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26. Gemeinde Vellberg nebst Stöckenburg
mit 661 Einwohnern, worunter 1 Kath.

Vellberg, Städtchen [1] mit 42 Gemeinderechten und 555/8 M. vertheilten und 581/8 M. unvertheilten Allmanden. Vellberg liegt auf einem Bergvorsprung, um welchen der Bühlerfluß in einen sehr engen und tiefen Thaleinschnitt eine Wendung von Süden gegen Westen nimmt, 21/2 St. südöstlich von Hall, und gewährt mit seinen Befestigungen, seinen hochanstrebenden Mauern und dem in gothischen Formen gebauten Schloß einen malerischen Anblick, der durch das niedliche, jenseits der Bühler liegende Stöckenburg mit seiner Kirche und seinem netten Pfarrhaus einen romantischen Reiz gewinnt. Die Sterblichkeit und die Zahl der unehelichen Geburten ist verhältnißmäßig groß (s. o. S. 39). Den großen und kleinen Zehenten bezieht der Staat, und zwar zu 2/3 von der Propstei Ellwangen und zu 1/3 von Comburg aus dem stöckenburger Pfarrlehen. Gefälle hat der Staat und die Stadtpflege Hall. Die Gemeinde ist dem Forstamte Crailsheim zugetheilt und hat seit 1817 für 1231 fl. 12 kr. Capital Gefällrechte dem Staat abgekauft. Vellberg ist der Sitz eines königl. Revierförsters.

| Das dem Staate zugehörige Schloß, welches gegenwärtig der königl. Revierförster bewohnt, früher aber zum Sitz eines königl. Forstamts diente, und eine weitere Wohnung stehen auf dem äußersten Bergrand und sind von dem Vorhof durch einen tiefen Graben, über welchen eine hölzerne – früher eine Zug-Brücke – führt, getrennt, der Vorhof selbst aber, welcher wiederum durch hohe Mauern und Gräben von dem übrigen Theil des Städtchens getrennt ist, enthält neben vielen Ökonomiegebäuden eine Anzahl bürgerlicher Wohnungen, worunter eine Schildwirthschaft, und hat seinen Haupteingang durch einen massiven noch unversehrten viereckigen Thorthurm, zu welchem ebenfalls eine Brücke über den Burggraben führt. Das Innere des Schloßhofraumes und des Vorhofs ist gepflastert und mit guten Brunnen versehen, das Ganze aber mit sehr hohen Mauern eingefaßt und durch 8 kolossale runde Bastionen befestigt, welche theilweise abgetragen sind, in ihren Tiefen noch Burgverließe und unterirdische Corridore bergen, nunmehr aber kleinen Häuschen zur Grundlage dienen, welches der Großartigkeit des Ganzen wesentlichen Eintrag thut. Dieses hintere oder untere Schloß, welches 1523 gebrochen worden (s. hienach), wurde 1545 von Wilhelm v. Vellberg in seiner gegenwärtigen Gestalt, die äußern Giebelseiten mit Zinnen, neu aufgebaut und wieder eine Capelle zum heiligen Georg darin eingerichtet (s. Pfarrei Anhausen). Eine Beschreibung des Schlosses s. Gräters Iduna 1812 S. 105 u. f.

Eine Mahlmühle liegt am östlichen Fuß der Burg und zwei weitere Schildwirthschaften befinden sich im äußern Theil des Städtchens, an dessen Auslauf gegen Hall auch das 1806 neugebaute Schulhaus steht, das ehedem zu Stöckenburg stand und das die Kinder aus der ganzen Pfarrei Stöckenburg besuchen. Der Sage nach war Vellberg in ältern Zeiten weit größer und soll sich bis zum Weiler Buch hin ausgedehnt haben. Der übrige und größere Theil des Städtchens liegt auf der Westseite der Ringmauer und lehnt sich an den hintern Theil des Bergs an; einen weitern Theil aber bilden neuere Ansiedlungen an dem nördlichen Fuß des Schlosses und am südlichen Fuß des Stöckenberges im Bühlerthal. Für die Kirchengänger führt ein langer hölzerner Steg vom Fuß des Vellberges bis zum Fuß des Stöckenberges über die Bühler, von wo sie über 200 Staffeln zur Kirche gelangen; weiter oben führt eine 1842 vom Staate neugebaute steinerne Brücke über das Flüßchen. Die von Kirchberg-Langenburg-Ilshofen nach Vellberg und Gaildorf führende Vicinalstraße geht ebenfalls über dieselbe so wie durch den außerhalb den Ringmauern von Vellberg liegenden Theil des Städtchens.

