Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Stohl, Heinrich
Band: 39 (1879), ab Seite: 127. (Quelle)
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Stohl, Franz (Maler, geb. in Wien im Jahre 1799). Sohn eines k. k. [128] Hofbeamten. Bei dem Talente, welches er früh für die Kunst zeigte, besuchte er die k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien. Aber die materiellen Verhältnisse der Familie gestatteten es ihm nicht, eine Lebensrichtung weiter zu verfolgen, von welcher ein Erwerb, der ihn selbstständig machen sollte, nicht sobald abzusehen war. In Folge dessen mußte er zu eigenem Leid der Kunstrichtung entsagen und in Kanzleidienste bei dem durchlauchtigen Fürsten Joseph Schwarzenberg eintreten. Die Thätigkeit in seinem neuen Berufe nahm ihn jedoch nicht so sehr in Anspruch, daß ihm nicht Zeit geblieben wäre, die freien Stunden der Kunst zu widmen, und da er im Porträtmalen ziemlich glücklich war, verschaffte ihm dasselbe einen Nebenverdienst. Die auf den Schlössern des Fürsten zerstreuten geschichtlich so interessanten Ahnenbilder regten ihn überdies an, eines und das andere derselben zu copiren. In seinem Dienste – im Expedit der fürstlichen damaligen Hof-, heute Central-Kanzlei – waren ihm seine Verwendbarkeit und ausgezeichnet schöne Schrift auch förderlich, und so rückte er im Laufe der Zeiten zum Hof-Expeditor vor, in welcher Stellung er bis zu seiner um 1859 wegen andauernder Kränklichkeit erbetenen Versetzung in den Ruhestand verblieb. Seiner ästhetisch angelegten und kunstbegabten Natur genügte der mechanische Kanzleidienst nicht. In seinen Mußestunden malte, zeichnete und kalligraphirte er fleißig, und bei seiner guten Stimme und seinem Darstellungstalent wirkte er auch auf Dilettanten-Theatern mit. Da sich ihm öfter und leichter als Anderen Gelegenheit darbot, manches Kunstwerk zu sehen und es aufmerksam zu studiren, bildete er sich allmälig ein gesundes Kunsturtheil, welches ihm bei seinen eigenen Arbeiten am besten zu Statten kam. Leicht erregbar, faßte er Alles an, was eben zu Tage trat und allgemeine Aufmerksamkeit erregte, und als seinerzeit der Mesmerismus und Magnetismus einen großen Theil des Publicums in nicht gelinde Erregung versetzte, wurde auch er ein Adept der beiden geheimnißvollen Erscheinungen. Schon oben geschah seiner Copien der Ahnenbilder des Fürstenhauses Schwarzenberg Erwähnung. Er hatte bereits mehrere derselben in Aquarell gemalt und damit solchen Beifall gefunden, daß er einzelne Blätter für die verschiedenen Familienglieder des Fürstenhauses zu wiederholten Malen ausführen mußte. Dies brachte ihn auf den Gedanken, diese Gemälde in Lithographien herauszugeben. So kam das schöne Werk: „Ahnensaal der Fürsten von Schwarzenberg. Gezeichnet von Franz und Michael Stohl, mit erklärendem Texte von A. Beck“ (Wien, bei Höfelich[WS 1], Fol.) zu Stande. Wie aus dem Titel ersichtlich, betheiligte sich an der Ausführung der Bildnißreihe neben Franz Stohl auch sein Bruder Michael; später aber zeichnete mehrere Bilder der geschickte Maler Franz Heinrich [Bd. VIII, S. 229], und wieder andere Franzens Sohn Heinrich [s. d. S. 130] auf Stein. Die Copien dieses letzteren, damals noch sehr jungen Künstlers sind begreiflicherweise die schwächsten. Die Biographien zu dem Ahnensaal redigirte, wie auf dem Titel angedeutet ist, Anton Beck. Herausgeber dieses Lexikons berichtigt nun an dieser Stelle seine Angabe im Artikel über das Fürstenhaus Schwarzenberg im XXXIII. Bde., S. 9, zweite Spalte, Zeile 12 und 13 von oben, wo er als Verfasser des erklärenden Textes Karl Beck bezeichnet und die Frage [129] stellt, ob es der Dichter Karl Beck sei? Nicht dieser ist der Verfasser, sondern Hofrath Dr. Anton Ritter von Beck, Director der k. k. Hof- und Staatsdruckerei, damals Erzieher der jungen Fürsten Schwarzenberg, welcher selbst auch mehrere Biographien des Ahnensaals schrieb; andere verfaßte der Bibliothekar und fürstliche Rath Emerich Thomas Hohler [Bd. IX, S. 218], wieder andere der gegenwärtige fürstliche Central-Archivar Adolph Franz Berger [Bd. I, S. 301]. Nur Eine Biographie, die des Heldenmarschalls Karl Fürsten Schwarzenberg, wurde von dessen Sohne Friedrich dem Landsknecht [Band XXXIII, S. 58], verfaßt, aber blos als Manuscript für die Mitglieder des Fürstenhauses und für Freunde derselben gedruckt. Von Seiner Majestät dem regierenden Kaiser ward das im Jahre 1853 vollendete Werk huldvoll in die Privatbibliothek aufgenommen und dem Künstler Franz Stohl die goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft verliehen. – Ueber Franzens Sohn Heinrich siehe den folgenden Artikel und über seine drei Töchter Eleonore, Marie und Sidonie unten die Quellen. Franz Stohl lebt, seit zwanzig Jahren im Ruhestande, ein 80jähriger Greis, aber geistig frisch und für alles Schöne in Kunst und Wissenschaft beseelt, in Wien.

Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, E. A. Fleischmann, 8°.) Bd. XVII, S. 395. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.), zweite Abtheilung, Bd. X, S. 514.
Ueber Franz Stohl’s Familie. Außer dem Sohne Heinrich, dessen Lebensskizze folgt, hat Franz S. noch einen Sohn Lucas und drei Töchter: Eleonore, Marie und Sidonie. Lucas widmete sich der gelehrten Laufbahn, wurde nach beendeten medicinischen Studien Arzt und lebt zur Zeit als fürstlich Schwarzenberg’scher Leibarzt im Sommer in Aigen, im Winter in Wien. Von seinen obengenannten drei Schwestern betrieben Marie und Sidonie mit besonderem Eifer die Musik und widmeten sich dem Clavierunterrichte. Marie war durch zwanzig Jahre Lehrerin im Hause Sr. Durchlaucht des regierenden Fürsten Alois Liechtenstein und wurde später die Gemalin des k. k. Obersten Ludwig Freiherrn von Vogelsang, der im Jahre 1873 zu Lausa in Oberösterreich starb. – Eleonore (geb. zu Wien 1832), der Schwestern jüngste, besaß ein hervorragendes Gesangstalent, womit sie nicht nur musikalische Freundeskreise, namentlich persönliche Verehrer und Freunde eines Franz Schubert [Bd. XXII, S. 30], wie J. von Spaun [Bd. XXXVI, S. 80], Grillparzer [Bd. V, S. 338], Moritz von Schwind [Bd. XXXIII, S. 127], Ed. von Bauernfeld [Bd. I, S. 186], sondern auch ernste Musikkenner, wie Ed. Hanslick [Bd. VII, S. 334] und Gänsbacher Sohn[WS 2] entzückte. Letzterer war es auch, welcher wesentlich das Gesangstalent Eleonorens künstlerisch ausbildete. Daß sie sich bei einem so hervorragenden Kunsttalent doch nicht der öffentlichen Ausübung desselben zugewendet, entsprang aus ihrer Scheu vor Allem, was Publicum heißt, denn sie war zu zart besaitet, als daß sie sich dem eisigen Hauche der Oeffentlichkeit hätte aussetzen mögen. Wiederholt brachten durch Eleonorens Stimme entzückte Dichter derselben Widmungen dar, deren einer als der von Oesterreichs erstem Dichter herrührenden hier gedacht sei. Grillparzer wohnte nämlich einem musikalischen Abende bei Hofrath von Spaun bei und als er Eleonoren dort singen gehört, gab er seinem Entzücken über den empfangenen Genuß durch folgende ihr auf ein Blatt Papier eigenhändig geschriebene Worte Ausdruck: „Wir sahn uns am traulichen Orte, | Ich habe Dir sinnend gelauscht, | Und gern hätt’ ich oft meine Worte | Mit Deinen Tönen vertauscht“. Wir haben dieses sinnige echt Grillparzer’sche Quatrain hier nur angeführt, weil es in allen Ausgaben seiner Gedichte und auch in dem für Freunde desselben als Handschrift gedruckten „Wiener Grillparzer-Album“ (Stuttgart 1877, [130] Cotta, 8°.) fehlt. Eleonore Stohl wurde nachmals die Gattin des berühmten Bildnißmalers Franz Schrotzberg und starb 1873, 41 Jahre alt, zu Wien. Dieser Künstler vermälte sich aber im folgenden Jahre zum zweiten Male, und zwar mit der obenerwähnten Schwester seiner ersten Frau, Sidonie Stohl, welche nun an den hinterbliebenen minderjährigen Töchtern aus ihres Gatten erster Ehe, Helene, Sidonie und Eleonore Schrotzberg, Mutterstelle vertritt.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Hofelich.
  2. Josef Gänsbacher (Wikipedia).