise auf die Zusammenstellungen bei Lücke und Ewald[1].

Hingegen ist es ungleich wichtiger, darauf zu achten, wie bei aller Verschiedenheit doch wieder eine gewisse merkwürdige Übereinstimmung, namentlich in der Wahl der Bilder und im Wortschatz vorliegt. — Daß irgend eine literarische Beziehung zwischen der Apk, wie sie uns jetzt vorliegt,[178] und dem übrigen johanneischen Schriftenkreis obwaltet, beweist[2] für sich allein schon die Erwähnung des Logos 19,13. Auch daß Christus im Evangelium und in Apk das Lamm genannt wird, ist sehr bemerkenswert, wenn auch dort ἀμνός und hier ἀρνίον gebraucht wird. Hier wie dort wird das Bild des lebendigen Wassers gebraucht. Ev ὕδωρ ζῶν 4,10f.; 7,38. Apk ὕδωρ ζωῆς 21,6; 22,17 (vgl. πηγαὶ ὑδάτων Apk 8,10 u. ö. πηγὴ ὕδατος Ev 4,14, ποταμοὶ ὕδατος 7,38). Das Bild des Hirten findet sich Ev 10,1ff.27.28; 21,16ff.; Apk 7,17 (anders gewandt 2,27; 12,5; 19,15). Zur Polemik gegen den Tempel 21,22 ist zu vergleichen Ev 4,21[3].

Gemeinsame sprachliche Eigentümlichkeiten im einzelnen finden sich seltener. Man könnte hier den häufigen Gebrauch des ἐκ partitivus nennen (s. o. S. 166f. und Ev 1,35.41; 3,1; 13,4; 12,21.23; 16,17 (εἶπον οὖν ἐκ τῶν μαθητῶν) 20,24; 21,2. Was den sonstigen Gebrauch der Präposition betrifft, so vergleiche πρός c. Dat. 1,13; Ev 18,16; 20,11f. (Lk 19,37; Mk. 5,11); ἀνά 4,8; Ev 2,6 (Mk 6,40 Hndschrn. Mt 20,9); ἀπὸ σταδίων 14,20; Ev 11,18. (Apk 21,16). Ferner vergleiche man zu dem merkwürdigen Gebrauch von ἵνα Apk 14,13[4]; 22,14 (s. o. S. 171f.) die überraschenden parallelen Ev 8,56 ἠγαλλιάσατο ἵνα ἴδῃ. 9,2 τίς ἥμαρτεν ἵνα τυφλὸς γεννηθῇ. 11,15 χαίρω δι’ ὑμᾶς ἵνα πιστεύσητε, — ferner χρόνος (ὥρα) ἵνα 2,21; Ev 12,23; 13,1; 16,32; ποιεῖ σημεῖα μεγάλα ἵνα 13,13 vgl. Ev 15,13; Ep 1,9; 3,1.

Irreguläre Satzkonstruktionen, die ja der Apk ihr Gepräge geben, sind auch im Evangelium gar nicht so selten, vgl. z. B. Ev 6,39; 17,2, die aufgelöste Partizipialkonstruktion Apk 1,6 mit Ev 1,32; 5,44; Ep II 2; vgl. Apk 2,26 u. ö. mit Ev 15,2 καὶ πᾶν τὸ καρπὸν φέρον καθαίρει αὐτό, 18,11 τὸ ποτήριον ... οὐ μὴ πίω αὐτό; zu Apk 3,9 ποιήσω αὐτοὺς ἵνα Ev 4,35; 5,42, zur Relativkonstruktion Apk 4,1; 10,8 Ep. 2,25. Beachte endlich auch noch das begründende ὅστις Apk 1,7.12; 2,24; 19,2; 20,4; Ev 8,53; Ep 1,2.

Ferner sind folgende gleichmäßig wiederkehrende Verbalverbindungen beachtenswert: θαυμάζειν διά Apk 17,7; Ev 7,21. (Mk 6,6); λαλεῖν μετά τινος Apk 1,12; 4,1; 10,8; 17,1; 21,9.15; Ev 4,27; 9,37; 14,30 (sonst Mk 6,50); ἀκολουθεῖν μετά Apk. 6,8; 14,13 vgl. Ev 9,40. Der Wechsel der Konstruktion von προσκυνεῖν m. Dat und m. Akkus. kommt auch im Ev vor, sonst wird προσκυνεῖν mit dem Dat. konstruiert; zu προσκυνεῖν ἐν Apk 11,1 vgl. Joh. 8,20 ἐλάλησεν ἐν τῷ γαζοφυλακίῳ.