| Die Kirche und der Pfarrsitz mit dem Gottesacker befinden sich in dem schon einige Male erwähnten Stöckenburg, welches auf einem isolirten, auf allen Seiten steil sich erhebenden, südöstlich von der Bühler und nördlich von dem Ahlenbach beinahe ringsumgebenen, folglich eine Halbinsel bildenden, Berge liegt, und von Vellberg nur durch das hier sehr tiefe Bühlerthal getrennt ist. Das Reizende der schon erwähnten Lage wird durch die schroffen Berge, die engen felsigen, von Gewässern durchkreuzten Thäler, welche hier schweizerische Ansichten im Kleinen bilden, erhöht. Die gegenwärtige Kirche zum heil. Martin zeigt keine Spuren ihres hohen Alters und hat sichtbar mehrere Erweiterungen erhalten. Nur der gothische Chor ist alt. Sie enthält die leider durch Emporkirche und Orgel meist verdeckten Grabmale derer v. Vellberg, welche aber erst mit 1400 (Hans v. Felberc) beginnen und mit dem 23 Fuß hohen Monumente Conrads des Letzten (vergl. Gräter, Bragur V. 2. Abthl. S. 88) schließen. Aus einem Berichte von 1597 erhellt, daß diese Grabdenkmale damals in einer an die Kirche angebauten Capelle, der alten vellbergischen Gruftcapelle, sich befunden haben und also erst später in die Kirche versetzt wurden.

Am Eingang in den Chor ist neben einem schönen Architrav das Wappen der v. Vellberg mit der Weinbutte [2] und dem ausgebreiteten Flügel in Stein angebracht; der Hochaltar der Kirche hat schönes Schnitzwerk, den heiligen Martin vorstellend, wie er als Krieger seinen Mantel mit dem Schwerte spaltet und die eine Hälfte einem entblößten Armen mittheilt. Leider wurde dasselbe aus Anlaß der Reformationsfeier durch einen entstellenden Silberfarbanstrich verdorben. Auch hat der Chor sehr schöne Glasmalereien, wie es scheint aus der Geschichte derer v. Vellberg, von denen insbesondere Conrad (1342 und 1350) und Kraft (1348) der Kirche Schenkungen zufließen ließen. Der Thurm ist massiv und von solchem Umfange, daß man annehmen darf, er sey ein Überbleibsel der alten hienach zu erwähnenden Burg: Seine drei Glocken haben ein ausgezeichnet harmonisches Geläute. Die Baulast an der Kirche hat die vermögliche Heiligenpflege, am Pfarrhaus aber, wegen des Pfarrlehens, der Staat. Das Patronat steht der Krone zu. Zum Pfarrsprengel gehören noch Thalheim, Eschenau, Schneckenweiler, Steinehaig, Hilpert und Neuberg, letztere drei Oberamts Crailsheim.

Außer der Schule, welche schon 1545 bestand, ist in Vellberg | auch eine Industrieschule. – Am 24. August 1500 ertheilte König Maximilian den Herren v. Vellberg das Recht, „in dem Markt zu Vellberg“ jährlich vier Jahrmärkte zu halten, wovon zwei hier und zwei in dem nahen Thalheim noch jetzt Statt finden.

Die bürgerlichen Gewerbe, welche früher der Sitz eines Cameralamts und eines Forstamts (s. o. S. 112) und in noch frühern Zeiten jener des Amtmanns für das hallische Amt Vellberg herbeigezogen hatte, sind, nachdem die erwähnten Ämter daselbst verschwunden sind, neuerer Zeit ins Stocken gerathen und haben unter dem größern Theil der Ortsbewohner eine Armuth herbeigeführt, der selbst die Verpachtung des 137 Mrg. großen Schloßgutes an einzelne Einwohner nicht abhelfen kann und die alle die gewöhnlichen Übel, größere Sittenverderbniß, Bettelei u. dergl. im Gefolge hat. Auch der Rindviehstand (s. o. S. 75) ist sehr unbedeutend.

