BLKÖ:Rolla, Alessandro

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 26 (1874), ab Seite: 296. (Quelle)
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Rolla, Alessandro (Compositeur, geb. zu Pavia 22. April 1757, gest. zu Mailand 15. September 1841). Zeigte in früher Jugend so außergewöhnliche musikalische Anlagen, daß die Eltern bald für deren entsprechende Ausbildung angelegentliche Sorge trugen. So ertheilte ihm denn den ersten Unterricht in der Musik, u. z. im Clavierspiele welches er aber später aufgab, ein Priester, Namens Sampietro. In einiger Zeit aber schickten die Eltern den Knaben nach Mailand, wo er sich in der Schule Fioroni’s, der dort als Capellmeister angestellt war und durch seine ausgezeichneten Kirchencompositionen einen Namen hatte, in der Musik ausbildete. In Mailand vertauschte R., der sich bisher im Pianospiele ausgebildet, das Clavier mit der Violine, nahm zuerst Unterricht bei Renzi, einem damals ziemlich beliebten Lehrer des Violinspiels, und wurde später ein Schüler des Violinisten Canti. Mit 25 Jahren, 1782, war sein Ruhm als Künstler seines Instrumentes in Italien bereits festgestellt. Da muß denn auch die Angabe Gaßner’s, der Rolla im Jahre 1780 geboren sein läßt, berichtigt [297] werden, denn mit zwei Jahren ist dergleichen denn doch nicht möglich. R. wendete sich nun vornehmlich dem Musikunterrichte zu und wurde einer der gesuchtesten Lehrer im Violinspiele. In dieser Eigenschaft wirkte er in so ausgezeichneter Weise, daß Musikgelehrte keinen Anstand nahmen, es auszusprechen: es gab zu Rolla’s Zeit in Italien kaum einen Meister, der ihn in der Methode des Unterrichts und in den Erfolgen vollkommen zu ersetzen im Stande war, ohne deßhalb den großen Werth anderer bedeutender Violinspieler zu unterschätzen. Später soll er sich auch einige Zeit in Neapel aufgehalten und dort, wohin er in Folge günstigster Anbote sich begeben hatte, ein paar Jahre als Lehrer gewirkt haben. Indessen hatte sich sein Ruf über die Halbinsel immer mehr und mehr aus gebreitet und R. erhielt einen Antrag zur herzoglichen Capelle in Parma, welchen er auch im Jahre 1800 annahm. Er wurde nun vorerst Kammervirtuos, und als der herzogliche Concertmeister Giacomo Georgi mit Tode abging, wurde R. im Jahre 1802 an dessen Stelle ernannt. Damals galt R. als der erste Bratschenspieler in ganz Italien und sein Ruf verbreitete sich in der ganzen musikalischen Welt Europa’s. Ueber seine nächste Thätigkeit weichen die Angaben merklich von einander ab. Wie die Einen melden, so ward Rolla schon im Jahre 1802 in Mailand als Orchester-Director an der Scala angestellt und im Jahre 1805 von dem Vicekönige Eugen Beauharnais zu seinem ersten Violinisten und zum Professor am Conservatorium ernannt; nach Anderen wieder wäre R. seit dem Jahre 1803 auf Kunstreisen gegangen und hätte in Paris, Wien und an anderen Orten Concerte mit dem glänzendsten Erfolge gegeben. Was nun Wien betrifft, so vermissen wir seinen Namen in Ed. Hanslick’s Geschichte des Concertwesens in Wien, welche denn kaum einen Namen von einiger Bedeutung übersieht. Hingegen berichtet Schwaldopler in seiner Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts mit besonderer Rücksicht auf die österreichischen Staaten. 