« Kapitel B 21 Beschreibung des Oberamts Horb Kapitel B 23 »
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Rexingen,
Gemeinde II. Klasse mit 958 Einw, wor. 344 Israeliten und 5 Ev. – Kath. Pfarrei; die Evang. sind nach Hochdorf eingepfarrt.


Der ziemlich große, unregelmäßig angelegte Ort hat eine Stunde westlich von der Oberamtsstadt in einem Seitenthal des Neckarthals eine gesunde, geschützte Lage und ist theils in die schmale Thalebene, theils an den gegen Westen geneigten steilen Thalabhang gedrängt hingebaut; ein kleinerer Theil des Dorfs zieht sich an dem gegen Osten geneigten Thalabhang hinan, so daß der Ort im allgemeinen sehr uneben gelegen und theilweise sogar beschwerlich zu befahren ist. Rexingen gehört daher nicht zu den schöneren Orten des Bezirks, obgleich es mehrere im städtischen Styl erbaute Wohngebäude, die meist den Israeliten gehören, aufzuweisen hat.

Die am südlichen Ende des Dorfs etwas erhöht gelegene, dem heil. Johannes geweihte Pfarrkirche wurde 1841 an der Stelle der früheren Kirche, welche früher auch die Schloß- und Ordenskapelle gewesen, in einem modernen Rundbogenstyl großartig erbaut; der Chor bildet ein Halbrund und auf dem östlichen Giebel sitzt ein kleiner Thurm (Dachreiter). Das geräumige Innere der Kirche ist sehr freundlich, hell und weiß getüncht; es enthält einen Hauptaltar und zwei Seitenaltäre, welche von dem Maler und Holzbildschnitzer Maintel in Horb gut ausgeführt wurden; überdieß ist sie mit vielen in neuester Zelt ebenfalls von Maintel erneuerten, aus Holz gearbeiteten | Heiligenbildern würdig ausgestattet. Die Baulast der Kirche hat der Staat.

Der christliche Begräbnißplatz wurde im Jahr 1828 außerhalb (südlich) des Orts angelegt.

Das 1299 in der Nähe der Kirche erbaute Kommenthureigebäude des Johanniterordens wurde 1862 abgebrochen und an dessen Stelle ein ansehnliches Pfarrhaus, welches der Staat zu unterhalten und zu erbauen hat, neu errichtet. In der Nähe steht noch das Meiereigebäude des Johanniterordens (jetzt Privatwohnung), über dessen Eingang das Wappen eines Johanniterordensritters, Ferdinand von Muggenthal zu Hexenacker und die Jahrszahl 1609 angebracht ist.

Das sehr ansehnliche 1842 erbaute Rathhaus enthält außer den Gelassen für den Gemeinderath auch die katholische und israelitische Schule; an ersterer unterrichtet ein Schulmeister und ein Lehrgehilfe, an letzterer ein Lehrer. Überdieß besteht eine israelitische Industrieschule.

Eine Synagoge wurde 1842 im modernen Rundbogenstyl erbaut.

Der Begräbnißplatz für die Israeliten liegt am Gemeindewald „Buchwald“.

Zwei öffentliche Waschhäuser sind vorhanden.

Mit gutem Trinkwasser, das sechs laufende und zwei Pumpbrunnen liefern, ist der Ort hinreichend versehen und überdieß entspringt im Ort der Mühlbach (Rexinger Bach), der bei Ihlingen in den Neckar mündet.

Die Einwohner sind arbeitsame, häusliche Leute, deren Erwerbsmittel in Feldbau und Viehzucht, bei den Israeliten aber in Handel besteht; ihre Vermögensumstände gehören zu den besseren des Bezirks und einzelne Israeliten sind sogar sehr wohlhabend. Der vermöglichste christliche Ortsbürger besitzt 54 Morgen Felder, die mittlere Klasse 15–20 Morgen und die unbemittelte 1–2 Morgen. Von den Gewerben sind außer den gewöhnlichen Handwerkern, zwei Kaufleute, drei Krämer, fünf Schildwirthschaften, worunter drei mit Bierbrauereien und eine außerhalb des Orts gelegene Seidezwirnfabrik zu nennen; letztere ist gegenwärtig nicht im Betrieb.