Vellberg gehörte ehedem den Edlen v. Vellberg. Das alte Geschlecht derselben, welches, nach dem Wappen (ein silberner Flügel im blauen Felde) zu schließen, mit den Grafen v. Flügelau Eines Stammes gewesen seyn dürfte, tritt gleich anfangs mit den Attributen der Dynasten auf. Der Erste, welcher urkundlich vorkommt, ist Heinrich v. Velleberc, welchen Herzog Friedrich von Schwaben in der Stiftungsurkunde des Klosters Lorch von 1102 (Besold) als Dominus bezeichnet. Derselbe erscheint auch 1108 in einer comburger Urkunde (Menken a. a. O. S. 394). Sodann 1261 und 1263 Conradus dominus de Velliberg (Wibel a. a. O. II. S. 67 und 72); 1280 Siegfried und Volkard (Wibel a. a. O. IV. 45); 1307 Albrecht und Conrad, Conrads Sun (Wibel a. a. O. II. S. 182); 1323 Heinrich, Prior im Kloster Lorch; 1342 Conrad, Bürger zu Hall (Wibel a. a. O. S. 192); 1358 Sifrit, genannt von Pfahlheim; 1365 Ernfried; 1384 Hans (Wibel a. a. O. II. S. 210); 1391 Hans und Raban auf Vellberg (Wibel a. a. O. II. S. 63); 1399 Ernfried I. starb 1421 als Abt von Comburg; 1400 Hans (Grabstein in der Kirche); 1418 Jörg, Hans, Haug und Volkart, Brüder und Vetter; 1425 Volkard und 1429 Erenfried; 1431 Ernfried II. starb 1476 als Abt von Comburg, 1460 Grabstein Volkarts in der Kirche zu Stöckenburg; Frau Anna v. Neipperg, seine Hausfrau; 1453 Georg und Wilhelm v. Vellberg zu Leofels gesessen (Wibel a. a. O. III. S. 62); 1463 Ehrenfried und Hans; 1471 Ehrenfried und Jerg; 1510 Georg, Wolf und Ernfried und Herm: Georg sein Kind, Ernfried zu Leofels und Wilhelm und Christoffel sämmtlich Dorfherrn zu Steinach (Wibel a. a. O. III. S. 64); 1529 Margarethe geb. v. Crailsheim, Wolfs Hausfrau; 1551 Jörg zu Leofels; 1556 Wolf, seine Hausfrau Anna, geb. Tresch v. Buttlar: 1560 Catharine, geb. v. Wolmershausen und 1592 Conrad 15. Juni 1592 gestorben (s. auch hienach).

| Über ihre Besitz- und Einigungs-Verhältnisse geben wir folgende weitere Notizen.