1803 (auch als historischer Almanach für das Jahr 1803 bekannt), über mehrere Violin-Compositionen Rolla’s, welche sich mehr durch eine glänzende Behandlung der Principalstimme als durch harmonische Verarbeitung empfehlen. Immerhin mußten diese Musikwerke von großer Bedeutung sein, wenn ihrer in der Geschichte eines Jahres unter den Musikleistungen besonders gedacht wird. Nach den ferneren Mittheilungen dieser von der ersteren so sehr abweichenden Quelle wäre R., als im Jahre 1809 in Mailand die Stiftung des Conservatoriums erfolgte, zum Professor an demselben und im Jahre 1815 auch noch zum Concertmeister ernannt worden. Diese Stellen behielt er auch dann noch, als Oberitalien unter die österreichische Regierung kam. Er wirkte auf derselben bis in sein hohes Alter und starb, 84 Jahre alt. Als Compositeur für sein Hauptinstrument, die Violine, war er vielfach thätig. Außer vielen Concerten, Serenaden u. dgl. m. sind von ihm bekannt über 80 Duette, 20 Trio’s, dann mehrere Gammen, Etuden, Quartette und Quintette. Besonders berühmt und noch heute hochgeschätzt sind seine Schulwerke. Von seinen übrigen Compositionen, welche in Zürich, Paris, Mailand, Leipzig u. a. O. im Stiche erschienen sind, wird hier nur der in der Musikwelt geschätztesten Erwähnung gethan: „III Duos p. V. et A.“, Op. 1 (Paris und Offenbach); – „Serenata a 2 V.,“ [298] „2 Alti, 2 Corni obl.“, Op. 2 (ebd. 1795); – „III Duos conc. p. 2 V.“, Op. 3 (Bonn 1803); – „Tre Duetti a due Violini“, Op. 5; – „Tre Duetti facili“, Op. 6; – „Serenata accordata una terza bassa“, Op. 8; – „Tre gr. Duetti“, Op. 9; – „Tre Duetti progressivi“, Op. 10 u. 11; – „Tre Duetti facili“, Op. 14; – „Tre Duetti progressivi composti pei giovannetti studiosi“, Op. 18; – „Tre Duetti dedicati agli amatori“, Op. 19; – „Tre Duetti a due Violini per la gioventù studiosa“, Op. 21; – „Adagio e Polonese“, Op. 22; – „Tre Duetti progressivi per giovannetti studiosi“, Op. 27. Außer den bisher angeführten, denen die Opus-Zahl beigesetzt, sind noch bemerkenswerth die nach seinem Tode herausgegebenen (postume) und mehrere andere, deren Opus-Zahl nicht bekannt ist: „Piccolo Adagio e Tema con Variaz. con accomp. di Pianoforte“ (Opera postuma); – „Divertimento per due Violini e Viola con accomp. di Pfte.“ (Opera postuma); – „Quattro Valzer per Flauto, Violino e Chitarra“ (Opera postuma); – „Andante e tema con variazioni“ (Opera postuma); – „Cinque Duettini“ (Opera postuma);– „Concerto per il Violini“ in G“ (Paris 1795); – „III Trios p. V., A. et B.“, (ebd. 1795); – „Il Conc. p. Alto princip.“, Nr. 3 u. 4 (Offenbach 1800); – „III Gr. Duetti concert. a V. et A.“, (Zürich 1803); – „III Trios p. V., A. et B.“, Liv. 2 (Paris); – „Divertimento ad uso di conversazione con. accomp. di Pfte.“; – „Rondo alla Polacca preceduto un Adagio d’Introduzione con accompagnamento di Pfte.