Die mittelgroße Markung bildet, mit Ausnahme des tief eingeschnittenen Rexinger Thals, eine flach hügelige Hochebene und hat im allgemeinen einen fruchtbaren Boden, der größtentheils aus den mit Gesteinstrümmern gemengten Zersetzungen des Hauptmuschelkalks und theilweise des Muschelkalkdolomits (Malmboden) besteht, während sich | in den Mulden und Thälchen fruchtbare Lehme abgelagert haben. Zur Verbesserung des Bodens verwendet man, außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln, die Jauche und den Gips.

Die Landwirthschaft wird gut und umsichtig betrieben, ist jedoch ziemlich beschwerlich, da die meisten Güter auf der Anhöhe, zu welcher steile Wege führen, oder an den stark geneigten Abhängen liegen; man baut im Dreifeldersystem mit Anwendung des Flandrischen Pflugs die gewöhnlichen Getreidearten und in der Brache Kartoffeln, dreiblättrigen Klee, Luzerne, Esparsette, Wicken, Reps und Hanf. Bei einer ziemlich starken Aussaat wird der Ertrag zu 8–9 Scheffel Dinkel, 21/2–3 Scheffel Weizen, 3–4 Scheffel Gerste und 4–5 Scheffel Haber per Morgen angegeben. Die Preise eines Morgens bewegen sich bei den Äckern von 150–800 fl. und bei den Wiesen von 200–850 fl. Von den Getreideerzeugnissen werden jährlich bedeutende Quantitäten meist auf die Schranne nach Freudenstadt zum Verkauf gebracht.

Früher bestand auf der Markung ein großes, der Johanniterordens-Komende gehöriges Gut, das 1806 durch Kauf an den Staat überging; dieser verkaufte es 1822 an einzelne Bürger, was sehr vortheilhaft auf die ökonomischen Verhältnisse des Orts einwirkte.

Die durchgängig zweimähdigen Wiesen, denen nur wenig Wässerung zukommt, sind ergiebig und liefern gutes nahrhaftes Futter.

Die Obstzucht ist in Vergleichung mit den übrigen Bezirksorten ziemlich ausgedehnt und wird fleißig gepflegt, indessen geräth das Obst nicht besonders gerne; am häufigsten liefert das Steinobst einen erklecklichen Ertrag. Eine Baumschule besteht unter der Aufsicht des Frohnmeisters. Das Obst wird für den eigenen Bedarf gemostet und gedörrt.

Die im allgemeinen gute Weide wird mit Einschluß der Brach- und Stoppelweide an einen fremden Schäfer um etwa 600 fl. jährlich verpachtet; die Pferchnutzung trägt gegen 400 fl. ein.

Die Rindviehzucht, welche sich mit einer Kreuzung von Simmenthaler- und Landrace beschäftigt, befindet sich wegen Mangels an Wiesen in mittelmäßigem Zustande; das Vieh ist minder schön als in anderen Orten der Umgegend. Zur Nachzucht sind drei Farren auf Kosten der Gemeinde aufgestellt. Mit Viehhandel beschäftigen sich nur einzelne Israeliten.

Eigentliche Schweinezucht besteht nicht; die Ferkeln werden alle von Außen bezogen und für den eigenen Bedarf gemästet.

| Die Zucht des Geflügels und der Bienen ist von keinem Belang.

Zur Vermittlung des Verkehrs sind Vicinalstraßen zu der Horb-Sulzer und zu der Horb-Freudenstadter Landstraße angelegt.

Die Gemeinde besitzt etwa 400 Morgen Nadelwaldungen, von deren jährlichem in 235 Klaftern bestehendem Ertrag jeder Bürger 1/2 Klafter nebst Wellen erhält; der Rest wird als Langholz verkauft und der Erlös theils an die Ortsbürger (einer etwa 24 fl.) vertheilt, theils zur Tilgung der vorhandenen Gemeindeschulden verwendet. Die Gemeindeschadensumlage beträgt gegenwärtig 1400 fl.