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Vellberg hatte zwei Schlösser, welche, soweit die Nachrichten reichen, Lehen von Hohenlohe waren. In den frühesten Zeiten hatten die v. Vellberg ihren Sitz in dem obern oder vordern Schloß, das oberhalb am Eingang in dem Orte Vellberg gestanden zu haben scheint, aber keine Spuren zurückgelassen hat, während längere Zeit hindurch das hintere oder untere Schloß im Besitz verschiedener andern edlen Familien als hohenlohensches Lehen mit Ganerbenrechten war. Dieses hintere oder untere Schloß mit verschiedenen Besitzungen in der Nähe hatten namentlich 1319 Seitz Streckfuß, 1378 Conz Locher und 1381 gemeinschaftlich mit diesem Conz v. Clingenfels, 1395 Conz Adelmann auf gleiche Weise inne, welcher solches 1400 an Schenk Friedrich v. Limpurg (Prescher a. a. O. S. 403) zu seiner Hälfte mit allen Rechten und Zugehörungen als hohenlohensches Lehen, das ihm aber von Ulrich und Albrecht v. Hohenlohe geeignet wurde, verkaufte. Im J. 1418 gab Schenk Conrad diese Hälfte an Hans v. Enslingen als Mannlehen; 1425 wird aber Stephan von Adelsheim mit dem „alten und neuen Haus zu Vellberg“ von Albrecht von Hohenlohe belehnt. Nicht lange hernach kauften Georg und Hans v. Vellberg und deren Vetter Haug und Volkart v. Vellberg eine Hälfte, und 1429 verkaufte auch Conz v. Clingenfels seinen Theil, womit 1414 Hildebrand Streckfuß belehnt worden war, an Jörg, Hug und Ehrenfried v. Vellberg, wodurch sofort Vellberg von allen fremden Besitzern gesäubert und dieses hintere Schloß der Sitz der Herren v. Vellberg wurde; wie denn auch Ehrenfried 1473 sowohl mit dem oberen, als dem unteren Schloß von Hohenlohe belehnt ward. Nun fingen die v. Vellberg 1465 an, Schloß, Vorhof und Graben zu befestigen. (Daß 1465 begonnen ward, sagt eine Inschrift am Eingangs-Thorthurm.) Im J. 1481 schlossen Jörg der ältere und der jüngere, Wilhelm, Ernfried d. ä. und d. j., und Hans, alle von Vellberg (die beiden Jörg nennen sich Ritter und Marschalken des Bisthums Mainz und der Markgrafschaft Brandenburg) als „Gemeiner und Ganerben des Schlosses und Marktes Vellberg“ einen ewigen Burgfrieden und trafen Anordnungen zur Fortsetzung der Befestigung. [3] | Auch trugen sie 1492, zu mehrerer Sicherheit, den Flecken Vellberg und den Hergershof (einen noch stehenden außerhalb Vellberg südwestlich auf einer Anhöhe liegenden Bauernhof), natürlich ausschließlich des bereits Hohenlohe lehenbaren Schlosses und ausschließlich der, der Pfarrei Stöckenburg, der Caplanei Vellberg und dem Stift Ellwangen zuständigen geistlichen Güter und Gefälle, dem Grafen Ludwig v. Helfenstein zu Wiesensteig frei als Lehen auf, welcher die Vellberge sofort für sich und ihre weiblichen Nachkommen (unter der Bedingung der Bemannung durch letztere) im nämlichen Jahr damit belehnte. Auf ihre Bitte suchte Graf Friedrich v. Helfenstein um den Blutbann in den sämmtlichen vellbergischen Besitzungen nach, welches Lehen ihm auch 1500 von Kaiser Max I. zu Theil wurde und die gute Folge hatte, daß Helfenstein 1506 die Vellberge damit afterbelehnen konnte und sie dadurch in den Besitz eines Rechts in ihren ausgebreiteten Besitzungen setzte, das ihr Ansehen, in dem sie bereits standen, wesentlich förderte. Die in die Mitte des 15. Jahrhunderts fallenden Vergrößerungen und Erweiterungen ihrer Besitzungen, welche sich von der haller Landesgrenze an den limpurgischen und ellwangenschen Grenzen bis an die Jagst hinauf erstreckten, hatten sie theils Ankäufen, theils vortheilhaften Wechseln mit Limpurg und Hall, vorzugsweise aber den Lehen, welche sie in Diensten der Klöster und Stifter und der benachbarten Grafen und Herren erworben, und einem rechbergischen Erbsanfall zu verdanken. Den Schlußstein derselben machte das hienach zu erwähnende Stöckenburger- und Anhäuser-Pfarrlehen. Neben diesen nun fast völlig arrondirten Besitzungen hatten sie aber auch noch die unweit Kirchberg gelegene, von Württemberg zu Lehen gegangene Herrschaft Leofels (s. Oberamtsbeschr. v. Gerabronn) nebst mehreren Gütern und Gefällen an der rothenburgischen Grenze, verschiedene Güter im hohenlohe-kirchbergischen, das Rittergut Hausen (s. o. S. 291), einen Antheil an Sachsenflur an der Tauber, 1/3 an Maienfels, einen Theil an den, von den Herrn v. Weiler erkauften und von Württemberg zu Lehen gegangenen Weinzehenten zu Weinsberg, Eisenguth und Lindach, und an dem von dem Domstift Würzburg zu Lehen gegangenen Weinzehnten zu Affaltrach.