Größere Verwandtschaft noch zeigt der Sprachschatz der Briefe: ἀληθινός Apk 10mal, Ev 9mal, Ep 4mal, sonst im NT 6mal; ἀπάρτι Apk 14,13; Ev (1,52) 13,19; 14,7, sonst Mt 23,39; 26,29.64; δείκνυμι (δεικνύω) im feierlichen Sinn des Offenbarens Apk 8mal, Ev 2,18; 5,20; 10,32; 14,8f.; 20,20; ἑβραιστί 9,11; 16,16; Ev 5,2; 19,13.17.20; 20,16; εἰ δὲ μή 2,5.16; Ev 14,2.11 (hier nach affirmativen Sätzen, nach negativen Mk 2,21f.); κεῖσθαι = positum esse 4,2; Ev 2,6; 19,29; 20,12; κοπιάω (im Sinne von ermüden) 2,3; Ev 4,6; (Mt 11,28); λαμβάνω[179] (= günstig aufnehmen) 3,3; Ev 3,11.33; 12,48; 14,17; 17,8 (Mt 13,20; Mk 4,16); μακάριος Apk öfter, Ev 20,29 (Mt 5,3ff.; Lk 6,21f.); μέρος ἔχειν 20,6 (ἐν), Ev 13,8 (μετά); μετὰ ταῦτα Apk 9mal; Ev 8mal (Lk 5mal); μαρτυρία Apk 9mal, Ev 14mal, Ep 6mal, sonst 7mal[5] (vgl. den Gebrauch von μαρτυρεῖν); νικᾶν Apk 16mal, Ev 1mal, Ep 6mal, sonst 4mal; νύμφη 18,23; 21,2.9; 22,17; Ev 3,29; ὄψις 1,16; Ev 7,24; 11,44; πιάζω (= fassen) 19,20, Ev 8mal, sonst Akt 12,4; II Kor 11,32; σημαίνω 1,1; Ev 12,33; 18,32; 21,19 (Akt 11,28; 25,27); σκηνόω 7,15; 12,12; 13,6; 21,3; Ev 1,14 (σκηνή Apk 13,16; 15,5; 21,3); σφάττω Apk 8mal, Ep 3,12 bis.; τηρεῖν τὰς ἐντολάς 12,17; 14,12; Ev 4mal, Ep 5mal; τηρεῖν τὸν λόγον 3,8.10; 22,7.9; Ev 7mal, Ep 1mal; τηρεῖν (= bewahren, hüten) 16,15; Ev 17,11f.; Ep 5,18; φιλῶ 3,19; 22,15; Ev 13mal, sonst 10mal. Bemerke endlich die Wendung ὄνομα αὐτῷ 6,8; 9,11; Ev 1,6; 3,1; 18,10 (sonst ὀνόματι, ᾧ ὄνομα; Lk 1,5 τὸ ὄνομα αὐτῆς).

Man hat gewiß Recht, wenn man diese johanneische Sprachfärbung auf Rechnung des letzten Redaktors der Apk setzt (Harnack, Spitta). Aber man sieht auch wieder, daß dieser Redaktor viel eingreifender den vorliegenden Stoff geformt hat, als man gewöhnlich annimmt. Es scheinen die vorliegenden Sprachparallelen zu der Vermutung ein Recht zu geben, daß der gesamte johanneische Schriftenkreis aus Kreisen stammt, die unter dem Einfluß des kleinasiatischen Johannes standen. Auch von hier aus ergibt sich, daß der „δοῦλος Ἰωάννης“ kein andrer sein soll oder ist, als der kleinasiatische Johannes. Und wenn neuerdings[6] die Vermutung ausgesprochen ist, daß es in Kleinasien eine bestimmte johanneische Schulsprache gegeben hat, so scheint mir auch der in der Apk vorliegende Tatbestand für diese Vermutung eine Bestätigung zu bieten.


  1. Übersicht über die Literatur bei Lücke 662, vgl. Leonhard Twells Werk (s. o. S. 33); J. D. Schulze, schriftstellerischer Charakter des Johannes. 63ff.; Duncker-Curtius, Specimen de apoc. ab indole, doctrina et scribendi genere J. apost. non abhorrente; besonders Kolthoff, Apoc. Joanni apost. vindicata. Hafniae 1834. Dagegen Ewald I Proleg. 67ff. Lücke 662ff. Zu vergleichen ist noch Dannemann: Wer ist der Verf. der Offenb. Joh.? 1841. Wertvolles, aber nicht genügend gesichtetes Material bietet B. Weiß, die Joh.-Apk. Texte u. Unters. VII.
  2. Ist die Stelle Glosse, so stammt doch der Glossator aus johanneischen Kreisen.
  3. Es ist ferner beachtenswert, daß sich Apk 1,7 und Ev 19,37 dieselbe Form des Zitats Sach 12,10 (nach dem hebräischen Text. gegen die LXX) findet.
  4. B. Weiß faßt das ἵνα absolut und vergleicht Joh. 1,8; 13,18; I Joh. 2,19.
  5. Dagegen steht μαρτύριον nur Apk 15,5 im Terminus technicus, sonst niemals im johanneischen Schriftenkreis (19mal im NT).
  6. v. d. Goltz, Ignatius v. Antiochien, Texte u. Unters. XII. 118-144.
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