Rexingen (alt Raggesingen, Raccisingen, Rechesingen) erscheint im 12. Jahrhundert unter den Orten, an welchen das Kloster Hirschau (Cod. Hirsaug. 27a) und Reichenbach (Wirt. Urk.-Buch 2, 498) Besitzungen hatten. Diese Stiftungen, namentlich an letzteres Kloster, machten die Herren von Rexingen, von welchen Gebhart de Raccisingen mit mehreren anderen freien Herren dieser Gegend vor Mitte des 12. Jahrhunderts, Werner und Walto Gebrüder, Reginhart, Egilolf und Sigfried, Otto, 1143 Hartmut aufgeführt werden.

Im 13. Jahrhundert gehörte Rexingen den Herren von Böcklin und deren Vogtei über das Dorf war pfalzgräflich-tübingisches Lehen. Allmählig kam der Ort an den Johanniterorden, dessen hiesiges Haus am 2. Mai 1228 erstmals genannt wird (Wirt. Urk.-Buch 3, 228). Am 24. Febr. 1277 erhielt solches Leibeigene in Ihlingen (Schmid Mon. Hoh. 50). Den 5. April 1290 erkaufte es die Vogtei und Gericht zu Eigenthum für 23 Pf. Tübinger von Dietrich Böcklin, pfalzgräflichem Schultheiß in Horb, welchem am vorhergehenden 2. April Pfalzgraf Ludwig solches Lehen geeignet hatte (Schmid a. a. O. 93. 94). Am 5. April 1302 erhielt es von Graf Burkhard von Hohenberg das Obereigenthum über die Mühle in Ihlingen (s. Ihlingen).

Als hiesige Komthure kommen vor: Dietrich (prior in Rahsingen. Wirt. Urk.-Buch 3, 228), Burkhard 1285 ff. (Schmid eb. 74), Gottfried von Clingenwels 1298–1302, Pfalzgraf Hugo von Tübingen den 27. Dec. 1342, Hermelin von Ow 1373, Peter Salzfaß 1407. 1423 (Lichnowsky Habsburg 5. Reg. Nr. 841, Reyscher Stat. Rechte 558); der letzte Komthur war Graf Viktor Konrad von Thurn und Valsassina.

Landeshoheit, Blutbann und Geleit übte der Orden.

Zehntrechte besaß in früherer Zeit das Kloster Stein a. Rh., | welche die Ungericht von Sulz zu Lehen trugen. Im Jahr 1289 verkaufte es solche für 22 Mark gleichfalls an das Johanniterhaus.

Mit Schutzbriefen wurde dieses letztere bedacht den 19. Februar 1407 von Herzog Friedrich von Österreich (Lichnowsky a. a. O.), den 30. März 1318 von Graf Burkhard von Hohenberg.

Durch Napoleons Tagesbefehl vom 19. December 1805 kam die Komende an Württemberg. Nach dem mit dem Johanniterorden den 4. August 1806 geschlossenen Vertrag aber blieben Rexingen und andere an Württemberg übergegangene Kommenden im Besitz des Ordens unter dem Schutz und der Souveränität Württembergs und bildeten ein eigenes Subpriorat mit der Bedingung, daß der König die Stellen des Subpriors und der Komthure besetze. Im Jahr 1808 ging die Kommende vollständig an Württemberg über und wurde königliches Kameralgut.

Die hiesige Kirche war, wie dieß auch bei andern Johanniterpfarreien der Fall war, bald von einem Weltpriester, bald von einem Ordensgeistlichen versehen worden, bis 1708 ein beständiger Geistlicher als Pfarrvikar angestellt wurde. Von dem Johanniterorden an die Krone gelangt ist das Patronat in neuester Zeit an den Bischof von Rottenburg gekommen.


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