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Eine gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts vorgenommene Theilung in 2 Stämme, in den zu Vellberg und den zu Leofels, | führte, nachdem ein Theil der Familie längst seinen Sitz zu Leofels genommen hatte, auch eine Theilung der Besitzungen mit sich. Der Ehrenfriedische Stamm, hatte seinen Sitz zu Leofels und kam nach dem Tode Jörgs und Hieronymus v. Vellbergs allein in die Hände des Hans Bartholomäus v. V.; der vellbergische Stamm aber theilte sich nach dem Tode Jörgs zu Vellberg zwischen dessen Vettern Wolf und Wilhelm, wovon der erstere seinen Sitz zu Vellberg, der letztere aber zu Gründelhardt nahm. Diese Trennung dauerte aber nicht lange, indem der Antheil Wilhelms auf dessen balderfolgten Tod an Wolf fiel. Conrad v. V., der berühmte Conz, trat sofort nach Ableben seines Vaters Wolf 1556 nicht nur die gesammten Güter seines Stammes an, sondern er ererbte auch nach dem kinderlosen Ableben des Hans Bartholomäus zu Leofels 1561 dessen sämmtliche Besitzungen vom Ehrenfried’schen Stamm und vereinigte mit diesem Erbe alle vellbergischen Besitzungen auf sich, welche er mit rastlosem Eifer verwaltete und dabei das von seinem Vater Wolf angefangene Werk der Reformation aufs Thätigste betrieb. Er wird uns als ein felsenfester gewaltiger Herr geschildert, der sich zwar durch die beharrliche Verfolgung seiner Ansprüche und Gerechtsame in manchfache Conflikte verwickelte, sich aber auch durch seinen gebildeten Geist und seine Charakterfestigkeit allenthalben Achtung zu erwerben wußte. Er starb, wie die vor uns liegende Leichenrede (Text: Jesus Sirach X.) uns sagt, am 15. Juni 1592 im Bade zu Göppingen, und mit ihm der Letzte seines Stammes und der Familie Vellberg, welche wir fünf Jahrhunderte hindurch blühen sahen. Nach seinem Tode wurden seine schönen Besitzungen auseinander gerissen.

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Nachdem die Lehen von dem Allodialvermögen getrennt waren, so verkauften am 19. Mai 1595 die Allodialerben Conrads (Söhne und Töchter seiner verstorbenen Schwester) Wilhelm und Wolf v. Grumbach, Anna v. Gemmingen und Anna v. Wolfskehl, beide geborene Grumbach, welche 1593 gegen eine Abkaufssumme von 2000 fl. mit dem helfenstein’schen Lehen über Vellberg und Hergershof belehnt worden waren, ihre Erbschaft, sammt diesen helfenstein’schen Lehen, an die Reichsstadt Hall mit der Zusicherung, daß sie, wenn sie das nachgesuchte Blutbannafterlehen erringen sollten, solches der Stadt unentgeldlich ausfolgen werden, um die Summe von 128.000 fl. Diese allodialen Güter bestanden, außer mehreren Zehenten, der Fahrniß und dem Zolle zu Thalheim und Vellberg, in Zinsen, Gülten und Diensten aus 37 Lehengütern in Vellberg selbst und aus 220 Lehengütern in 36 umliegenden Orten, nebst vielen Waldungen, eigenen Gütern und Fisch- und Jagd-Rechten. Jene Afterbelehnung blieb aber aus und erst nach längeren | Processen und Unterhandlungen und gegen Erlegung von 12.000 fl. und 50 Goldgulden Lehencanon an die Grafen Rudolph und Schweikhard v. Helfenstein, am 20. Mai 1611 gelang es der Reichsstadt, die Belehnung auszuwirken. Sie wurde auch von den Grafen bis zu ihrem 1627 erfolgten Aussterben und von da an von Kurbayern, das Wiesensteig erhielt, bis zum Übergang an Württemberg damit belehnt. Somit kamen also die allodialen Besitzungen mit dem Blutbann und den helfensteinischen Lehen die Reichsstadt statt auf 128.000 fl. auf 140.000 fl. zu stehen. Was nun die Hohenlohe heimgefallenen lehenbaren Besitzungen betrifft, so bestanden diese in dem „obern und untern Schlosse zu V. jenseits des Grabens,“ in Zehentrechten von 14 Orten und in Gülten, Zinsen und Diensten von 37 Lehengütern in 12 Orten. Von Graf Wolfgang v. Hohenlohe-Langenburg, dem 1/3 hievon zustand, erwarb Hall dasselbe am 5. December 1598 durch Abtretung der zu 8000 fl. angeschlagenen Burg Bartenau in Künzelsau und gegen baare 10.000 fl.; von Graf Georg Friedrich, des Erstern Bruder, erkaufte die Stadt am 28. April 1600 die übrigen 2/3 um 36.000 fl.; das Ganze als freies Eigenthum. Mit Einschluß der Allodien kam daher die Erwerbung auf 194.000 fl. zu stehen. Aus derselben wurde nun das „Amt Vellberg“ geschaffen, dessen Beamter im Schlosse seinen Sitz hatte.