“; – „Ventiquattro Scale et ventiquattro Solfeggi progressivi per Violino con accompagnamento di altro Violino. Sei solfeggi ossiano piccoli“; – „Esercizi progressivi per Violino con accomp. d’altro Violini“. Parte I.; – „Sei Studi progressivi per Violino con accomp. d’altro Violino”. Parte II.; – „24 Scale et 24 Solfeggi progressivi con accomp. di altro Violino“; – „12 Intonazioni a foggia d’Esercizi ne’ toni di terza maggiore“„12 Intonazioni a foggia d’Esercizi nei toni di terza minore“; – „6 Solfeggi progressivi con accomp. d’altro Violino“. Parte Ima. e IIda.; – „Divertimento, Introduzione a grand’ Orchestra, Adagio e Tema con Variazione per Violino solo“. Am höchsten stehen unstreitig seine „Dodici Intonazioni .. di terza maggiore et minore“, worin kaum etwas fehlen dürfte, was Jemand, der sich zum tüchtigen Geiger heranbilden will, üben und in die Gewalt bekommen soll. Ein von Rolla componirtes Liedchen: „Se tacciono i labbri“, das in Italien fast zum Volksliede geworden, war ursprünglich eine Einlage der von Pacini componirten Oper: „La Gioventù d’Enrico V.“ Rolla hat auch mehrere tüchtige Schüler herangebildet, unter denen in erster Reihe sein eigener Sohn Anton, dann sein Nachfolger auf dem Posten in der Professur des Mailänder Conversatoriums, Eugen Cavallini, dann Nicolò Paganini, und unter den Deutschen der berühmte Franz Schubert[WS 1] in Dresden zu nennen sind. – Rolla’s Sohn Antonio[WS 2] (geb. zu Mailand, nach Anderen zu Parma im Jahre 1798, gest. zu Dresden 19. Mai 1837), kam im Jahre 1823 nach Dresden, wo er, als Polledro nach Turin abging, an dessen Stelle zum ersten Concertmeister ernannt wurde. Auch war er ein tüchtiger Orchesterdirigent und vortrefflicher Violinvirtuos, von dem einige [299] Compositionen, meist Violin-Variationen mit Begleitung des Pianoforte, erschienen sind. Als ein ganz tüchtiges Werk werden von Musikern seine nach dem Tode als posthumes Werk herausgegebenen 24 Cadenzen bezeichnet. Eine Kränklichkeit, welche ihn im J. 1836 befiel, führte nach langem Leiden seinen Tod herbei. Nach Versicherung von Musikkennern soll R. im Adagio unter lebenden Violinisten nur Spohr in seiner schönsten besten Zeit zum Nebenbuhler gehabt haben. Den größten Schwierigkeiten gewachsen, kokettirte er nicht mit denselben. An kühner Bogenführung, Zartheit des Ausdrucks kamen ihm nur Wenige gleich; er spielte so leidenschaftlich wie Paganini und mußte wie dieser nach jedem Concertabende mit einem mehrtägigen Unwohlsein dafür büßen. So berichtet ein längst vergessenes Blatt. „Der Eremit“, im 12. Jahrgange (1837), Nr. 64, das von Antonio Rolla’s Zurückgezogenheit und seinem stillen, anspruchslosen Charakter erzählt, in Folge dessen er alles Aufsehen zu vermeiden suchte, so daß seine Blödigkeit oft geradezu an Menschenscheu grenzte.

Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortgesetzt von Ed. Bernsdorff (Dresden, R. Schäfer, gr. 8°.) Bd. III, S. 365 [nach diesem gest. im Jahre 1841; nach der Gazzetta[WS 3] musicale de Milano, welche in Ricordi’s Verlage erschien, wäre er bereits im Jahre 1837 gestorben]. – Gerber (Ernst Ludw.), Neues historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler (Leipzig 1813, A. Kühnel, gr. 8°.) Bd. III, Sp. 900. – Gaßner (F. S. Dr.), Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgäbe in einem Bande (Stuttgart 1849, Frz. Köhler, Lex. 8°.) S. 729 [nach diesem gest. 13. August 1841]. – (Schwaldopler), Historisches Taschenbuch. Mit besonderer Hinsicht auf die österreichischen Staaten (Wien, Anton Doll, kl. 8°.) III. Jahrgang (1803), S. 174.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. François Schubert (Wikipedia). Schubert war allerdings der Schüler des Antonio Rollo.
  2. Antonio Rolla (Wikipedia).
  3. Vorlage: Gazetta.