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Durch den Ankauf dieser Güter hatte übrigens das reichsstädtische Gebiet eine namhafte Erweiterung und zugleich den Anschluß an das Hospital-hallische Gebiet vom Amt Honhardt, welches durch den 1610 von Württemberg gemachten Ankauf der dortigen möckmühler Stiftungspflege noch vermehrt wurde, und mit diesem Anschluß ein geschlossenes Territorium erhalten, das von der Bühler bis an die Jagst reichte und nur durch die brandenburgischen Zwischenbesitzungen, welche Wilhelm v. Vellberg 1545, für die Erlaubniß zu Wiederaufbauung des 1523 gebrochenen Schlosses zu Vellberg, dem Haus Brandenburg zu Lehen hatte auftragen müssen und die auf den Tod Conrads v. Vellberg 1592 dem Lehenhause heimgefallen waren, unterbrochen wurde. Wegen dieser brandenburgischen Zwischenbesitzungen, namentlich wegen Ausübung des Blutbannes, des Jagdrechts etc. traten nun aber zwischen Brandenburg und Hall alsbald vielfache Irrungen und Streitigkeiten ein, bei welchen die Reichsstadt in der Regel zu kurz kam, bis die Rechte durch einen Receß von 1678 geregelt wurden, die aber durch die Abtretung der brandenburgischen Fürstenthümer an die Krone Preußen von der letztern der Stadt Hall endlich so sehr verkümmert wurden, daß ihr außer den grundherrlichen Rechten und der Patrimonialgerichtsbarkeit nichts mehr gelassen wurde und sie daher die 1628 vertragene fraischliche Jurisdiction, ihre Grenzen, | sowie das Besteurungsrecht verlor. Den Hauptstreit aber erhob der Rittercanton Odenwald, zu welchem die vellbergischen Besitzungen ehedem gehört hatten, wegen des Besteurungsrechts, indem er schon 1618 ein Mandat gegen die Stadt, welche sich vergeblich darauf berief, daß sie von den vellbergischen Erben ihre Besitzungen mit dem Besteurungsrecht erworben habe, auswirkte. Erst nach mehr als anderthalbhundert Jahren, im J. 1760 wurde der Streit unter kaiserlicher Ratification dahin geschlichtet, daß die Stadt dem Canton eine baare Reluition (für das Vergangene und Zukünftige) von 340.000 fl. bezahlte und noch überdieß das 1753 von Brandenburg erworbene Rittergut Hausen abtrat (s. o. S. 291). So groß auch dieses Opfer war, so wäre es noch eher zu verschmerzen gewesen, wenn nicht das spätere Benehmen der Krone Preußen, welche, wie wir oben gesehen haben, in einen großen Theil der vormals vellbergischen Besitzungen das Besteurungsrecht an sich gerissen, die Reluition wirkungslos gemacht hätte. Aber auch hier hätte der Genuß nicht lange gedauert, indem der große Territorialumschwung 1802 der Sache doch ein Ende gemacht hätte. Mit 600.000 fl., wobei wir das Rittergut Hausen zu 66.000 fl. anschlagen, waren für die Reichsstadt die vellberger Besitzungen doch theuer erkauft!

Vellberg hatte ein aus 1 Stabhalter und 12 von der Herrschaft aus dem Amte gewählten Schöppen zusammengesetztes Gericht, das auch über das Blut zu richten hatte und alle Quatember „ordinari Burgergericht“ hielt.

Wilhelm v. Vellberg, ein Anhänger Herzogs Ulrich v. Württemberg, leistete auch seinem Schwager, Thomas v. Absberg, der den Grafen Joachim v. Oettingen ermordet hatte, Beistand. Der schwäbische Bund belagerte deßwegen am 11. Juni 1523 das Städtchen, nahm es im Sturm und stürzte das Schloß in das Bühlerthal hinab. Die Erlaubniß zu dessen Wiederaufbau wurde nur unter den zuvor schon gedachten Bedingungen gestattet.

Bei Vellberg lag 1600 ein 1 Mrg. großer See.

Die Pfarrei ist eine der ältesten des Landes. Schon zur Zeit Karlmanns (741–745) war das Bisthum Würzburg im Besitze der basilica in honore St. Martini, welche lag in pago Molachgeu infra castrum Stocheimerburg, oder Stochamburg (Wibel III. 21. Stälin I. 367). Hieraus erhellt, daß damals auf dem Berge noch eine Burg stand, und daß die erste Kirche unterhalb derselben lag. Wann die Burg abgegangen und wem sie gehört, ist unbekannt. Ein Conradus de Steckelnburg war 1314 Domherr in Mainz (Wibel a. a. O. IV. 117). Die Chroniken behaupten, die Burg habe den Streckfuß gehört, die bis 1408 | als hohenlohische Vasallen vorkommen, und nach ihrem Absterben sey sie an die Vellberg gelangt. Vielleicht waren die Grafen v. Flügelau die früheren Besitzer, und vor diesen die Grafen des Mulachgaus (s. o. S. 106). Aus dem Namen wurde aber allmählig „Stöckelburg,“ dann „Steckelnburg,“ und endlich „Stöckenburg.“ Ein Sifridus, plebanus und ein Hugo Sidemann de Horw, rector parochialis ecclesie in Stöckelburg, werden 1356 und 1371 genannt. Im Jahr 1404 schenkte Bischof Johann von Würzburg die Pfarrei, nebst Anhausen, dem Stifte Oehringen (Wibel a. a. O. IV. 117), dem sie auch incorporirt wurde. Nachdem jedoch die von Vellberg in ihrem Gebiet die Reformation eingeführt hatten, erwarben sie 1545 mit Bewilligung der Grafen v. Hohenlohe, als Schirmvögte des Stifts Oehringen, von dem letztern das Patronat und wurden auch im nämlichen Jahr von dem Hofstift Würzburg damit belehnt. Es scheint, daß jetzt erst die Kirche auf den Berg versetzt wurde, wo bis dahin nur die neben der Burg gestandene, S. 300 erwähnte Capelle gestanden hatte. Auf Absterben der Vellberge verlieh am 29. April 1595 das Stift Würzburg an die Brüder Adolph, Valentin und Dietrich Echter v. Mespelbrunn, gegen 25.000 fl. als ein Rittermannlehen: a) den Kirchensatz zu Stöckenburg und Anhausen sammt dazu gehörigen Gefällen, Zehnten und Nutzungen, 1/3 vom großen und kleinen Zehenten zu Vellberg, Buch, Dörrenzimmern, Thalheim, Sulzdorf, Jagstroth, Hohenstatt, Ober-Scheffach, Stadel und Klein-Altdorf und zum Theil am großen und kleinen Zehenten zu Eschenau; b) den ganzen großen und kleinen Zehenten zu Groß-Allmerspann; c) 2/3 am Zehenten zu Eckartshausen, und d) 2/3 an dem zu Ziegelbronn. Die Echter v. Mespelbrunn blieben aber nicht lange im Besitz und konnten auch die weitere Bedingung Würzburgs bei der Übergabe, die katholische Confession wieder einzuführen, nicht erfüllen; denn schon 1605 brachte das Ritterstift Comburg dieses ganze Lehen um 34.000 fl. an sich, von wo aus solches 1802 an den Staat überging. Die Episkopatrechte aber waren 1595 an die Reichsstadt Hall gekommen.
  1. Geschichtliches über die Herrschaft Vellberg s. Württ. Jahrbücher 1843. II. S. 150 u. f.
  2. Wolf v. Vellberg hatte Anna Tresch von Buttlar zur Gattin und eine Butte ist das Wappen der Buttlar. Der Architrav ist also etwa von 1540 bis 1550.
  3. Zum Bau sollten in den nächsten 6 Jahren 1200 fl. jährlich verwendet und dazu von jedem der Ganerben 200 fl. beigetragen werden. Ein aus ihrer Mitte gewählter „Baumeister“ führt Aufsicht und Rechnung. (Hiedurch erst wurde die bedeutende Befestigung vollendet.) Stets sollen hier zwei Schirmbüchsen, zwölf Hackenbüchsen, mit 200 Steinen von gleichem Caliber, zwei Tonnen Pulver und 20 Wendarmbruste mit 4000 Pfeilen im Stand erhalten werden. Bei der Übernahme durch Hall 1595 standen auf den Mauern 12 Geschütze auf Rädern, 49 Doppelhacken und 120 Halbhacken; abgesehen von der Rüstkammer. Das Schloß war also recht gut ausgerüstet!


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